Keine Änderung an Kippenautomaten: Pro Rauchfrei scheitert vor Gericht

«Rauchen ist tödlich»: So eine Warnung steht auf Zigarettenpackungen.

Aber wie stark muss auf Zigarettenautomaten gewarnt werden? Darüber
streiten ein Nichtraucherverein und eine Automatenfirma.

Düsseldorf (dpa) - Der Nichtraucher-Verein Pro Rauchfrei ist mit
seinem Vorhaben vorerst gescheitert, die Änderung Zehntausender
Tabakautomaten in Deutschland zu erzwingen und Warnhinweise stärker
zur Geltung kommen zu lassen. Nachdem der Vorsitzende Richter Erfried
Schüttpelz bei einer Verhandlung am Düsseldorfer Oberlandesgericht
(OLG) am Dienstag Bedenken bezüglich des Vorgehens des Klägers Pro
Rauchfrei erkennen ließ, zog der Verein Pro Rauchfrei seinen Antrag
auf einstweilige Verfügung gegen den Automatenbetreiber Tobaccoland
zurück (Aktenzeichen I-20 UKl 2/24). Vereinsvorstand Stephan
Weinberger sprach danach von  «Formalitäten», um die es sich leider

gedreht habe. Er zeigte sich aber zuversichtlich, in einem folgenden
Hauptsacheverfahren Recht zu bekommen - hierzu werde man in den
nächsten Monaten eine Klage einreichen. 

Auf Tabakwaren sind Warnhinweise in Deutschland seit Jahren Pflicht.
Aussagen wie «Rauchen ist tödlich» oder «Raucher sterben früher
»
sowie Schockbilder von Menschen mit schweren Krankheiten sollen dazu
führen, dass Raucher die Packung entweder gar nicht erst kaufen oder
zumindest ins Grübeln kommen. Zudem sind die Warnungen als klare
Nachricht an Nichtraucher gedacht, bloß nicht anzufangen mit dem
Rauchen. Ob die Text-Bild-Warnungen wirklich zielführend sind, ist
umstritten. Denn es wird trotz eines Abwärtstrends weiter stark
geraucht in Deutschland, pro Tag im Schnitt 175 Millionen Zigaretten.
Alternativprodukte wie Tabakerhitzer - etwa Iqos von Philip Morris -
und E-Zigaretten versprechen zwar ein reduziertes Gefahrenpotenzial,
Mediziner pochen aber auf einen Komplettausstieg als einzig guten Weg
raus aus der Abhängigkeit.

Werbemöglichkeit wurde eingeschränkt

Tabak bleibt ein Milliardengeschäft, das sich mit Werbung
jahrzehntelang ein cooles Image verpassen wollte. Die Politik
reagierte und verbannte Tabakwerbung schrittweise aus der
Öffentlichkeit. Die Zeiten, dass der Marlboro-Mann als lässiger
Reiter auf der Kinoleinwand erschien, sind ebenso vorbei wie Werbung
auf Litfaß-Säulen oder Werbetafeln an Straßen. Die Zigarettenprodukte

sollen möglichst wenig Fläche bekommen, um durch gutes Design als
Lifestyle-Produkt wahrgenommen zu werden. Das gilt auch für die
Verpackungen selbst, deren Außenoberfläche zum Großteil mit der
Warnschrift und dem Schockbild bedeckt ist. 

Aber wie groß sollen die Warnhinweise auf Zigarettenautomaten zur
Geltung kommen? Zur Klärung diese Frage war Pro Rauchfrei schon 2017
vor Gericht gezogen. Es begann ein Gang durch die Instanzen, der im
Herbst 2023 mit einem Erfolg vor dem Bundesgerichtshof endete: Die
Richter urteilten, dass die Warnungen auch auf den Auswahltasten
angebracht werden müssen - vorausgesetzt, dass die Taste «an eine
Zigarettenpackung erinnert». 

Weil Automatenbetreiber trotz des Urteils nicht reagierten, reichte
Pro Rauchfrei Anträge auf einstweilige Verfügung gegen zwei Firmen
ein - der Verein wollte durchsetzen, dass die Tasten verändert werden
und damit die blauen, roten oder gelben Markenfarben und Logos
bekannter Marken nur auf einer sehr kleinen Fläche zu sehen sind. Der
von Tobaccoland rechts neben den Tasten angebrachte
Warnhinweis-Aufkleber reichte Pro Rauchfrei nicht, schließlich liegt
er beim Kaufvorgang nicht im Zentrum des Sichtfelds und der
Kaufimpuls könne eben nicht so gehemmt werden, wie er dies tun sollte
- so die Auffassung des Nichtraucher-Vereins. 

Tobaccoland sieht keinen Handlungsbedarf

Tobaccoland, das rund 80 000 Kippenautomaten in Deutschland betreibt,
nimmt in dem Rechtsstreit eine andere Haltung ein: Die Firma
argumentiert, dass die Verkaufsgeräte sehr wohl rechtskonform
gestaltet seien und dass die von Pro Rauchfrei geforderte
Umgestaltung zu einem Rechtsbruch führen könnte - schließlich wäre

die Schrift dann so klein, dass sie nicht mehr lesbar wäre. Und
lesbar müsse der Warnhinweis nun mal sein, sagte einer der Anwälte
von Tobaccoland bei der Verhandlung. Auch deshalb hätten
Aufsichtsbehörden dem Automatendesign im Jahr 2018 zugestimmt. 

Außerdem argumentierte Tobaccoland, dass eine Umrüstung hohe Kosten
verursachen würde - grob 600 000 Euro wären fällig. Mit diesem
Argument fand das Unternehmen Gehör beim Gericht. Der Vorsitzende
Richter Schüttpelz wies darauf hin, dass auf Pro Rauchfrei hohe
Schadenersatzansprüche zukommen könnten, wenn die einstweilige
Verfügung nun erlassen und Tobaccoland im nachfolgenden
Hauptsacheverfahren Recht bekommen würde. Das würde den Verein, der
nach eigenem Bekunden Jahreseinnahmen zwischen 10 000 und 20 000 Euro
hat, finanziell vermutlich überfordern. Schüttpelz gab zu erkennen,
dass der Verfahrensweg einer einstweiligen Verfügung wohl nicht der
richtige Weg sei, auch weil er Zweifel an der dafür notwendigen
Dringlichkeit habe - einer der bemängelten Automaten stehe schon seit
2018 in der Öffentlichkeit. 

Nach der Verhandlung zeigte sich Paul Heinen vom Bundesverband
Deutscher Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller
zuversichtlich, dass sich der Automatenbetreiber in dem
Hauptsacheverfahren durchsetzen werde. Das BGH-Urteil habe sich auf
Automaten bezogen, die gar keinen Warnhinweis gehabt hätten, sagte
Heinen. Das habe man aber längst mit dem relativ großen
Warnhinweis-Aufkleber an jedem Automaten geändert. Die Größe des
Aufklebers verdeutliche, dass man sich zu einem hohen Maß an
Verbraucherschutz verpflichtet habe. Man arbeite zudem an
Schachtschildern, die keine Packungsassoziationen mehr zuließen. Dann
bräuchten die Tasten dem BGH-Urteil zufolge keine Warnhinweise.

Weitere Klage in der Mache

Separat zur Automatenfrage bereitet Pro Rauchfrei eine weitere Klage
gegen die Tabakbranche vor. «Obwohl Außenwerbung nur im Fachhandel
betrieben werden darf, sind große Tabak-Werbemonitore inzwischen auch
an Tankstellen und anderen ganz normalen Geschäften zu sehen», sagte
Vorstand Weinberger der dpa. Das sei gesetzeswidrig, denn solche
Außenwerbung sei nur im Fachgeschäft erlaubt. «Wenn es auch
Süßigkeiten, Zeitschriften und Klamotten zu kaufen gibt, dann ist das
eben kein Fachgeschäft - und Tabakwerbung darf nicht zu sehen sein.»