Pfleger will Anerkennung und wird zum Mörder von Lukas Müller, dpa

Am Montag hat das Bremer Landgericht einen Altenpfleger wegen Mordes
und versuchten Mordes verurteilt. Die Ermittler haben den Verdacht,
dass der Mann weitere Taten begangen hat.

Bremen (dpa/lni) - Das Landgericht Bremen hat am Montag einen 44
Jahre alten Altenpfleger wegen Mordes und versuchten Mordes zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach Bewertung des Gerichts
ermordete der Mann 2019 einen Patienten in einem Bremer Pflegeheim,
indem er ihm eine Überdosis verabreichte. In einem weiteren Fall
konnte das Gericht nicht nachweisen, dass es die Überdosis war, die
zum Tod des Patienten führte. Das Urteil ist bisher nicht
rechtskräftig. 

Bei dem Verurteilten stellte das Gericht eine sogenannte besondere
Schwere der Schuld fest. Damit ist eine vorzeitige Haftentlassung
nach 15 Jahren rechtlich zwar möglich, in der Praxis aber so gut wie
ausgeschlossen. Nach Einschätzung des Gerichts handelte der Täter
heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen. Außerdem verwies der
Vorsitzende Richter darauf, dass der Mann bereits wegen ähnlicher
Taten bestraft wurde. 

Das Landgericht hatte ihn 2020 zu fünf Jahren Haft wegen gefährlicher
Körperverletzung und Misshandlung Schutzbefohlener verurteilt. Er
spritzte 2019 zwei hilflosen Frau Insulin. Damit wollte er sich als
Helfer hervortun. Die Taten verübte der Mann im selben Heim, in dem
er auch den Patienten ermordete. «Der Pflegenotstand hat sich in dem
Haus deutlich gezeigt», sagte der Vorsitzende Richter. Arzneimittel
hätten dort herumgestanden und Medikamentenschränke seien nicht
verschlossen gewesen. 

Täter wollte Anerkennung

Der Wunsch nach Anerkennung soll den Täter angetrieben haben. Das
sagte der Vorsitzende Richter am Montag in der Urteilsbegründung. Im
Februar 2019 verabreichte er einem Mann eine zu hohe Dosis Insulin
und leistete dann Ersthilfe, um sich als Retter darstellen zu können.
Der Patient starb am nächsten Tag. Im April 2019 gab der Pfleger
einem Patienten einen «tödlichen Medikamentencocktail», wie der
Vorsitzende Richter sagte. Der Pflegebedürftige kam auch in diesem
Fall ums Leben. Der Pfleger wollte sich nach Auffassung des Gerichts
hervortun, indem er den Tod des Patienten feststellte. 

Im Ansatz erinnert der Fall an den des Patientenmörders Niels Högel,
den das Landgericht Oldenburg 2019 wegen 85-fachen Mordes zu
lebenslanger Haft verurteilte. Högel verabreichte Patienten nicht
verordnete Medikamente, um sich mit Reanimationen zu profilieren. Er
war in Kliniken in Oldenburg und Delmenhorst tätig.

Weitere Taten möglich

Gegen den verurteilten Deutschen liegen am Landgericht zwei weitere
Anklagen vor, wie der Sprecher des Gerichts am Montag sagte. Die
Staatsanwaltschaft verdächtigt den Mann, zwischen 2010 und 2011 zwölf
Taten begangen zu haben - darunter drei Morde. Über die Eröffnung
eines neuen Verfahrens wurde zunächst nicht entschieden. Der Sprecher
erwartet ein einzelnes Verfahren, in dem die Anklagen zusammen
verhandelt werden.

Außerdem führt die Staatsanwaltschaft sieben weitere Verfahren gegen
den Verurteilten. Dazu kommen zwei Fälle, welche die Polizei noch
prüft, wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag der
Deutschen Presse-Agentur sagte. Wie die Taten zusammenhängen, war
zunächst nicht bekannt. 

Hinweisgeber-Systeme gefordert

Einzeltäter hätten in der Pflege leichtes Spiel, sagte anlässlich des

Urteils der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen
Brysch. «Deshalb braucht es in Kliniken und Heimen eine Kultur des
Hinschauens und bundesweit für alle Einrichtungen externe
Whistleblower-Systeme», forderte Brysch. Weiter spricht sich die
Stiftung dafür aus, den Einsatz künstlicher Intelligenz in Kliniken
und Heimen zu prüfen. «Algorithmen können helfen, Auffälligkeiten i
m
Schichtsystem zu identifizieren», sagte Brysch. 

Der Prozess hatte im November 2023 begonnen. Die Plädoyers wurden
unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten. Die Forderungen der
Prozessbeteiligten waren nicht öffentlich bekannt.