Bundestag berät über besseren Schutz von Frauen vor Abtreibungsgegnern

Frauen, die sich zu einer Abtreibung beraten lassen wollen, haben es
häufig nicht nur mit einer schwierigen Situation, sondern auch mit
Anfeindungen zu tun. Ein neues Gesetz soll sie stärker schützen.

Berlin (dpa) - Die Bundesregierung will Frauen künftig besser vor
radikalen Abtreibungsgegnern schützen. Der Bundestag hat am Mittwoch
erstmals über ein Gesetz beraten, das für sogenannte
Gehsteigbelästigungen künftig Geldstrafen vorsieht. Mit
Gehsteigbelästigungen sind Aktionen von Abtreibungsgegnern vor
Kliniken, Beratungsstellen oder auch Arztpraxen gemeint, bei denen
ungewollt Schwangere belästigt werden. Für diese Menschen werde der
«Weg zur Beratungsstelle zum Spießrutenlauf», sagte
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwochnachmittag im
Plenum.  Das sei «unzumutbar». 

Sowohl die betroffenen Frauen als auch Ärztinnen und Ärzte müssten
besser vor radikalen Abtreibungsgegnern geschützt werden, betonte
Paus. Sie warb im Bundestag daher um Zustimmung für ihren
Gesetzentwurf. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der
SPD-Fraktion, Josefine Ortleb, warb dafür, das Gesetz zum Schutz
betroffener Frauen schnell umzusetzen - es sei bereits zu viel Zeit
verstrichen. Ortleb sprach von «täglichen Belästigungen», denen
ungewollt Schwangere in Deutschland ausgesetzt seien. 

Aus der Opposition kam teils harsche Kritik. Die familienpolitische
Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher, beklagte, dass die
Ministerin nicht beziffern könne, wie viele Menschen von
Gehsteigbelästigungen überhaupt betroffen seien. Paus spreche von
«Einzelfällen», sollte es aber genauer wissen, wenn sie ein Gesetz
dazu auf den Weg bringe, betonte Breher.  Die CDU-Politikerin warnte
die Familienministerin davor, das Abtreibungsrecht weiter zu
liberalisieren und eine Abschaffung des Paragrafen 218 aus dem
Strafgesetzbuch anzustreben. Dieser regelt bislang die generelle
Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen. 

Eine Expertenkommission will der Bundesregierung laut Medienberichten
am kommenden Montag empfehlen, Schwangerschaftsabbrüche künftig nicht
mehr unter Strafe zu stellen. Der Paragraf 218 kam bei der insgesamt
sehr emotionalen Debatte immer wieder zur Sprache - auch wenn er
nicht Bestandteil der geplanten Gesetzesänderung zu den
Gehsteigbelästigungen ist. 

Die Opposition befürchtet, dass die Bundesregierung mit den
Gesetzesänderungen zum Thema Abtreibungen den Weg für eine generelle
Straffreiheit bereiten wolle. Insbesondere aus der AfD-Fraktion kamen
entsprechende Wortmeldungen. Die bildungspolitische Sprecherin der
Fraktion, Nicole Höchst, erklärte, dass die Bundesregierung mit ihren
Initiativen «die falschen Prioritäten» setze und sich für das Töt
en
von Ungeborenen einsetze. Sie sprach von «Menschenwürdeträgern» im

Mutterleib, die von denjenigen, die gegen Abtreibung auf die Straße
gingen, geschützt würden. «Ihr Gesetz macht Lebensschützer als
Gehsteigbelästiger verächtlich», warf Höchst der Bundesregierung vo
r.
 Sie sprach von einem «menschenverachtenden Dammbruch», der
verhindert werden müsse.

Einer aktuellen Untersuchung zufolge handelt es sich bei der
Belästigung durch Abtreibungsgegner nicht um Einzelfälle. Für die an

diesem Mittwoch veröffentlichten Teilergebnisse der sogenannten
Elsa-Studie wurden auch Ärztinnen und Ärzte befragt, die
Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Jeder vierte (24 Prozent) gab
demnach an, in der Öffentlichkeit bereits bedroht oder angegriffen
worden zu sein. 13 Prozent erlebten sogenannte Gehsteigbelästigung
vor ihrer Einrichtung, 17 Prozent wurden angezeigt, weil sie über
Abbrüche informiert oder diese durchgeführt haben. Über den
Gesetzentwurf zu den Gehsteigbelästigungen beraten nun die
verantwortlichen Ausschüsse des Bundestags.