Hamburger Gefängnis-Psychiater: Verdacht auf Psychose bei Ibrahim A.

Im Prozess um die tödlichen Messerstiche von Brokstedt geht es
wesentlich um den psychischen Zustand des Angeklagten. Ein Hamburger
JVA-Arzt berichtet im Prozess von seiner Verdachtsdiagnose.

Itzehoe (dpa/lno) - Ein Arzt der Hamburger Justizvollzugsanstalt
Billwerder hat im Mordprozess um den tödlichen Angriff im Regionalzug
in Brokstedt über seine Verdachtsdiagnose einer impulsiven
Persönlichkeitsstörung und einer Psychose beim Angeklagten berichtet.
In der JVA hatte der Angeklagte Ibrahim A. bis wenige Tage vor der
Tat in Untersuchungshaft gesessen. Er habe berichtet, über längere
Zeit Klopfgeräusche aus der Zelle über ihm gehört zu haben und
deswegen selbst geklopft zu haben, sagte der Arzt am Montag vor dem
Landgericht Itzehoe. Der Zeuge ist als Psychiater am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf tätig und hält Sprechstunden
in der JVA ab.

Ibrahim A. habe in Gesprächen oft distanzlos reagiert und auf ernste
Fragen überzogen und fratzenartig gelächelt. «Er hat einen unpässli
ch
fröhlichen Eindruck gemacht», sagte der Zeuge. Allerdings habe er
verneint, Stimmen zu hören. Es habe keine Hinweise auf
Sinnestäuschungen gegeben. Die Gespräche seien eher kurz gewesen,
weil der Angeklagte keinen größeren Bedarf geäußert habe. Er habe v
on
sich selbst gesagt, er sei nicht psychisch krank. «Auf Nachfrage ging
es ihm letztlich gut.»

Ibrahim A. steht seit Juli 2023 vor Gericht, weil er am 25. Januar
2023 im Regionalzug von Kiel nach Hamburg ein Messer gezogen und auf
Fahrgäste eingestochen hat. Der Angeklagte streitet die Taten nicht
ab. Zwei junge Menschen starben, vier Fahrgäste wurden schwer
verletzt.

Die Staatsanwaltschaft hält den Palästinenser für voll schuldfähig.

Er habe aus Frustration über einen für ihn erfolglosen Termin bei der
Ausländerbehörde in Kiel gehandelt. Die Verteidigung geht dagegen von
einer psychischen Erkrankung des Angeklagten aus und fordert seine
Verlegung von der Untersuchungshaft in eine Psychiatrie. Der Prozess
wird von einem psychiatrischen Gutachter begleitet.

Aktuell sind noch vier weitere Termine bis zum 26. April geplant.