Gesundheitsverbände warnen vor Gefahr für Versorgung

Berlin (dpa) - Die Verbände von Praxisärzten, Kliniken und Apotheken
haben den Kurs der Bundesregierung scharf kritisiert und warnen vor
negativen Folgen für Gesundheitsangebote vor Ort. Es sei zu sehen,
dass die Versorgung «in allen Bereich den Bach runtergeht», sagte der
Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, am
Donnerstag in Berlin. Reformen von Minister Karl Lauterbach (SPD)
würden am Reißbrett konstruiert. So werde etwa eine vorgesehene
Pauschale an Sprechstunden samstags und abends geknüpft, was
angesichts eines schon jetzt bestehenden Personalmangels nicht
darstellbar sei.

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, wies
erneut auf akute Finanznöte hin. Krankenhäuser müssten wegen
mangelnder Erlöse derzeit Geld mitbringen, um die Versorgung
sicherzustellen. Um Insolvenzen abzuwenden, würden Einschränkungen
geplant. Zu befürchten sei eine schleichende Entwicklung, dass
Menschen gerade auf dem Land spürten, dass die soziale
Daseinsfürsorge schlechter werde. Die Branche werde nicht mit
Krankenhausbetten Autobahnauffahrten blockieren, machte Gaß in
Anspielung auf Traktorenproteste deutlich. Es laufe nun aber eine
Protestaktion mit Plakaten an.

Die Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände,
Gabriele Regina Overwiening, beklagte zusehends mehr nicht lieferbare
Arzneimittel und bürokratische Hürden. Eine technisch holprige
Einführung elektronischer Rezepte zehre an der Geduld von
Patientinnen und Patienten. Immer mehr Menschen müssten längere Wege
zurücklegen, da die Apothekenzahl weiter sinke. Der Chef der
Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Martin Hendges, kritisierte,
die «Kostendämpfungspolitik» Lauterbachs hinterlasse tiefe
Einschnitte. Er nannte als Beispiel zurückgegangene Behandlungen von
Parodontitis. 

Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen sagte: «Es scheint
inzwischen zum üblichen Ton einiger gesundheitspolitischer
Funktionäre zu gehören, stets den unmittelbar bevorstehenden
Untergang des gesamten Gesundheitswesens heraufzubeschwören und mit
erhobenem Zeigefinger die Politik zu finanzieller Hilfe
aufzufordern.» Man könne aber nicht eine Politik fortsetzen, die
weiter nur Symptombekämpfung durch Finanzhilfen betreibe, anstatt
Probleme bei der Wurzel anzugehen. Nach Gesetzen zur Digitalisierung
würden noch vor dem Sommer weitere Reformen auf den Weg gebracht.
Dabei gehe es darum, mit dem zur Verfügung stehenden Geld effizienter
umzugehen, Bürokratie abzubauen und die Versorgung stärker an
tatsächlichen Patientinnen- und Patientenbedürfnissen auszurichten.