Bezahlkarte für Asylbewerber vom Bundestag beschlossen

Statt Bargeld sollen Geflüchtete künftig Bezahlkarten erhalten
können. Einige Länder machen das schon, nun schafft der Bund eine
Regelung. Eine Warnung kommt von der Gewerkschaft der Polizei.

Berlin (dpa) - Der Bundestag hat eine bundeseinheitliche
Rechtsgrundlage für eine Bezahlkarte für Geflüchtete und Asylbewerber

beschlossen. Diese sollen künftig einen Teil der staatlichen
Leistungen zum Lebensunterhalt als Guthaben erhalten und nicht mehr
als Bargeld. Damit soll unter anderem verhindert werden, dass
Migranten Geld an Schlepper oder Familie und Freunde im Ausland
überweisen. Das Parlament stimmte am Freitag in Berlin mit der
überwiegenden Zahl der Stimmen der Ampel-Fraktionen SPD, Grüne und
FDP dafür, auch die AfD und das BSW votierten dafür. Dagegen stimmte
die CDU/CSU und die Linke sowie die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram.

«Mit der Bezahlkarte können Waren und Dienstleistungen des täglichen

Lebens bezahlt werden, ebenso wie Lebensmittel im Supermarkt oder
auch der Friseurbesuch oder die Fahrkarte am Automaten», sagte
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). «Die Möglichkeit, Bargeld
abzuheben, ist aber eingeschränkt unter Berücksichtigung des
jeweiligen Einzelfalles und der Umstände vor Ort. Ein entscheidender
Punkt für uns ist dabei, dass Überweisungen, Geldleistungen ins
Ausland nicht mehr möglich sind.»

Auf die Einführung der Karte hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz
(SPD) und die Ministerpräsidenten der Länder am 6. November
verständigt. In dem Gesetz wird nun festgehalten, dass die
Leistungsbehörden selbst entscheiden können, wie viel Bargeld die
Karteninhaber innerhalb eines bestimmten Zeitraums abheben können.
Damit werde «den individuellen Bedürfnissen und Umständen vor Ort»

Rechnung getragen.

«Die Regelung ermöglicht den Leistungsbehörden auch im Rahmen der
Ermessensausübung Umstände zu berücksichtigen, aufgrund derer der
Einsatz einer Bezahlkarte im Einzelfall nicht zweckmäßig erscheint»,

heißt es weiter. Das könne etwa der Fall sein, wenn Menschen Gehalt
auf ein eigenes Girokonto erhalten. Ebenfalls beschlossen wurden
Regelungen, die den Austausch von Daten zwischen Ausländer- und
Sozialbehörden erleichtern sollen. «Wir vermeiden unnötigen Aufwand
und Komplikationen, die zum Beispiel dadurch entstehen, wenn auf
Papier vorliegende Daten nochmals digital erfasst werden müssen»,
sagte Faeser dazu.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte davor, den Anteil des
Bargelds für Geflüchtete zu gering zu halten. Geflüchtete stünden
nicht selten unter dem Druck, Krankheitskosten der Familien im
Herkunftsland mitzutragen oder schuldeten Schleusern Geld. Diese
Drucksituation verschwinde nicht mit der Bezahlkarte und könne sich
auch auf die Sicherheit der verbliebenen Familien in den
Heimatländern auswirken, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen
Kopelke. «Wenn hier nicht Maß und Mitte gehalten werden, besteht das
Risiko, dass Geflüchtete versuchen werden, sich das nötige Geld über

kriminelle Machenschaften zu besorgen.» Betroffene dürften nicht in
die Kriminalität gedrängt werden.

Die Grüne hatten eine bundesweit einheitliche Regelung nicht für
nötig gehalten. Mit der jetzt beschlossenen Regelung sind sie aber
einverstanden, da nun gesichert sei, dass niemand dadurch aus der
Gesellschaft herausgedrängt werde, wie der stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Andreas Audretsch sagte. «Geflüchtete, die in
einer Wohnung wohnen, die müssen einen Stromvertrag abschließen
können, sonst haben sie nämlich keinen Strom. Das war in der Regelung
bislang nicht klar. Jetzt haben wir das völlig eindeutig geregelt.
Das haben Kommunen zu garantieren.» Der FDP-Abgeordnete Stephan
Thomae betonte, mit der Karte müssten Asylbewerber nicht mehr
Schlange stehen, um am letzten Werktag des Monats Geld zu erhalten
und auch keine hohen Summen mehr mitnehmen in
Gemeinschaftsunterkünfte.

Der CDU-Abgeordnete Detlef Seif erklärte, die Karte sei kein
Allheilmittel, könne aber dazu beitragen, dass weniger Asylbewerber
innerhalb Europas nach Deutschland weiterzögen. Sein Parteikollege
Kai Whittaker verurteilte das Vorhaben als unzureichend, da die
Bargeld-Auszahlung nicht wie von der Union gefordert auf 50 Euro im
Monat begrenzt werde, zudem fehle ein Vorrang für die Bezahlkarte.

AfD-Vertreter warfen der Ampel-Koalition eine zu liberale
Migrationspolitik vor. Für seine Partei gelte: «Unser Geld für unsere

Bürger und nicht für die ganze Welt», erklärte der AfD-Politiker
Steffen Janich. Der BSW-Politiker Alexander Ulrich sagte, die
Bezahlkarte löse zwar nicht das große Problem der irregulären
Migration, sei aber ein Weg, es besser zu machen. Die
Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisierte hingegen eine
«Entrechtung von Flüchtlingen», zudem gehe Rechtssicherheit verloren.