Ärzte: Bundesweit 200 Masern-Fälle - Höchste Zahl in Europa
Köln (dpa) - In Deutschland ist die Zahl der Masern-Erkrankungen
seit Jahresbeginn auf 200 Fälle angestiegen und damit auf den
höchsten Stand in Europa. Das sagte Sean Monks vom Berufsverbands der
Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) am Freitag auf Anfrage in Köln. Es
seien neben den bekannten 80 Fällen in Nordrhein-Westfalen nach
jüngsten Zahlen auch rund 90 Fälle in Niederbayern aufgetreten.
Außerdem gebe es Einzelfälle in sechs weiteren Bundesländern seit
Anfang 2007.
Zugleich bestätigte Monks einen Bericht des «Westfalen-Blattes»,
dem zufolge seit 2003 bundesweit in 17 Fällen bei Kindern und
Jugendlichen die tödliche Gehirnentzündung SSPE - als Spätfolge einer
Masern-Erkrankung - diagnostiziert wurde.
Ein besonderes Augenmerk beim Schutz vor Masern und den möglichen
gefährlichen Komplikationen müsse den Säuglingen zukommen, forderte
der Berufsverband. «Während der Masern-Epidemie im letzten Jahr waren
im Häufungsgebiet Nordrhein-Westfalen von den gut 1700 Erkrankten
auch 120 Säuglinge», beklagte Monks.
Säuglinge könnten erst ab dem 11. Lebensmonat geimpft werden und
seien daher besonders gefährdet. In öffentlichen Einrichtungen, vor
allem in Kinderkrippen, müssten daher alle anderen Anwesenden
lückenlos durchgeimpft sein, um nicht zum Risiko für die Kleinsten zu
werden. Beide Impfungen sollten im zweiten Lebensjahr erfolgen.
Bei der besonders dramatischen Masern-Gehirnentzündung SSPE gebe
es bisher keine Hoffnung auf Rettung, erklärte Ralf Kownatzki vom
BVKJ in Duisburg. Alle Fälle seien bislang tödlich verlaufen, eine
Therapie gebe es nicht. Bei der SSPE erkrankten vor allem Säuglinge
oder Kleinkinder im Alter von ein bis zwei Jahren zunächst an Masern
und wirkten danach erst einmal wieder gesund. Erst Monate oder Jahre
später mache sich die tödliche SSPE dann etwa mit nervlichen
Schädigungen, Leistungsabfall, Hör- oder Sehverlust bemerkbar.
Laut BVKJ-Schätzung erkrankt eins von 2000 Kindern nach einer
Masern-Erkrankung später an der unheilbaren SSPE. An einer anderen
Art der schweren Masern-Komplikation, der Masern-Enzephalitis,
erkrankt dem Verband zufolge ein Kind unter 1000 Masern-Erkrankten.
Die Enzephalitis gehe zu 20 Prozent tödlich aus, auch schwere
Behinderungen könnten auftreten, sagte Kownatzki.
Am Donnerstag war bekannt geworden, dass ein 13 Monate alter Junge
in Duisburg ein zweites Opfer der Masern-Epidemie des vergangenen
Jahres in Nordrhein-Westfalen wurde und an der Gehirnentzündung
starb. Er hatte sich als Säugling bei seiner jungen Mutter
angesteckt. Der Junge war zugleich das zweite Kind, das dieses Jahr
in Deutschland an den Folgen von Masern gestorben ist.
Unter den 200 seit Jahresbeginn 2007 erfassten Masern-Erkrankungen
sind neben den 80 Fällen in Nordrhein-Westfalen und 90 in Bayern -
die bayerischen Zahlen gab der BVKJ unter Berufung auf das Bayerische
Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit bekannt - auch
acht Fälle in Hessen aufgetreten. Zudem wurden Einzelfälle aus Baden-
Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und
Sachsen berichtet, sagte Monks.
Nachdem die Zahl der Maserninfektionen in Deutschland zunächst
stark zurückgegangen war, hat sie sich in den vergangenen Jahren
deutlich erhöht. 2004 waren es laut Robert Koch-Institut bundesweit
122 Fälle. Sie steigen 2005 auf 781 und 2006 auf 2307 Erkrankungen.
(Internet: www.kinderaerzte-im-netz.de)
dpa wa yynwk z2 hu
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