Verdächtige sollen Postagenturen zur Geldwäsche genutzt haben

Polizei und Staatsanwaltschaft Hannover stießen bei Durchsuchungen
auf Vermögenswerte in Höhe von 600 000 Euro. Laut einem
Behördensprecher handelt es sich um eine neue Qualität kriminellen
Vorgehens.

Hannover (dpa) - Kriminelle sollen in Hannover illegal erlangtes Geld
in Höhe von mehr als 60 Millionen Euro über eigene Postagenturen in
bar abgehoben haben. Dafür sollen sie EU-Bürger aus dem Ausland
angeworben haben, die in Deutschland Geschäfts- und Privatkonten
eröffneten, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag
erläuterte. Dies geschah hauptsächlich über die Postagenturen als
Partner der Postbank. Die Kontokarten wurde den angeworbenen
sogenannten Finanzagenten von den Verdächtigen vor ihrer Rückkehr ins
Ausland abgenommen. Die Konten sollen anschließend für illegale
Geldtransfers benutzt worden sein. Die IBAN-Nummern wurden zum
Beispiel bei Betrugsdelikten wie Phishing verwendet oder als
Empfängerkonto bei Enkeltrick oder Fakeshops im Internet angegeben. 

Nach Angaben des Sprechers konnten die Tatverdächtigen über einen
längeren Zeitraum unbemerkt große Bargeldsummen von den
Finanzagenten-Konten abheben. Dies erweckte zunächst keinen Argwohn,
weil die Postagenturen, wo die Abhebungen erfolgten, von den
Verdächtigen selbst betrieben wurden. Hierin sei eine neue Qualität
kriminellen Vorgehens zu erkennen, sagte der Sprecher.
Bargeldabhebungen in hoher vier- bzw. fünfstelliger Höhe seien sonst
aus Sicherheitsgründen in der Regel nur am Bankschalter und nicht am
Geldautomaten möglich. In solchen Fällen seien Bank-Mitarbeiter
angehalten, Fragen zu den Hintergründen der Transaktionen zu stellen.
«Diese Hürde konnten die Verdächtigen geschickt umgehen, weil sie
sich selbst die Auszahlungen legitimierten», sagte der Sprecher.

Den insgesamt 15 Beschuldigten im Alter zwischen 22 und 70 Jahren
würden Verstöße gegen das Waffengesetz, Betrug, Geldwäsche,
Steuerhinterziehung und Einbruchdiebstahl vorgeworfen, teilten
Polizei und Staatsanwaltschaft Hannover am Montag mit. 

Nach den bisherigen Erkenntnissen gingen die Verdächtigen
arbeitsteilig vor. Zum Geschäftsmodell gehörte laut
Staatsanwaltschaft, EU-Staatsbürger im Ausland unter einer Legende
anzuwerben, damit sie in Deutschland Bauunternehmen gründen und
Bankkonten eröffnen. Diese angeblichen Baufirmen dienten aber nur der
Verschleierung großer Geldtransfers. Die Gelder sollen im
Zusammenhang mit Betrugstaten wie Phishing, Enkeltrick,
Internetbetrug, Anlage- und Abrechnungsbetrug sowie mit
Steuerhinterziehung stehen.

Die Beamtinnen und Beamten stießen der Mitteilung zufolge auf
Vermögenswerte in Höhe von etwa 600 000 Euro. Außerdem wurden Konten

und Immobilien der Beschuldigten mit einem Gesamtwert von rund 400
000 Euro von der Staatsanwaltschaft Hannover gepfändet. Sechs der 16
Tatverdächtigen wurden vorläufig in Gewahrsam genommen und
erkennungsdienstlich behandelt. Nach Abschluss der polizeilichen
Maßnahmen wurden sie entlassen.