Landtag debattiert über Aufarbeitung der Corona-Politik

Rückblickend werden einige politische Entscheidungen während der
Pandemie kritisch gesehen. Dass es auch in Rheinland-Pfalz eine
Aufarbeitung geben soll, dazu herrscht große Einigkeit - doch wie?

Mainz (dpa/lrs) - Der rheinland-pfälzische Landtag hat über den
richtigen Weg einer Aufarbeitung der Corona-Politik im Land
diskutiert. Große Teile des Plenums betonten, die Einrichtung einer
weiteren Enquete-Kommission auf Landesebene nicht für sinnvoll zu
halten. Eine gänzlich andere Position nahm die AfD-Fraktion ein.

Eine Enquete-Kommission sei auf Bundesebene sinnvoll, sagte der
Gesundheitsexperte der Grünen-Fraktion, Josef Winkler, am Mittwoch in
Mainz. Auch der CDU-Gesundheitspolitiker Christoph Gensch erinnerte
daran, dass zentrale politische Entscheidungen in der Pandemie auf
Bundesebene getroffen worden seien. Mit Blick auf Kosten und
Zeitaufwand sei eine erneute Enquete-Kommission im Land wenig
sinnvoll. 

Anhörung im Ausschuss sagt sich an 

Bereits zuletzt hatten die Fraktionen von Ampel, CDU und Freien
Wählern signalisiert, eine gemeinsame Initiative für eine
Experten-Anhörung zu dem Thema im Gesundheitsausschuss starten zu
wollen. Darauf dürfte es letztlich auch hinauslaufen. 

Helge Schwab, Abgeordneter der Freien Wähler, die das Thema in die
aktuelle Debatte im Plenum eingebracht hatten, sagte, eine gewisse
Aufarbeitung brauche es aber auch auf Landesebene - immerhin habe es
während der Pandemie 34 Corona-Bekämpfungsverordnungen gegeben. Es
gehe nicht darum, einzelne Personen an den Pranger zu stellen, doch
nach seinem Eindruck habe das Interesse an Aufarbeitung zugenommen. 

AfD-Fraktionschef Jan Bollinger sagte dagegen, es genüge nicht, nach
saarländischem Vorbild «im Schweinsgalopp» das Thema im
Gesundheitsausschuss abzuhandeln. Wer sich so mit einer jahrelangen
Pandemie beschäftigen wolle, sei nicht an einer ernsthaften
Aufarbeitung interessiert.

Minister Hoch: Vieles richtig gemacht in Deutschland

Der fraktionslose Abgeordnete Andreas Hartenfels, der dem Bündnis
Sahra Wagenknecht (BSW) angehört, sagte, noch immer wollten weite
Teile der Politik nicht offen darüber sprechen, was während der
Pandemie passiert sei. Die Bandbreite der zu diskutierenden Themen
übersteige die Kapazitäten eines Ausschusses.

Gesundheitsminister Clemens Hoch (SPD) betonte, Prämisse der Politik
in der Pandemie sei stets gewesen, das Gesundheitssystem
handlungsfähig zu halten. «Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir

in Deutschland vieles richtig gemacht haben», sagte er. Entgegen
einiger heutiger Aussagen habe auch während der Pandemie hierzulande
stets die Meinungsfreiheit gegolten. 

Der SPD-Abgeordnete Oliver Kusch sagte, rückblickend seien die
Schließungen von Schulen oder Kindergärten in der Pandemie so nicht
nötig gewesen, es sei damals aber ein stetes Abwägen gewesen.
Rheinland-Pfalz habe zudem schon früh eine erste Enquete-Kommission
gehabt. Diese war 2020 eingesetzt worden und trug den Namen
«Vorsorge- und Bekämpfungsmaßnahmen gegen die Ausbreitung des
Coronavirus in Rheinland-Pfalz und Konsequenzen für die
Pandemiepolitik». Schwab von den Freien Wählern sagte, die
Landesregierung habe es versäumt, eine «tragfähige Folgeeinrichtung
»
einzurichten. 

Der Grünen-Politiker Winkler und FDP-Fraktionschef Philipp Fernis
betonten, seinerzeit seien viele Entscheidungen im Zustand völliger
Unsicherheit oder vor dem Hintergrund eines anderen Wissensstandes
getroffen worden. Das gelte es zu bedenken. «Natürlich haben wir vier
Jahre nach dieser Krise gelernt», sagte Winkler. Längst sei etwa
bekannt, dass Kinder und Jugendliche keine «Pandemie-Treiber» gewesen
seien.