Bericht: Klinik-Verantwortliche wussten nicht von Arzt-Übergriffen

Der Fall hat Aufsehen und Empörung ausgelöst: Ein Klinikarzt soll
Patientinnen betäubt und vergewaltigt haben. Justizminister Limbach
stellt den aktuellen Sachstand in dem Fall im Landtag vor.

Düsseldorf/Bielefeld (dpa/lnw) - Im Zusammenhang mit
Serienvergewaltigungsvorwürfen gegen einen Assistenzarzt im Klinikum
Bethel in Bielefeld hat sich ein Verdacht gegen weitere Personen
nicht bestätigt. Das geht aus dem Bericht des NRW-Justizministers
Benjamin Limbach (Grüne) zum aktuellen Sachstand in dem Fall hervor,
den er am Freitag im Rechtsausschuss des Düsseldorfer Landtags
vorlegte. Bei den Ermittlungen wegen möglicher Beihilfe zu
gefährlicher beziehungsweise fahrlässiger Körperverletzung hätten
sich keine Hinweise darauf ergeben, dass «die Verantwortlichen des
Klinikums (...) Kenntnis von den sexuellen Handlungen des
verstorbenen Assistenzarztes hatten oder diese zumindest für möglich
hielten.» 

Der Assistenzarzt soll mehrere Patientinnen betäubt und vergewaltigt
haben. Er hatte sich nach seiner Festnahme im Herbst 2020 in der
Untersuchungshaft das Leben genommen. Seine Dienstvorgesetzten sollen
von Patientinnen bereits 2019 über Auffälligkeiten unterrichtet
worden sein, sie seien den Hinweisen aber womöglich nicht
nachgegangen, lautete der im März 2022 geäußerte Verdacht der
Duisburger Staatsanwaltschaft. Damals hatte es im Zuge der
Ermittlungen unter anderem wegen des Verdachts der Beihilfe zur
Vergewaltigung durch Unterlassen auch Durchsuchungen im Klinikum
gegeben.

Im Ausschuss sagte ein Vertreter des Justizministeriums am Freitag,
derzeit werde ein Sachverständigen-Gutachten zu einem möglichen
Organisationsverschulden der Klinik angefertigt. 

Die Duisburger Staatsanwaltschaft hatte im vergangenen Jahr
mitgeteilt, alle 32 identifizierten Opfer seien informiert worden.
Der aktuelle Limbach-Bericht schildert unter Berufung auf die
Leitende Oberstaatsanwältin nun, alle Opfer im Klinikum seien
benachrichtigt, außerdem neun Frauen von insgesamt 14 Betroffenen,
«die außerhalb des Klinikums Opfer eines Sexualdelikts geworden
seien.» 

Der Fall ist zusätzlich brisant, weil bei dem mutmaßlichen Täter eine

Geschlechtskrankheit nachgewiesen worden war, mit der der Mediziner
Frauen infiziert haben könnte. «Bei insgesamt 68 Frauen bestehe der
Verdacht einer fahrlässigen Körperverletzung durch Übertragung einer

Infektion beim einvernehmlichen Geschlechtsverkehr bzw. einer
gefährlichen Körperverletzung durch Vergabe und unwissentliche
Einnahme eines betäubenden Medikaments außerhalb des Klinikums»,
zitierte der Bericht die Staatsanwaltschaft weiter. Davon seien
bisher 51 Frauen identifiziert und 49 benachrichtigt worden. 

Die Stiftung Bethel als Hauptgesellschafterin des Krankenhauses hatte
schon vor einigen Jahren einen Unterstützungsfonds für die Opfer
eingerichtet.