Wie 3D-Druck-Techniken aus Oberfranken die Industrie verändern Von Philipp Demling, dpa

Lichtenfels in Oberfranken ist ein weltweit bedeutsames Zentrum des
3D-Drucks. Die Technik könnte viele Industriezweige revolutionieren -
etwa Medizintechnik, Luft- und Raumfahrt und Maschinenbau.

Lichtenfels (dpa/lby) - 3D-Druck gilt als vielversprechende
Zukunftstechnologie: Maschinen, Möbel, Zahnersatz, Nahrungsmittel,
Bauteile für ganze Häuser und sogar menschliche Organe lassen sich
mit 3D-Druckern herstellen. Schon heute ist vieles möglich, was vor
wenigen Jahren noch als undenkbar galt. Als größte Vorteile der
Technik gelten unter anderem ihre Präzision, Schnelligkeit und der
sparsame Einsatz von Ressourcen.

Ein weltweit bedeutsames Kraftzentrum des 3D-Drucks ist die
oberfränkische Region Lichtenfels. Zahlreiche dort und in der Nähe
ansässige Unternehmen, beispielsweise in den Bereichen Maschinenbau
oder Automobilzulieferer, arbeiten mit der Technik. Der Fachausdruck
für 3D-Druck lautet additive Fertigung. Das Wort «additiv» leitet
sich vom lateinischen Verb «addere» für «hinzufügen» ab.

In der Region ist die Technik quer durch die Branchen vertreten. Der
Coburger Automobilzulieferer Brose gehört zu den großen Unternehmen
in Oberfranken, die mit additiver Fertigung arbeiten. Brose stellt
nach eigenen Angaben Prototypen, Werkzeuge und Vorrichtungen mit
additiver Fertigung her.

Der global agierende Pumpen- und Armaturenhersteller KSB aus
Frankenthal in Rheinland-Pfalz hat im oberfränkischen Pegnitz
(Landkreis Bayreuth) ein Zentrum für additive Fertigung. «Wir setzen
die Additive Fertigung heute sowohl für den Ersatz konventioneller
Bauteile ein als auch für kundenindividuelle Sonderanfertigungen und
für neue, speziell für das Verfahren entwickelte und designte
Komponenten», schreibt das Unternehmen auf seiner Internetseite.

Das Thema ist in der Region auch in der Forschung präsent. Die
Hochschule Coburg bietet den bundesweit einzigen Masterstudiengang in
3D-Druck an und betreibt dabei einen Standort in Lichtenfels. Der
Studiengang ist praxisnah, die Verzahnung mit den regionalen
Industriebetrieben spielt eine wichtige Rolle.

Der aus Bamberg stammende Unternehmer Frank Carsten Herzog gilt als
einer der Pioniere der additiven Fertigung und als Erfinder des
Metall-3D-Drucks. Mehr als 120 Erfindungen und 450 Patentanmeldungen
hat der Oberfranke vorzuweisen. Im Rahmen seiner Diplomarbeit an der
Hochschule Coburg entwickelte Herzog die Technik, Metalle mit Laser
zu erhitzen und mithilfe eines 3D-Druckers Schicht um Schicht zu
dreidimensionalen Objekten zu verarbeiten.

Im Jahr 2000 gründete Frank Carsten Herzog in Lichtenfels das
Unternehmen Concept Laser, das 3D-Laser-Metalldrucker herstellt und
2016 vom US-Konzern General Electric (GE) übernommen wurde. 2020 rief
er die HZG Group ins Leben und 2021 mit seiner Frau Kerstin Herzog
die Naddcon GmbH. Die Naddcon GmbH ist ein privates Forschungs-,
Entwicklungs- und Anwendungszentrum für 3D-Druck-Technologie. Es
arbeitet mit anderen Unternehmen und Hochschulen aus der Region
zusammen.

In Naddcons Maschinenpark von zehn 3D-Druckern können verschiedenste
Werkstoffe verarbeitet werden: Kunststoffe, Metall, Polymere. «Von
unseren Druckern gibt es auf dem Markt, wenn überhaupt, nur eine
Handvoll», sagt Christian Steinhage, seit November 2023
Geschäftsführer der Naddcon GmbH. «Wir wollen damit Neues drucken,
nicht etwas, das es schon gibt.»

Derzeit arbeite Naddcon mit neun Beteiligungsunternehmen zusammen,
berichtet Herzog. Darunter seien auch zwei Start-ups aus den USA. Die
Unternehmen, mit denen man kooperiere, kämen aus allen möglichen
Branchen: «Medizin, Möbeldesign, Werkzeugbau, Maschinenbau,
Automobil, Museen, Elektrotechnik und Kunststofftechnik.»

In den Räumen der Naddcon GmbH stehen unter anderem mehrere
Sitzmöbel, die aus dem 3D-Drucker kommen. Sie sind ähnlich filigran
verarbeitet wie traditionelle Korbstühle. Selbst Brillen und
Kontaktlinsen könne man in einem Spezialdrucker mithilfe eines
Lichtvorhangs schichtfrei herstellen, erklärt Steinhage.

Herzog berichtet auch von Anfragen des Archäologischen Staatsarchivs
München. Die Zusammenarbeit mit Archäologen sei besonders spannend:
Bei ihren Ausgrabungen fänden diese oft Scherben und Bruchstücke
jahrtausendealter Skulpturen, Statuen oder Masken. Mit den Mitteln
des 3D-Drucks lassen sich die vorzeitlichen Objekte originalgetreu
nachbilden.

«Das größte Potenzial sehe ich in der Medizintechnik und der Luft-
und Raumfahrt», sagt Herzog. Doch auch im Maschinenbau, der
Autobranche oder Sportartikeln werde 3D-Druck für große Fortschritte
sorgen. Mit einfach verfügbaren Mitteln, etwa Kunststoffgranulaten,
könne man im 3D-Drucker Bauteile nachbilden, die ansonsten schwierig
oder gar nicht mehr aufzutreiben seien.

Auch die Bayerische Staatsregierung hat das Thema entdeckt: Sie
unterstützt das Technologietransferzentrum (TTZ) Oberfranken an den
Standorten Lichtenfels und Kronach mit acht Millionen Euro. Davon
profitiert auch die HS Coburg mit dem Studiengang Additive
Fertigung/Leichtbau.