Rekordwärme und Frühlingsgefühle: Ein Sommerwochenende mitten im April Von Simone Andrea Mayer, dpa

Es herrscht Sonnenschein im April: Der Monat, der laut Bauernweisheit
macht, was er will, legt ein hochsommerliches Wochenende auf. Mit 30
Grad wurde vermutlich gar ein Hitze-Rekord gebrochen.

Ohlsbach/Frankfurt (dpa) - Sie haben sich nicht als verspäteter
April-Scherz enttarnt: Die Hitze-Prognosen der Meteorologen sind
eingetroffen. Vorläufigen Angaben zufolge gab es seit Beginn der
systematischen Wetteraufzeichnung in Deutschland noch nie so früh im
Jahr einen Hitzetag. 

In Ohlsbach im Rheintal wurden am Samstag 30,1 Grad gemessen, wie der
Deutsche Wetterdienst mitteilte. Ein Hitzetag ist es offiziell ab 30
Grad. 

Bisher lag der deutsche Rekord für die Monatsdekade (1. bis 10.4.)
bei 27,7 Grad, gemessen 2011. Große Teile der anderen deutschen
Messstationen registrierten an dem Tag auch neue Höchstwerte für ihre
Region, vor allem in den mittleren und südlichen Bundesländern, wie
ein DWD-Sprecher sagte. 

Bei den Rekordwerten handelt es sich allerdings nur um vorläufige
Zahlen. Die Daten werden demnach in den kommenden Tagen noch mal
überprüft.

Sonnenschein-Aktivitäten und Bibbern im Badesee

Vielerorts sah es am Samstag und Sonntag entsprechend auch nach einem
ganz normalen Sommerwochenende aus: Menschen waren mit ihren (Motor-)
Rädern unterwegs oder wanderten. Tretboote schipperten über Seen, an
der Küste ließen Menschen Drachen steigen. Plätze in der
Außengastronomie waren oft gut besetzt. Vor Eisdielen bildeten sich
Warteschlangen, sogar Hunde bekamen mancherorts eine Portion. 

Hartgesotten musste man sein, wenn man in die Seen oder schon
geöffneten Naturbäder sprang - das Wasser war teils nur um zehn Grad
kühl. Einige schreckte aber das nicht ab. 

Ebenso saisonal blieb es etwa in Bonn: Die Kirschen stehen dort in
voller Blüte, was viele Menschen zum Fotografieren in die Alleen
lockte. In der Eifel konnten Wanderer die Blüte der wilden Narzissen
bestaunen. Das gibt es eben nur im Frühjahr. 

Ein Sommertag hat mindestens 25 Grad

Genauso wie übrigens so ein kurzes Hallo des Hochsommers im April
zwar rekordverdächtig, aber nichts Einzigartiges ist: Am 28. April
2012 wurde das aktuell gültige Monatshoch registriert. 32,9 Grad
waren es an dem Tag in Bad Mergentheim (Baden-Württemberg) und
Kitzingen (Bayern). 

Und zwischen 2009 und 2022 gab es laut DWD im April immer mindestens
einen Tag mit mehr als 25 Grad in Deutschland. Das übrigens ist die
meteorologische Definition für einen Sommertag: Die maximale
Lufttemperatur muss mindestens 25 Grad betragen. 

Wetterleiden: Migräne, Kreislauf und Müdigkeit

Diese Wärme hat ihre Schattenseiten: Unter ihren Auswirkungen kann
man leiden. Menschen vertragen hohe Temperaturen so früh im Jahr
sogar weniger gut als am Ende des Sommers, wenn sie sich an die Wärme
gewöhnt hätten, erklärt die Medizin-Meteorologin Kathrin Graw vom
Deutschen Wetterdienst.

Dazu kommen Wetterwechsel, die laut Graw zu Kopfschmerzen, Migräne,
Müdigkeit, Schlafstörungen, Abgeschlagenheit, Kreislaufproblemen und
schlechter Konzentration führen können. Auch viele Allergiker sind
aktuell geplagt: Die Belastung mit Birken- und Eschenpollen ist hoch.

Bei so manch anderem dagegen weckt sommerliche Witterung aber die
Frühlingsgefühle: «Die Menschen werden aktiver und gehen mehr ins
Freie. Das hebt die Stimmung und verbreitet gute Laune», erklärt
Medizin-Meteorologin Graw. Die Sonnenstrahlen kurbeln die Bildung von
Vitamin D und Serotonin an - letzteres wird auch als Glückshormon
bezeichnet, das stimmungsaufhellend wirkt.

Der April macht, was er will - und der Mai auch

Verschiedene Faktoren spielen laut DWD für die aktuelle Wetterlage
eine Rolle: Ein zu warmer Atlantik, gepaart mit einer Strömung aus
Südwesten, die durch ein Orkantief westlich von Irland noch verstärkt
werde. Hinzu komme das sonnige Wetter. Die extremen Temperaturen
seien somit nicht allein mit dem Klimawandel zu erklären, erläuterte
der Leiter der Regionalen DWD-Beratung München, Guido-Peter Wolz. 

Und das wechselhafte Aprilwetter ist wahrlich ja bekannt - und darf
in den nächsten Tagen so auch erwartet werden. Quasi der alten
Bauernregel «April, April - der macht, was er will» folgend, kommt es
zu einem Kälteeinbruch. 

Von der Nordsee bis ins Allgäu und westlich werden schon am Dienstag
keine 20 Grad mehr erreicht, im Osten kühlt es ab Mittwoch
entsprechend ab. In der Nacht auf Donnerstag kann es in der Südhälfte
sogar leichten Frost in Bodennähe geben. «Dann ist nach dem
frühsommerlichen Intermezzo zumindest stellenweise in der Früh wieder
Auto kratzen angesagt», sagte der DWD-Meteorologe Nico Bauer.

Und auch Balkon- und Gartenbesitzer, die die Tage vom Wetter
euphorisiert schon ihre Kästen bepflanzt haben, sollten bei Frost
etwas Kältevlies oder ein Laken für kälteempfindliche Pflanzen
bereithalten. 

Das übrigens auch noch in den nächsten Wochen: Sogar bis Mitte Mai,
bis nach den sogenannten Eisheiligen, kann es in Deutschland zu
diesem Wechselwetter kommen - und üblicherweise Frost geben.