Sierra Leone ruft Notstand wegen hohen Drogenkonsums aus

Freetown (dpa) - Der Präsident von Sierra Leone, Julius Maada Bio,
hat wegen des hohen Drogenkonsums in dem westafrikanischen Staat den
Notstand ausgerufen. In einer Rede an die Nation sprach Bio in der
Nacht zum Freitag von einer «existenziellen Bedrohung der Zukunft des
Landes». Er warnte insbesondere vor dem Missbrauch der synthetisch
hergestellten Droge Kush, die besonders unter jungen Leuten beliebt
sei. Kush habe «zerstörerische Folgen für das Fundament unseres
Landes, unserer jungen Menschen», sagte der Präsident. Der
Küstenstaat hat nach UN-Angaben eine sehr junge Bevölkerung: 48
Prozent der knapp acht Millionen Einwohner sind jünger als 18 Jahre.

Präsident Bio sprach von einem scharfen Anstieg von
Rauschgiftkonsumenten und drogenbedingten Todesfällen in Sierra
Leone. Das habe auch zu einem Anstieg der Kriminalität geführt.
Konkrete Statistiken sind allerdings nicht vorhanden. Die Regierung
werde die gesetzlichen Rahmenbedingungen verschärfen, um den
Drogenkonsum einzudämmen, verkündete Bio. Außerdem kündigte der
Präsident die Bildung einer nationalen Sondereinheit für Drogen- und
Substanzmissbrauch an. In diesem Gremium will die Regierung
sektorübergreifend mit sozialen Diensten, dem Gesundheitssektor und
religiösen Einrichtungen zusammenarbeiten.

Kush ist eine stark süchtig machende Droge, die aus Cannabis und
einer Reihe synthetischer Substanzen hergestellt wird. Dazu zählen
die schmerzstillenden Opioide Fentanyl und Tramadol sowie Krebs
erzeugendes Formaldehyd, das sich in vielen Klebstoffen wiederfindet.
Die genaue Zusammensetzung von Kush in Westafrika ist jedoch nicht
bekannt. Der Konsum der Droge ist auch in den Nachbarländern Liberia
und Guinea weitverbreitet. Augenzeugenberichten zufolge schlafen
Kush-Nutzer beim Gehen ein, fallen plötzlich um oder laufen achtlos
in den Verkehr.