Warnungen vor Abstrichen bei Krankenhausreform

Seit Monaten gibt es ein hartes Ringen um Neuerungen für das Netz der
Kliniken - bei der Finanzierung und bei Vorgaben zur
Behandlungsqualität. Kommt das Vorhaben weiter voran?

Berlin (dpa) - Im Ringen um die Krankenhausreform werden Warnungen
vor Abstrichen bei Vorgaben für die Behandlungsqualität und eine
stärkere Spezialisierung lauter. Der Chef der Barmer Krankenkasse,
Christoph Straub, mahnte vor erneuten Bund-Länder-Beratungen am
Mittwoch, es bestehe das Risiko, dass von der groß angekündigten
Reform eine reine Finanzreform übrig bleibe. «Damit drohen enorme
Kosten für das System und die gesetzlich Versicherten, ohne dass die
dringend notwendigen Qualitäts- und Strukturveränderungen tatsächlich

angepackt werden.» Auch die Techniker Krankenkasse und die
mitregierende FDP warben am Mittwoch dafür, vorgesehene grundlegende
Änderungen im Kliniknetz umzusetzen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wollte bei einem
Treffen in Berlin mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern
über einen inzwischen vorgelegten Gesetzentwurf sprechen. Die
Reformpläne zielen darauf, die Vergütung mit Pauschalen für
Behandlungsfälle zu ändern, um Kliniken von dem finanziellen Druck zu
lösen, immer mehr Patienten behandeln zu müssen. Künftig sollen sie
60 Prozent der Vergütung allein schon für das Vorhalten von Angeboten
bekommen. Grundlage der Finanzierung durch die Krankenkassen sollen
genauer definierte Leistungsgruppen sein. Sie sollen einheitliche
Qualitätsvorgaben enthalten.

Der Chef der Techniker Krankenkasse, Jens Baas, kritisierte, die
Reform nähere sich immer mehr einem Kipppunkt, an dem keine Reform
das kleinere Übel sei. «Das ursprüngliche Ziel, flächendeckend mehr

Qualität durch sinnvolle Arbeitsteilung zwischen den Kliniken zu
schaffen, gerät mehr und mehr in den Hintergrund.» Stattdessen
entstünden immer mehr Kostenfallen für die Beitragszahler. Die Reform
sei eine historische Chance, veraltete Strukturen auf Vordermann zu
bringen. Die Politik dürfe diese Chance jetzt nicht vergeben.

Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Andrew
Ullmann, sagte: «Die Versorgung der Patientinnen und Patient kann
sich nachhaltig nur durch die Veränderung der Strukturen verbessern.
Eine Einigung auf eine entökonomisierte Finanzierung bei
gleichbleibenden Strukturen werden wir nicht mittragen.» Die Länder
müssten sich klar dazu bekennen, dass die Zahl der stationären Betten
reduziert werden müsse. Über- und Unterversorgung in den Regionen
müssten beseitigt werden. 

Bayerns Gesundheitsministerin Judith Gerlach  (CSU) sagte der
«Augsburger Allgemeinen» (Mittwoch), die Länder sähen nach wie vor
an
vielen Stellen dringenden Änderungsbedarf. «Ich erwarte, dass
Lauterbach die Bedenken und Bedürfnisse der Länder ernst nimmt.»
Bayern setze sich unter anderem dafür ein, dass die Länder
Abweichungsmöglichkeiten von den bundesweiten Strukturvorgaben
bekämen, um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, sagte

Gerlach. «Mit den derzeitigen starren Vorgaben und den vorgesehenen
Befristungen wird die Krankenhausplanungskompetenz der Länder massiv
beeinträchtigt.»

Die Bund-Länder-Runde war in den vergangenen Monaten mehrmals zu
schwierigen Beratungen zusammengekommen. Unter den Ländern gibt es
diverse Kritikpunkte an den Gesetzesplänen, die Lauterbach aber nicht
mehr so angelegt hat, dass sie im Bundesrat zustimmungsbedürftig
sind. Der Minister hatte als Ziel genannt, dass das Bundeskabinett
sich in der kommenden Woche mit den Plänen befassen soll. Die Länder
und die Kliniken fordern auch schnelle zusätzliche Finanzhilfen
bereits vor der vorgesehenen großen Reform.