Kassen zahlen Entfernung von PIP-Implantaten - mit Einschränkungen
Frauen in Deutschland sollen sich ihre Billig-Brustimplantate
entfernen lassen. Aber wer zahlt das? Es sind die Kassen - auf viele
Betroffene können dennoch Kosten zukommen.
Berlin/Bonn (dpa) - Die Entfernung minderwertiger Brustimplantate
zahlen die Krankenkassen in Deutschland - allerdings mit
Einschränkungen. Letzteres betrifft Frauen, die sich die
Silikonkissen bei Schönheitsoperationen haben einsetzen lassen.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
hatte am Freitag betroffenen Frauen geraten, sich die aus Frankreich
stammenden Implantate herausoperieren zu lassen. Denn auch ohne Risse
könnte gesundheitsgefährdendes Silikon austreten.
«Wenn eine Gesundheitsgefahr besteht, hat ein Patient Anspruch
gegenüber der Kasse, dass die Kosten übernommen werden», sagte eine
Sprecherin des Gesundheitsministeriums am Sonntag der
Nachrichtenagentur dpa in Berlin. Das gelte grundsätzlich für
Implantate, die aus medizinischen oder ästhetischen Gründen
eingesetzt worden sind. «Nach dem Sozialgesetzbuch können die Kassen
allerdings prüfen, wie der Patient im Einzelfall zu beteiligen ist.»
Dies dürfte Frauen betreffen, die die Implantate im Zuge reiner
Schönheitsoperationen bekommen haben.
Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
bestätigte, dass die Kosten übernommen werden. Er interpretierte die
Passage im Sozialgesetzbuch aber anders: Demnach müssen Patientinnen,
die die Implantate aus rein ästhetischen Gründen erhielten, an den
Kosten beteiligt werden. Schönheitsoperationen seien lukrativ für
Ärzte, sagte Sprecher Florian Lanz. «Wir fordern die Ärzte auf, ihre
Patientinnen mit den Folgekosten ihres ärztlich-unternehmerischen
Handelns jetzt nicht alleine zu lassen.»
Weltweit sollen zwischen 400 000 und 500 000 Frauen minderwertige
Silikonkissen der französischen Firma Poly Implant Prothèse (PIP)
erhalten haben. Die Vermarktung, den Vertrieb und die weitere
Verwendung der Brustimplantate hatte Frankreich dem Unternehmen
bereits im April 2010 europaweit untersagt. PIP-Gründer Jean-Claude
Mas gab in Vernehmungen auch zu, den TÜV Rheinland in dem Skandal
getäuscht zu haben. Ein Zusammenhang zwischen den Silikonkissen und
Krebs wird befürchtet, bewiesen ist er aber nicht.
Staaten reagierten unterschiedlich: Australien empfahl Frauen mit
Billig-Brustimplantaten, sich bei einer Hotline zu informieren.
Gesundheitsministerin Nicola Roxon betonte am Samstag aber, dass es
kein deutlich erhöhtes Risiko durch die Silikonkissen gebe. Sie
wiesen nicht häufiger Risse auf als andere Implantate. Ähnlich hatte
sich zuvor Großbritannien geäußert.
Deutschland hatte bereits am Freitag Frauen aufgrund neuer
Meldungen von Ärzten zu einer Entfernung der minderwertigen
Silikonkissen geraten. «Das Silikon tritt aus, obwohl die Hülle
intakt ist», erläuterte BfArM-Sprecher Maik Pommer am Samstag der
dpa. Experten sprechen bei diesem Phänomen von «Ausschwitzen». «Wir
wissen jetzt, dass das Ausmaß des Ausschwitzens größer ist als bei
anderen Implantaten.» Bei den Produkten aus Frankreich nehme das
Problem mit dem Alter der Implantate zu.
Wie viele Frauen in Deutschland die Empfehlung betrifft, ist laut
BfArM (Bonn) noch unklar. Bundesweit wurden bislang 19 Fälle von
gerissenen Implantaten bekannt, aber im Gegensatz zu Frankreich keine
Krebserkrankungen. «Wie dringend eine Entnahme im Einzelfall ist,
hängt wesentlich davon ab, wie lange die Patientin das Implantat
bereits trägt», sagte der Präsident des BfArM, Walter Schwerdtfeger.
Dies sollte vor jeder Operation mit dem Arzt besprochen werden.
Auch Frankreich und Tschechien hatten Frauen dazu aufgerufen, die
Implantate entfernen zu lassen. In Belgien gaben etwa 100 Frauen an,
dass ihnen solche Silikonkissen eingepflanzt worden waren. In vier
Fällen traten nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga Risse auf.
Das Bundesgesundheitsministerium hält die europäischen
Vorschriften, die den Marktzugang für Medizinprodukte wie
Brustimplantate regeln, nach einem Bericht der «taz» (Montag) für
ausreichend. Es handele sich nicht um ein Problem der Zulassung,
sondern um ein Problem der Überwachung, hieß es aus dem Ministerium.
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