Gesundheitsrisiko - Asiatische Tigermücke breitet sich in Hessen aus Von Jens Albes, dpa

Klein, schwarz-weiß gemustert und aggressiv: Eine Stechmücke aus
Südostasien ist mit dem Klimawandel auch in Hessen angelangt - und
für Menschen nicht ungefährlich.

Wiesbaden (dpa/lhe) - Tzzz, tzzz, tzzz: Leise und böse summt es. Es
könnte wie so oft eine heimische Mücke sein - oder eine Asiatische
Tigermücke. Wenn das Insekt sticht, kann der Unterschied bedeutend
sein. Denn die Tigermücke kann auch gefährliche Krankheitserreger wie
Dengue- und Chikungunya-Virus übertragen. Sie stammt aus Südostasien,
hat es aber in Zeiten des Klimawandels längst bis in manche hessische
Regionen geschafft. Hier vermehrt sie sich munter weiter. Jetzt im
Frühling schlüpft die erste neue Generation des Jahres aus den Eiern.
Landesgesundheitsministerin Diana Stolz ruft zum Kampf gegen das
Insekt auf.

«Alle können in Hessen einen Beitrag dazu leisten, die
Gesundheitsgefährdung durch die Asiatische Tigermücke gering zu
halten», betont die Christdemokratin. In Gärten etwa sollten auch
kleinste Wasseransammlungen als mögliche Brutstätte beseitigt oder
abgedeckt werden. Zudem könnten Bürgerinnen und Bürger Fotos von
entdeckten Tigermücken für die hessische Expertenbeobachtung an die
Mailadresse klima@hlfgp.hessen.de schicken. Die Tierchen sind
schwarz-weiß gemustert - viele heimische Mückenarten zeigen sich
dagegen einfarbig grau bis bräunlich und sind meist etwas größer.

Laut dem Hessischen Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP) hat
sich die Asiatische Tigermücke «als blinder Passagier in den letzten
Jahrzehnten weltweit durch den globalen Handels- und Reiseverkehr»
verbreitet. Der Klimawandel und immer mildere Winter begünstigen ihre
Ansiedlung in Europa. In Deutschland fliegt die Stechmücke etwa in
Bayern, Baden-Württemberg, Thüringen, Berlin und eben auch in Hessen
herum. 

Zika- und Dengue-Infektionen

Noch ist in Deutschland kein Fall bekannt geworden, bei dem eine
Erkrankung durch den Stich einer hier lebenden Tigermücke übertragen
wurde - Experten halten das wegen des Klimawandels aber nur für eine
Frage der Zeit. In Südfrankreich etwa wurden schon mehrfach
Zika-Infektionen durch dort heimische Tigermücken gemeldet.
Nachgewiesene Dengue-Infektionen gab es zum Beispiel auf Madeira
sowie in Kroatien und Frankreich. Im Mittelmeerraum kam es schon zu
Chikungunya-Ausbrüchen. 

Tigermücken tragen jedoch Erreger nicht von Natur aus in sich. Dem
HLfGP zufolge müssen «sie zunächst einen infizierten Menschen
stechen, der solche Viren im Blut aufweist, um selbst Überträger
werden zu können». Nur die Weibchen saugen Blut. Sie brauchen es für

die Bildung ihrer Eier - und können dafür auch mehrere Menschen
nacheinander stechen, was das Übertragungsrisiko erhöht.

Laut Gesundheitsministerin Stolz versuchen Experten auch mit
Tigermückenfallen, die Verbreitung der Insekten im Blick zu behalten.
Der beste Schutz dagegen sei, wenn Bürger selbst aktiv würden. Also
dem HLfGP nach nicht nur Vogeltränken, Eimer, Gießkannen und
Regentonnen, sondern auch hohle Zaunrohrenden und offene
Sonnenschirmfüße für Mücken unzugänglich halten, etwa mit umgedre
hten
Plastikflaschen. Des Weiteren raten Experten, natürliche Gegenspieler
mit dem Anlegen naturnaher Gartenteiche zu fördern: Beispielsweise
Libellenlarven, Wasserkäfer und Wasserwanzen fressen
Stechmückenlarven.

Oestrich-Winkel «tigermückenfrei»

Asiatische Tigermücken sind in Hessen etwa schon in Frankfurt,
Flörsheim, Wiesbaden sowie in den Kreisen Bergstraße, Groß-Gerau,
Darmstadt-Dieburg, Main-Kinzig, Main-Taunus und Rheingau-Taunus
nachgewiesen worden. Im Kampf gegen die Insekten gibt es wenigstens
Teilerfolge. Die Sprecherin der Kommunalen Aktionsgemeinschaft zur
Bekämpfung der Schnakenplage (Kabs), Xenia Augsten, sagt: «In
Oestrich-Winkel am Rhein ist 2022 der letzte Fund gemeldet worden.
2023 war die Gemeinde tigermückenfrei.» 

Die Kabs zieht gegen verschiedene Blutsauger einschließlich
Tigermücken mit dem Wirkstoff Bti ins Feld. Dieser tötet Larven.
Während der Verband etwa Auwaldstechmücken am Rhein auch großflächi
g
per Helikopter bekämpft, kann er die Tigermücke, eine Kulturfolgerin
des Menschen in besiedelten Gebieten, nur mühsam am Boden
nacheinander auf einzelnen Flächen ins Visier nehmen, wie Augsten
erklärt. Gartenbesitzer in betroffenen Gebieten würden vorab
informiert. «Dann wird geklingelt und gefragt, ob der Garten betreten
werden kann.» Vereinzelt gebe es auch «Grundstücksverweigerer», sag
t
die Sprecherin der Kabs. 

In dem Verband am Oberrhein haben sich mehr als 90 Kommunen in
Hessen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zusammengeschlossen.
Die Tigermücke vermehrt sich stark - und wegen der oft hohen
Frühjahrestemperaturen und wärmen Herbstphasen verlängert sich auch
ihre Saison. Augsten sagt zum Kampf gegen die kleinen Plagegeister:
«Unsere Kollegen reichen nicht mehr aus - wir stellen nun auch
Saisonkräfte ein.»