Experte: Burnout viel angesehener als das Boreout Von Inga Radel, dpa
Frankfurt/Main (dpa) - Das Burnout-Syndrom ist zurzeit in aller
Munde. Weit weniger bekannt und oft noch belächelt ist dagegen das
sogenannte Boreout: wenn jemand aus Langeweile (boredom) oder
Unterforderung im Job krank wird. «Das Burnout ist sehr viel
angesehener, als darüber zu klagen, dass man nicht genug zu tun hat,
falsch eingesetzt ist oder kein Interesse an seiner Arbeit hat», sagt
der Frankfurter Psychotherapeut Wolfgang Merkle der
Nachrichtenagentur dpa. Aber: ob Stress durch Unter - oder
Überforderung, die Symptome können Merkle zufolge die gleichen sein.
Dazu zählen Schlafstörungen, Depressionen oder psychosomatische
Erkrankungen wie Magendarmbeschwerden oder Anfälligkeit für Infekte.
Nach Merkles Auffassung werden die Themen Burn- und Boreout immer
relevanter. «Insgesamt gibt es die Tendenz in der Gesellschaft, auf
die qualifizierten Leute immer mehr abzuladen, und andererseits
leiden die Leute, die gar nichts oder zu wenig zu tun haben, immer
häufiger unter dem Stress durch Minderanforderung.»
Klassischerweise sei das Boreout-Syndrom in jenen Bereichen der
Arbeitswelt verbreitet, in denen durch Rationalisierung und Software-
Fortschritte Aufgaben wegfallen - insbesondere in der Verwaltung und
im Dienstleistungssektor. Allerdings kämen in der Wirtschaftskrise,
in der viele Firmen unter Auftragsflaute leiden, Boreouts verstärkt
auch in anderen Branchen - etwa im Bankgewerbe - vor. In diesen
Zeiten, in denen auch Arbeitsplätze wegrationalisiert werden, sei der
Druck außerdem groß, die «Notwendigkeit seines Arbeitsplatzes unter
Beweis zu stellen» und trotz Langeweile sogar noch Überstunden zu
machen. Selbstständige dagegen litten seltener unter Boreout.
Erstmals beschrieben wurde das Boreout nicht in der Medizin,
sondern in der Wirtschaft: 2007 veröffentlichten die Schweizer
Unternehmensberater Philippe Rothlin und Peter R. Werder das Buch
«Diagnose Boreout». Ebensowenig wie das Burnout ist das Boreout
bisher als Krankheitsbild definiert, wie Merkle sagt. «Es ist eher
umgangssprachlich zum Krankheitsbild geworden. Es handelt sich um
eine Konstellation, die zu Krankheitsanfälligkeiten führt.»
Merkle ist Chefarzt der Psychosomatischen Klinik am Frankfurter
Hospital zum heiligen Geist. Er schätzt, dass von jährlich 300
aufgenommenen Patienten seiner Klinik rund 30 an Unterforderung im
Job leiden. Auswege seien, sich um Weiterbildungen zu bemühen,
versetzen zu lassen oder zu trauen, sich woanders zu bewerben. Den
Patienten werde mit psychotherapeutischen Gesprächen geholfen, teils
auch mit Körper-, Kunst- oder Musiktherapie sowie mit
Entspannungsverfahren.
Sind Männer oder Frauen öfter betroffen? Für Stress-Phänomene
seien Männer insgesamt anfälliger, beim Boreout sieht Merkle aber ein
«leichtes Übergewicht» bei Frauen. «Das kann aber auch daran liegen
,
dass sich Frauen bei seelischen Beschwerden eher um Hilfe bemühen,
während Männer das eher mit Suchtmitteln oder Gewalt abreagieren.»
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- [Hospital zum heiligen Geist](Lange Straße 4-6, 60311 Frankfurt)
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