Drei Länder wollen neue Wege bei der Pflege gehen und Ärzte entlasten

Vor allem auf dem Land sind Pflegekräfte und Ärzte rar. In einem
Modellversuch in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern
übernehmen Pflegekräfte bestimmte ärztliche Aufgaben.

Berlin (dpa) - Die Länder Berlin, Brandenburg und
Mecklenburg-Vorpommern starten im Sommer ein Projekt zur Entlastung
von Hausärzten und zur Stärkung der Pflege von älteren, chronisch
kranken Menschen. «Eine immer älter werdende Bevölkerung stellt die
Gesundheitsvorsorge nicht nur in unserem Bundesland in den nächsten
Jahren vor enorme Herausforderungen», sagte Brandenburgs
Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher am Freitag bei der
Eröffnungsveranstaltung in Berlin. Das Modellprojekt verzahne Medizin
und Pflege und trage vor allem in ländlichen Gebieten zur Sicherung
einer flächendeckenden Versorgung bei.

In Mecklenburg-Vorpommern sei der demografische Wandel schon
besonders weit fortgeschritten, sagte Sozialstaatssekretärin Sylvia
Grimm. Zukunftsweisende Projekte seien nötig, um die
Gesundheitsversorgung an die veränderten Realitäten anzupassen.
«Zugleich tragen sie zu einer besseren Gesundheit und höheren
Lebensqualität unserer Patientinnen und Patienten insbesondere in
dünner besiedelten, ländlichen Regionen des Landes bei», zeigte sich

Grimm überzeugt. 

Henning Kutzbach, Landesgeschäftsführer der Barmer-Krankenkasse in
MV, begrüßte, dass über den Innovationsfonds des Bundes neue
Versorgungsformen entwickeln und erprobt werden könnten. «Wir hoffen,
dass am Ende des Projektes eine Überführung in die Regelversorgung
erfolgen kann», sagt er.

Die Versorgung der ersten 100 Patientinnen und Patienten starte am 1.
Juli, geplant seien vier Phasen mit insgesamt mehr als 1200
Patientinnen und Patienten. Mit dem Projekt übernehmen erfahrene
Pflegekräfte nach ihrer Ausbildung Hausbesuche und die Behandlung von
100 Patientinnen und Patienten mit diagnostizierten Erkrankungen in
enger Abstimmung mit den Ärztinnen und Ärzten. Sie können über
Videosprechstunden wenn nötig hinzugezogen werden. Das Projekt trägt
den Namen «Erwin» (Erweiterte Übertragung von arztentlastenden
Tätigkeiten in Arztnetzen).

Das Vorhaben wird vom Bund über dreieinhalb Jahre mit rund 6,7
Millionen Euro gefördert. Es wird in Berlin in den Stadtbezirken
Treptow-Köpenick und Neukölln-Tempelhof, in Brandenburg im Raum
Elsterwerda und Bad Liebenwerda (Kreis Elbe-Elster) und in den
Landkreisen Uckermark und Ostprignitz sowie in Mecklenburg-Vorpommern
in den Altkreisen Uecker-Randow und Anklam getestet. 

Das Modellprojekt geht los mit neun examinierten Pflegefachkräften
mit langjähriger Berufserfahrung, die sechs Monate lang an der
Universitätsmedizin Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) in Vollzeit
ausgebildet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der
Altersmedizin, Schmerzbehandlung, dem Bluthochdruck sowie der
Ernährung. Die Ausbildung endet mit einer staatlich anerkannten
Prüfung. Eine Übertragung bestimmter Arzttätigkeiten ist innerhalb
von Modellprojekten erlaubt.

Als integrativer Bestandteil von Arztnetzen seien spezialisierte
Pflegefachkräfte unersetzlich. «Ihre Expertise und ihre
leidenschaftliche Fürsorge stärken nicht nur unser Teamgefüge,
sondern bringen auch eine deutliche Verbesserung in die Betreuung und
Behandlung unserer Patienten», betonte die Ärztin Sabine Meinhold von
Mediziner-Netzwerk HaffNet. In der Region Vorpommern hatten sich
Fach- und Hausärzte schon 2001 zu diesem freiwilligen Zusammenschluss
entschieden.