Rotes Kreuz warnt vor Scheitern von Lauterbachs Zielen für Versorgung

Gesundheitskioske und Primärversorgungszentren sollten vor allem
sozial Schwächeren und Älteren die medizinische Versorgung
erleichtern. Daraus wird wohl erst mal nichts. Aber Hausärzte können
hoffen.

Berlin (dpa) - Das Deutsche Rote Kreuz hat vor einem Scheitern von
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei seiner geplanten
Stärkung der Gesundheitsversorgung gewarnt. Grund sei die Streichung
zentraler Vorhaben aus Lauterbachs Entwurf für das
Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz, sagte DRK-Bereichsleiter Joß
Steinke am Montag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. 

Lauterbach hatte eingeräumt, dass in dem Entwurf die sogenannten
Gesundheitskioske fehlen. Geplant waren Beratungsstellen für
Behandlung und Prävention in Regionen mit vielen sozial
benachteiligten Menschen - leicht zugänglich und geleitet von einer
Pflegekraft. Auch die vorgesehene Möglichkeit zur Bildung neuer
Gesundheitsregionen für mehr Prävention sowie geplante
Primärversorgungszentren zur besseren Versorgung älterer Versicherter
sind in dem aktuellen Entwurf nicht mehr enthalten.

DRK warnt vor starren Strukturen

«Gesundheitskioske, Primärversorgungszentren und Gesundheitsregionen
sind nicht mehr vorgesehen», sagte Steinke der Deutschen
Presse-Agentur in Berlin. «Damit würden die bestehenden starren
Versorgungssektoren zementiert, und zentrale Vereinbarungen aus dem
Koalitionsvertrag ignoriert werden.» 

Gesundheitsförderung, Prävention, Koordination und Kooperation seien
offenbar nicht gewollt, so der Experte des Roten Kreuzes.
«Kurzfristig sparen, um langfristig draufzuzahlen, das sollte nicht
das Motto sein.» Steinke warnte, die Bundesregierung würde eine große

Chance verpassen. «Ein modernes Gesundheitssystem würde damit in
weite Ferne rücken.»

Insbesondere die Kioske sind aus DRK-Sicht ein richtiger Ansatz. Sie
sollten Beratung, Rehabilitation und Selbsthilfe an einem Standort
verbinden. Dies sollte mit Sozialberatung verbunden werden. «Wir
sehen täglich, wie sehr die Versorgungsstrukturen bröckeln und wie
wichtig Prävention und Hilfe zur Selbsthilfe wären», sagte Steinke.
Die Gesundheitskioske sollten wieder auf die Tagesordnung kommen. 

Koalitionsknatsch als Grund

Lauterbach hatte in der ARD die Streichungen mit Widerstand in der
Koalition erklärt. «Ich kann jetzt nicht ewig darauf warten, bis wir
uns auf Kabinettsebene über die Kioske einigen - zumal das ja nur ein
ganz kleiner Teil ist.» Über die Kioske werde noch später
verhandelt. 

Weiter im Entwurf für das Versorgungsstärkungsgesetz enthalten ist
die geplante Entbudgetierung der Hausärzte, die Einführung einer
neuen jährlichen Versorgungspauschale für die Behandlung chronisch
kranker Patientinnen und Patienten sowie eine Vorhaltepauschale für
die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrages. 

Mit der Entbudgetierung sollen heute geltende Obergrenzen für das
Honorar der Hausärzte abgeschafft werden. Seit Jahren beklagen die
Ärztinnen und Ärzte, dass das Honorar für die Behandlung oft bereits

vor Quartalsende aufgebraucht sei und sie die Leistungen dann umsonst
erbringen.

Dreistelliger Millionenbetrag für Wegfall der Budgets

An den geplanten Gesundheitskiosken hatten Kritiker moniert, es
entstünden unnötige Doppelstrukturen. Aus der FDP war die Idee als
«massiver Kostentreiber» kritisiert worden. Die Entbudgetierung der
Hausärztinnen und Hausärzte soll laut aktuellem Entwurf zu jährlichen

Mehrausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe eines
unteren dreistelligen Millionenbetrages führen.

Lauterbach hatte die Bevölkerung darauf eingestimmt, dass «in den
nächsten Jahren flächendeckend die Hausärztinnen und Hausärzte
fehlen». 50 000 Ärztinnen und Ärzte seien in den vergangenen zehn
Jahren zu wenig ausgebildet worden. Wenn die Budgets wegfallen, so
Lauterbach, werde ein größerer Teil junger Mediziner sich für den
Hausarztberuf entscheiden.