Tausende Patientendaten im Internet - Konsequenzen gefordert
Ein Datenleck solcher Dimension hat es im Gesundheitswesen in
Schleswig-Holstein noch nie gegeben. Tausende Daten psychisch Kranker
gelangten über eine Rendsburger Firma ins Internet. Datenschützer und
Staatsanwaltschaft prüfen den Fall. Politiker fordern Konsequenzen.
Kiel/Rendsburg (dpa/lno) - Schleswig-Holsteins oberster
Datenschützer Thilo Weichert will mit einem Prüfteam klären, wie
tausende hochsensible Patientendaten psychisch schwer kranker
Menschen ins Internet gelangen konnten. Das Team des Unabhängigen
Landeszentrums für Datenschutz (ULD) werde am Montag den
verantwortlichen Internet-Dienstleister, die Rebus Consulting und
Verwaltungs GmbH in Rendsburg, aufsuchen, sagte Weichert am
Freitag. Es gehe dabei um Ermittlungs- und Sicherungsmaßnahmen sowie
die Klärung, ob rechtswidriges Verhalten vorliege. Als mögliche
Sanktionen können die Datenschützer ein Bußgeld verhängen oder eine
Unterlassungserklärung verlangen.
Die Staatsanwaltschaft Kiel hat unterdessen einen Prüfvorgang
angelegt. Die Behörde stehe mit dem ULD in enger Verbindung, «um
gegebenenfalls im Hinblick auf strafrechtliche Verantwortlichkeiten
in Ermittlungen einzutreten», teilte Oberstaatsanwältin Birgit Heß
mit.
Politiker aller Parteien forderten eine akribische Aufklärung des
bislang größten Datenlecks im schleswig-holsteinischen
Gesundheitswesen und eine politische Aufarbeitung. Der Landtag müsse
prüfen, «ob es Anlass gibt, Verfahren, Richtlinien und Gesetze zu
ändern», erklärte die Vorsitzende der SSW-Landtagsfraktion, Anke
Spoorendonk. Ähnlich äußerten sich CDU, SPD und Grüne. Ingrid
Brand-Hückstädt von der FDP appellierte an die
Gesundheitsdienstleister, «alles zu tun, um ein derartiges
Horrorszenario für Patienten in Zukunft auszuschließen».
Das Sozial- und Therapiezentrum Brücke in Rendsburg ist am
stärksten von dem Datenleck betroffen. Laut Weichert wurden dem
ULD 2500 ins Internet gestellte Patienten-Datensätze zur
Sicherstellung übermittelt, dann sei die Übermittlung abgebrochen.
Nach Angaben der «Lübecker Nachrichten», die Weichert über den
Daten-Skandal informiert hatten, konnten insgesamt 3593 Dokumente der
Brücke im Internet abgerufen werden. Dabei handle es sich um
Behörden- und Klinikbriefe, medizinische Befunde und psychologische
Dokumentationen. Laut Weichert waren die Daten bis Donnerstag im
Internet abrufbar.
Betroffen von dem Datenleck ist auch eine Psychiatrie-Einrichtung
im baden-württembergischen Winnenden. 162 Patienten-Dokumente dieser
Einrichtung seien ins Internet gelangt, sagte Weichert.
Rebus-Geschäftsführerin Heike Rullmann betonte am Freitag, dass
die Dokumente nicht über eine Webseite hätten abgerufen werden
können, allerdings übers Internet, «wenn man den genauen Weg wusste
».
Nach ihren Angaben wurde Rebus von den «Lübecker Nachrichten»
informiert. Daraufhin habe man den Server des Großrechners in Bad
Gandersheim (Niedersachsen), über den die Daten laufen, stillgelegt.
Laut Rullmann waren nicht die besonders sensiblen Daten zur Pflege
öffentlich zugänglich, also nicht das Herzstück der Datenbank,
sondern Begleitdokumente wie ärztliche Notwendigkeitsbescheinigungen.
Laut Rullmann stellen Pflegekräfte extern Daten über ihre Arbeit in
die Datenbank.
«Wir haben bislang keine Erklärung, wie das Leck passieren
konnte», sagte Rullmann. Rebus, ein Tochterunternehmen der
Brücke-Gruppe, betreibt Datenbanken für mehrere soziale Dienste und
Behörden in ganz Deutschland.
Die jetzt Betroffenen müssten über die Veröffentlichung ihrer
Daten genau informiert werden, forderte Thorsten Fürter (Grüne).
Peter Eichstädt (SPD) betonte, dass die Daten nicht mehr endgültig
rückholbar seien, sondern sie existierten weiter im Netz, aber
niemand wisse wo. Michael von Abercron (CDU) schlug eine
Zertifizierung von Datenverarbeitungsverfahren vor. Informationen
über Angebote des ULD könnten über das Gesundheitsministerium an
Krankenhäuser und Arztpraxen gegeben werden.
# dpa-Notizblock
## Orte
- [Rebus Consulting- und Verwaltungs GmbH](Am Stadtsee 9, 24768
Rendsburg)
- [Landeszentrum für Datenschutz](Holstenstr. 98, 24103 Kiel)
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