CSU lehnt politische Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen ab

Nach der Veröffentlichung der RKI-Protokolle sind Forderungen nach
einer politischen Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen auch in Bayern
wieder lauter geworden. Die CSU sieht das anders.

München (dpa/lby) - Die bayerische Staatsregierung sieht bei der
Aufarbeitung der einstigen Corona-Maßnahmen nicht die Politik,
sondern die Wissenschaft am Zug. Viele, die jetzt eine politische
Aufarbeitung forderten, hätten ihr Urteil schon längst gefällt, sagte

Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) bei einer Aktuellen Stunde
am Dienstag im bayerischen Landtag. Doch nur ohne politische
Instrumentalisierung könne man für die Zukunft lernen - deshalb sei
es vor allem Sache der Wissenschaft, eine Pandemie aufzuarbeiten. 

Nach der Veröffentlichung von Protokollen des Krisenstabs des Robert
Koch-Instituts (RKI) aus der Anfangszeit der Pandemie hatte die AfD
die Aktuelle Stunde beantragt. Die zum Teil geschwärzten Dokumente
aus der Zeit von Januar 2020 bis April 2021 sind nach Ansicht der AfD
ein Beweis für die Unwirksamkeit einzelner Corona-Maßnahmen. Die
Oppositionspartei forderte deshalb am Dienstag die Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses im Landtag. Die AfD-Fraktionsvorsitzende
Katrin Ebner-Steiner sprach im Parlament von einem «Unrechtsregime»,
das die Staatsregierung während der Corona-Pandemie gebaut habe. 

CSU und Freie Wähler widersprachen. Die AfD reiße Passagen aus den
Protokollen aus dem Zusammenhang und nutze sie für ihre
Argumentation. «Sie schlachten schamlos eine globale Gesundheitskrise
aus», warf Susann Enders (Freie Wähler) der AfD-Fraktion vor.

Auch SPD und Grüne kritisieren die Darstellung der AfD. Gleichzeitig
sprachen sich die beiden Oppositionsfraktionen für eine weitergehende
Aufarbeitung aus. Die SPD forderte, bayerische Protokolle und
Unterlagen aus dem Kabinett, dem Gesundheitsministerium und dem
Landesamt für Gesundheit zu veröffentlichen. Toni Schuberl (Grüne)
übte scharfe Kritik an der Regierung und besonders Ministerpräsident
Markus Söder (CSU): Der Freistaat sei von einem «egozentrischen
Politiker geführt worden, der Kanzler werden wollte». 

Im März hatte das Online-Magazin «Multipolar» die Protokolle des
RKI-Krisenstabs öffentlich gemacht. In der Folge wurde der Ruf nach
einer Aufarbeitung der staatlichen Politik zur Eindämmung der
Corona-Pandemie mit Zehntausenden Toten in Deutschland lauter.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte zuletzt
angekündigt, dass die Dokumente entschwärzt werden sollen, um mehr
Transparenz zu schaffen.