Arzt für psychisch kranke Kriminelle stirbt durch Messerstiche

Ein Arzt arbeitet mit Straftätern in einem psychiatrischen
Krankenhaus. Nach Dienstschluss wird er plötzlich vor der Klinik
angegriffen und stirbt. Es gibt einen Tatverdächtigen. Was war das
Motiv?

Wasserburg am Inn (dpa) - Ein Mann soll in Oberbayern einen Mediziner
getötet haben, der mit psychisch kranken und suchtkranken Straftätern
arbeitete. Der Verdächtige ist laut Informationen der Deutschen
Presse-Agentur nach ersten Ermittlungen ein ehemaliger Patient des
Opfers. Polizei und Staatsanwaltschaft teilten am Dienstag dazu nur
mit, es gebe Hinweise darauf, «dass zwischen dem Opfer und dem
mutmaßlichen Täter vor einigen Jahren ein berufsbedingter Kontakt
bestand». 

Ein Polizeisprecher wollte sich auf Nachfrage nicht detaillierter
dazu äußern. Am Dienstag habe ein Ermittlungsrichter eine
Unterbringung des Mannes in einer niederbayerischen Fachklinik
angeordnet. Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei ermitteln nun
wegen Mordes gegen den Deutschen, der kurz nach der Tat am
Montagabend blutverschmiert von Polizisten festgenommen wurde.
Hinweise zu einem möglichen Motiv wurden zunächst nicht öffentlich
bekannt. Nach Polizeiangaben wurde die mutmaßliche Tatwaffe, ein
Küchenmesser, sichergestellt. 

Mediziner arbeitete mit Rechtsbrechern

Der Regierungsbezirk Oberbayern ist Träger der betroffenen Klinik für
Psychiatrie, Psychotherapie, psychosomatische Medizin, Geriatrie und
Neurologie in Wasserburg am Inn. Nach Angaben einer Bezirkssprecherin
war der 64 Jahre alte Mediziner seit vielen Jahren in der Klinik
beschäftigt. «Er hat nur mit Rechtsbrechern gearbeitet, im
Maßregelvollzug», sagte die Sprecherin. Der Angriff sei nach dem
Dienstende des Mannes erfolgt. 

Beim Maßregelvollzug geht es um die Unterbringung von psychisch- oder
suchtkranken Straftätern zum Schutz der Bevölkerung und zur Therapie
der Betroffenen. Eine Möglichkeit ist die Unterbringung von
Straftätern in einem psychiatrischen Krankenhaus. Voraussetzung ist,
dass jemand bei der Tat nur vermindert oder gar nicht schuldfähig war
und für die Allgemeinheit weiterhin gefährlich ist. 

Verdächtiger ohne Widerstand festgenommen

Ein Zeuge hatte am Montagabend kurz nach 18.00 Uhr Polizisten auf das
Opfer aufmerksam gemacht. Die Beamten waren eigentlich wegen eines
anderen Einsatzes auf dem Gelände der Klinik. Ersthelfer kümmerten
sich um den Verletzten, der aber kurz darauf starb. Der Verdächtige
wurde demnach unweit des Tatortes, noch auf dem Klinikgelände,
widerstandslos festgenommen. 

Das Klinikgelände ist nach Bezirksangaben ein offenes Areal. «Der
überwiegende Teil der psychisch kranken Menschen bei uns ist kein
Rechtsbrecher», sagte die Sprecherin. Vielfach gehe es bei diesen
Menschen um Selbstgefährdung statt um Fremdgefährdung. 

Der Betrieb im Klinikum lief auch am Dienstag weitgehend normal
weiter, wie die Sprecherin sagte. «Es sind ja Patienten da.»
Allerdings habe es für Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben, sich an
Notfallseelsorge und Krisenintervention zu wenden.  

Tödliche Angriffe auf medizinisches Personal selten 

Gewalttätige Übergriffe auf medizinisches Personal mit
Schwerverletzten oder gar Toten sind nach Erkenntnis der Bayerischen
Krankenhausgesellschaft sehr selten. Vor allem die Mitarbeiter in
Notaufnahmen seien von verbalen Angriffen wie Beleidigungen und
Bedrohungen, aber auch körperlichen Übergriffen betroffen. Manche
Kliniken wie in München engagierten zu besonders kritischen Zeiten
wie beim Oktoberfest zusätzlich einen Wachdienst, um Mitarbeiter zu
schützen.