Spionage von AfD-nahem Bundeswehr-Offizier ? Umfeld völlig überrascht

Düsseldorf (dpa) - Das Umfeld eines AfD-nahen Bundeswehr-Offiziers
hat sich von dessen Geständnis, für Russland spioniert zu haben,
völlig überrascht gezeigt. «Bis letzte Woche dachte ich, er ist
unschuldig. Als ich dann gelesen habe, dass er gestanden hat, ist mir
einiges aus dem Gesicht gefallen», sagte die Lebensgefährtin des
Mannes am Montag als Zeugin im Düsseldorfer Oberlandesgericht aus. 

Sie führte die Tat auf die schlechte psychische Verfassung ihres
Lebensgefährten zurück.Über Politik habe sie mit ihrem Mann nicht
gesprochen, aber schon mitbekommen, dass er die Hände über dem Kopf
zusammengeschlagen habe, etwa wenn in den Nachrichten etwas zur
deutschen Außenpolitik im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg kam. Die
deutsche Politik habe ihm nicht gefallen, sagte sie. 

Der Offizier der Bundeswehr hatte gestanden, sich Russland mehrfach
mit militärischen Informationen als Spion angedient zu haben. Etwa im
gleichen Zeitraum habe er Kontakt zur AfD aufgenommen und seine
Mitgliedschaft beantragt. Nach Angaben des Gerichts wurde er im Juli
2023 AfD-Mitglied. 

Eine Nachricht, «vermutlich auf Tiktok», habe bei ihm den Impuls
ausgelöst, sich im Mai 2023 an das russische Konsulat zu wenden. Der
Hauptmann räumte ein, damals bei Tiktok einem prorussischen,
AfD-nahen Influencer gefolgt zu sein. Er erinnere sich aber nicht,
welche Nachricht es genau gewesen sei.

Die Angst vor einer nuklearen Eskalation des Ukrainekriegs habe ihn
getrieben, hatte der 54-Jährige behauptet. Es sei ihm darum gegangen,
seine Familie noch rechtzeitig in Sicherheit bringen zu können. Für
die rechtzeitige Information, «wann es knallt», habe er Kontakt zur
russischen Seite gesucht. Er sei vom baldigen Einsatz taktischer
Atomwaffen ausgegangen. Rückblickend bedauere er dies sehr. 

Er sei damals in einer miserablen psychischen Verfassung gewesen,
habe 18 Kilogramm abgenommen, kaum geschlafen und sei von Ängsten
geplagt gewesen. Das Gericht hatte Zweifel an der genannten
Motivation geäußert. Es sei für den Angeklagten offenbar leichter
gewesen, sein Land zu verraten, als zum Arzt zu gehen. 

Ein Arbeitskollege beschrieb das Verhältnis zum Angeklagten während
der gemeinsamen Arbeitszeit bei der Bundeswehr als sehr gut. Über die
Verhaftung und die Spionagevorwürfe sei er sehr überrascht gewesen.
«Das hätte ich nie von ihm gedacht», sagte er. «Er war mit Leib und

Seele Offizier. Ich konnte das nicht verstehen und akzeptieren. Sein
Hang zur AfD war der einzige Punkt, der meinen positiven Eindruck von
ihm getrübt hat.» 

Er habe keine Anzeichen dafür gesehen, dass sich der 54-Jährige
damals in einer besonders schlechten psychischen Verfassung befunden
habe. «Du hättest doch reden können, wir hätten doch reden können
»,
sagte er an den Angeklagten gerichtet.

Der Berufssoldat steht wegen besonders schwerer Spionage zugunsten
Russlands vor Gericht. Der 54-Jährige war laut Bundesanwaltschaft als
Hauptmann der Bundeswehr für Systeme der elektronischen Kampfführung
zuständig. Sein Ziel sei gewesen, «den russischen Streitkräften vor
dem Hintergrund der aktuellen politischen Lage einen Vorteil zu
verschaffen».

Mehrfach habe der Hauptmann dann von sich aus ab Mai 2023 dem
russischen Konsulat in Bonn und der russischen Botschaft in Berlin
vertrauliche Informationen zukommen lassen mit dem Zusatz: «gerne
mehr». Mit den Worten, das Wissen, das er zur Verfügung stellen
könne, würde «ein beträchtliches Plus für die russischen Streitkr
äfte
und die Russische Föderation bedeuten», habe er für sich als Agenten

geworben. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Beamte des Bundeskriminalamtes hatten den Hauptmann am 9. August in
Koblenz festgenommen. Seitdem ist er in Untersuchungshaft. Der
Angeklagte klagte am Montag über seine Haftbedingungen in Düsseldorf.
Er sitze in Isolationshaft, habe nichts zu lesen und seine Depression
werde nicht behandelt.