Kinder, Karussell - Kiffen? Debatte um Regeln für Volksfeste Von Sabine Dobel und Ute Wessels, dpa

Die Volksfestsaison ist gestartet - darf neben Karussells und
Bierzelten gekifft werden? Das Gesetz sagt dazu nichts. Aber die
Veranstalter sind sich einig: Der Joint hat auf dem Rummel nichts zu
suchen.

München (dpa/lby) - Der Frühling ist da, Schausteller und Wirte
rüsten sich für die ersten Volksfeste, mancherorts drehen sich schon
die Karussells. Fahrgeschäfte, Bier, Steckerlfisch - und Joint? Die
meisten Veranstalter bleiben eine Antwort auf die Frage nach einem
möglichen ausdrücklichen Cannabis-Verbot für die Feste schuldig -
sind aber weitgehend einig: Kiffende passen nicht auf ein Volksfest. 

Das Cannabis-Gesetz beinhaltet für Volksfeste keine Regeln. Viele
Veranstalter zitieren aber die Vorgabe des Gesetzes, dass
Cannabis-Konsum in unmittelbarer Nähe von Kindern und Jugendlichen
nicht erlaubt ist - und Volksfeste seien nun einmal Familienfeste. 

In Nürnberg und in Augsburg am Plärrer laufen die Volksfeste seit
Ende März. Dort heißt es, Cannabis sei bisher kein Thema gewesen.
«Bislang haben derartige Vorfälle die Polizei nicht beschäftigt»,
sagte ein Sprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord. 

Die Stadt Augsburg teilte dazu mit, man sei referatsübergreifend und
mit den Sicherheitsbehörden im Austausch. «Es ist auch geplant, dass
wir uns zur Thematik und den Erfahrungen auch mit den Kollegen aus
anderen bayerischen Städten in den nächsten Monaten abstimmen. Wir
werden bis dahin sicherlich einige Erfahrungswerte gesammelt haben.»

Fürs Oktoberfest mit rund sechs Millionen Besuchern aus aller Welt
gibt es noch keine spezielle Regelung, ebenso wenig beim zweitgrößten
Volksfest Bayerns in Straubing, dem Gäubodenvolksfest mit im
vergangenen Jahr gut 1,3 Millionen Gästen. Wie dort künftig mit
Cannabis umgegangen werden soll, will die Stadt Straubing prüfen, wie
ein Sprecher sagte. 
Unter anderem wollen Vertreter von Ordnungsamt und Polizei Gespräche
dazu führen. Da das Gäubodenvolksfest erst im August stattfinde, sei
noch Zeit und man könnte eventuell auch von den Erfahrungen anderer
Kommunen mit Frühlingsfesten profitieren. 

Auch zur Wiesn sind es noch ein paar Monate hin. «Die Wiesn ist ein
Fest für alle. Dazu gehören auch Kinder und Jugendliche. Wir bewerben
ja die Wiesn als familienfreundlich. Und das Gesetz sagt, Kinder und
Jugendliche sind zu schützen. Daraus schließe ich: Wiesn und Kiffen
geht nicht zusammen», sagt Münchner Wirtschaftsreferent und Wiesnchef
Clemens Baumgärtner (CSU). «Was schon durch das Gesetz verboten ist,
muss ich nicht nochmal verbieten.» 

Die gesetzliche Grundlage sei nicht ausreichend, sagt hingegen Lorenz
Kalb, Vorsitzender des süddeutschen Schaustellerverbandes. «Wir haben
den Landtag angeschrieben, und auch den Ministerpräsidenten
persönlich», sagt Kalb. «Auf Volksfesten hat Cannabis nichts suchen.

Wir haben spätestes alle 60, 70 Meter ein Kindergeschäft.» Und das
sei gleichzusetzen mit einem Kinderspielplatz. Volksfeste seien aber
wie Biergärten und Freibäder im Gesetz nicht genannt. «Das halten wir

für einen Fehler. Ich glaube einfach, die haben die Volksfeste
vergessen.» Beim seit 30. März laufenden Nürnberger Volksfest
verweise an jedem Geschäft ein Aufkleber darauf, dass hier
Cannabis-Konsum nicht erlaubt ist. «Das ist nur durchsetzbar an den
Geschäften, nicht auf den Straßen», sagte Kalb. In der ersten
Volksfestwoche habe es aber keine Zwischenfälle mit Kiffern gegeben. 

Bei der Stadt Nürnberg heißt es, für eine Festlegung eigener
Verbotszonen fehle die bundesgesetzliche Ermächtigung. «Es ist
rechtlich nicht grundsätzlich verboten, auf Volksfesten Cannabis im
Außenbereich zu konsumieren, im Einzelfall aber wohl tatsächlich oft
kaum möglich, weil eine entstehende räumliche Nähe zu Minderjährige
n
sehr wahrscheinlich ist», erläuterte eine Sprecherin. Die Stadt
Nürnberg sei hierzu im Austausch mit den staatlichen Behörden und
Aufsichtsbehörden.

Einmal mehr bleiben Fragen. Sind Volksfeste vielleicht eine Art
Fußgängerzone? Dort ist Kiffen bis 20.00 Uhr verboten. Oder könnten
Joints in Verbindung mit Alkohol zur Sicherheitsgefahr werden - und
deshalb verboten werden? Vor allem ist weder im Gesetzestext noch in
der zugehörigen Begründung eindeutig definiert, was «unmittelbare
Gegenwart» von Minderjährigen bedeutet. 

Folgt man der Auffassung des bayerischen Gesundheitsministeriums, ist
eine unmittelbare Gegenwart und damit ein Konsumverbot immer dann
gegeben, wenn Minderjährige den Cannabis-Konsum mitbekommen. Nur so
kann laut einem Ministeriumssprecher das Ziel der Regelung sicher
erreicht werden, Konsumanreize für Kinder und Jugendliche zu
vermeiden. Beispielsweise in Biergärten, auf Volksfesten oder in
Freizeitparks sei daher eine unmittelbare Gegenwart von
Minderjährigen nicht an allen Orten und zu jeder Zeit auszuschließen.
Somit sollte - folgt man dem Ministerium - an diesen Orten auch dann
auf Cannabis-Konsum verzichtet werden, wenn es für sie kein speziell
formuliertes Verbot gibt.