Freistaat lehnt Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ab

Sollte ein Schwangerschaftsabbruch strafbar sein? Experten sprechen
sich für eine Legalisierung in der Frühphase der Schwangerschaft aus.
Der Freistaat sieht das anders.

München (dpa/lby) - Trotz des Rats einer Expertenkommission will der
Freistaat an der Strafbarkeit von Schwangerschaftsabbrüchen
festhalten. Der vor 30 Jahren gefundene Kompromiss stelle einen guten
Zustand her, der Schwangeren helfe, eine Abtreibung straffrei
vornehmen zu können, sagte Bayerns Familienministerin Ulrike Scharf
(CSU) nach einer Kabinettssitzung am Dienstag in München. Die
Staatsregierung lehne eine Legalisierung von
Schwangerschaftsabbrüchen - also eine Streichung des Paragrafen 218
aus dem Strafgesetzbuch - deshalb ab. 

Die Bundesregierung habe eine Debatte angestoßen, die die ohnehin
aufgewühlte Gesellschaft spalte. «Sie gefährdet damit den
Zusammenhalt und ich halte das für unverantwortlich», sagte die
Ministerin. Der Konsens sei nach mehr als 20 Jahren streiten und
ringen gefunden worden und schaffe einen gesellschaftlichen Frieden.
In den letzten 15 Jahren sei in der Bundesrepublik laut Scharf nur
eine schwangere Frau wegen des Paragrafen 218 rechtskräftig
verurteilt worden. 

Die CSU-Fraktion plant am Mittwoch einen Dringlichkeitsantrag zum
Thema im Landtag einzubringen. Darin spricht sich die Fraktion für
einen Erhalt des Paragrafen aus: «So eine schwerwiegende Frage wie
die Abtreibung muss im Strafgesetzbuch geregelt sein», sagte
CSU-Fraktionsvorsitzender Klaus Holetschek der Deutschen
Presse-Agentur. Mit der Schwangerschaftskonfliktberatung sei ein
gangbarer Weg gefunden worden, einen straffreien Abbruch in den
ersten zwölf Wochen zu ermöglichen. 

Der Antrag fordert aber dennoch eine gesetzliche Änderung vom Bund:
Die Krankenkassen sollen nach den Plänen der CSU-Fraktion die «Pille
danach» für Vergewaltigungsopfer auch nach dem vollendeten 22.
Lebensjahr bezahlen. Aktuell haben nur Versicherte einen Anspruch auf
die Kostenerstattung von verschreibungspflichtigen
empfängnisverhütenden Mitteln, wenn sie nicht älter als 22 sind. Eine

Ausnahme für Opfer von Vergewaltigungen sieht das Gesetz bisher nicht
vor. Die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs werden in diesem Fall
hingegen übernommen.

Gegenwärtig sind Schwangerschaftsabbrüche im Strafgesetzbuch geregelt
und stehen grundsätzlich unter Strafe. Das Strafgesetzbuch sieht aber
auch Ausnahmen vor: Abbrüche sind innerhalb der ersten zwölf
Schwangerschaftswochen faktisch straffrei möglich, wenn die Frau sich
zuvor hat beraten lassen. Auch wenn bestimmte medizinische Gründe
vorliegen oder nach einer Vergewaltigung können Schwangere abtreiben,
ohne sich strafbar zu machen. Eine von der Bundesregierung
eingesetzte Kommission empfahl am Montag eine Legalisierung von
Abbrüchen in der Frühphase der Schwangerschaft.