Abtreibung: So ist die Rechtslage im europäischen Ausland

Berlin (dpa) - Deutschland diskutiert erneut über eine
Liberalisierung des Abtreibungsrechts. An diesem Montag sollen
Vorschläge einer Kommission vorgestellt werden. Berichten zufolge
wollen die Experten eine generelle Straffreiheit von
Schwangerschaftsabbrüchen innerhalb der ersten zwölf Wochen
empfehlen. Bisher ist eine Abtreibung nach Paragraf 218 des
Strafgesetzbuches grundsätzlich strafbar, es sei denn, sie findet in
den ersten zwölf Wochen statt und die Frau hat sich zuvor beraten
lassen. In anderen europäischen Ländern sieht die Rechtslage so aus:

Niederlande

In den Niederlanden sind Abtreibungen bis zur 24.
Schwangerschaftswoche möglich, bei schweren Gesundheitsproblemen
während der Schwangerschaft auch später. Frauen können sich für ein
e
Abtreibung direkt an eine der Abtreibungskliniken im Land wenden - es
gibt Beratungsangebote, aber keine Verpflichtung, diese in Anspruch
zu nehmen. Eine früher vorgeschriebene fünftägige Bedenkzeit gibt es

seit 2023 nicht mehr. Die Kosten einer Abtreibung trägt der Staat,
beziehungsweise die Krankenkasse. Geplant ist, dass künftig bis zur
neunten Schwangerschaftswoche auch Hausärzte eine medikamentöse
Abtreibung (Abtreibungspille) verschreiben können. Eine Abtreibung
ist in den Niederlanden nur dann strafbar, wenn sie nicht in einem
Krankenhaus entsprechend den Regeln vorgenommen wird. 

Frankreich

In Frankreich sind Abtreibungen bis zur zehnten Schwangerschaftswoche
seit 1975 straffrei. Mittlerweile dürfen Schwangere bis zur 14. Woche
abtreiben, die Kosten übernimmt die Krankenkasse. Ein psychosoziales
Beratungsgespräch ist nur für Minderjährige verpflichtend. Angesichts

der Verschärfungen von Abtreibungsregelungen anderswo auf der Welt in
den vergangenen Jahren hat Frankreich sich dazu entschieden, das
Abtreibungsrecht zu stärken und vor möglichen zukünftigen
Beschneidungen zu schützen. Vor gut einem Monat stimmte das Parlament
dafür, die «garantierte Freiheit», eine Abtreibung durchzuführen, i
n
die Verfassung aufzunehmen. Paris zufolge ist Frankreich das erste
Land, das das Abtreibungsrecht in der Verfassung verankert hat. 

Italien

In Italien sind Abtreibungen bis zur zwölften Schwangerschaftswoche
grundsätzlich möglich. Ein entsprechendes Gesetz von 1978 sieht
jedoch bestimmte Voraussetzungen vor. Vor einem
Schwangerschaftsabbruch ist demnach eine verpflichtende Beratung
nötig. Auf das Beratungsgespräch folgt eine Bedenkzeit von sieben
Tagen. Innerhalb der ersten neun Schwangerschaftswochen ist eine
medikamentöse Abtreibung möglich, bis zur zwölften
Schwangerschaftswoche hingegen ein chirurgischer Eingriff mittels
sogenannter Absaugung. Die Rechtsregierung von Ministerpräsidentin
Giorgia Meloni in Rom hat seit Amtsbeginn immer wieder betont, keine
Änderungen am Abtreibungsrecht vornehmen zu wollen.

Irland

Die Iren stimmten 2018 in einem Referendum für die Legalisierung von
Abtreibungen. Seit dem 1. Januar 2019 dürfen Abtreibungen in den
ersten zwölf Wochen einer Schwangerschaft vorgenommen werden. Falls
Leben oder Gesundheit der schwangeren Frau gefährdet sind oder es
wahrscheinlich ist, dass das Baby noch im Mutterleib oder in den
ersten vier Wochen nach der Geburt stirbt, ist dies auch später noch
möglich. Die Frist von maximal 84 Tagen Schwangerschaft gilt ab dem
ersten Tag der letzten Periode der Frau. Eine Ärztin oder ein Arzt
muss bestätigen, dass die zwölf Wochen noch nicht vorbei sind. Drei
Tage später kann die Abtreibung durchgeführt werden. Diese gesetzlich
vorgeschriebene Zeitspanne soll der schwangeren Frau die Möglichkeit
geben, sich ihrer Sache sicher zu sein. 

Polen

Derzeit hat Polen eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa.
Seit 2020 ist ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 12. Woche nur noch
nach einer Vergewaltigung oder Inzest erlaubt - oder wenn das Leben
der Schwangeren in Gefahr ist. Weist das ungeborene Kind schwere
Fehlbildungen auf, dürfen Frauen keinen Abbruch vornehmen. In der
Vergangenheit hat das mehrfach dazu geführt, dass Schwangere mit
Komplikationen im Krankenhaus unter ärztlicher Aufsicht starben, weil
sich die Mediziner nicht trauten, einen Abbruch vorzunehmen. Das
Parlament in Warschau hatte sich jüngst für eine Liberalisierung des
Abtreibungsrechts ausgesprochen. Die Lockerung war eines der
zentralen Versprechen von Regierungschef Donald Tusk im Wahlkampf,
seine Drei-Parteien-Koalition streitet aber noch darüber, wie eine
Lösung konkret aussehen soll.