Experte: Suizidgefahr nach Magen-OP zur Gewichtsreduktion größer Gespräch: Miriam Schmidt, dpa
Hamburg (dpa) - Übergewichtige Menschen haben nach einer
Magen-Operation zur Gewichtsreduktion ein höheres Risiko für
psychische Probleme und Suizidgedanken. «Durch die Operationen wird
das Essen als Kompensationsmechanismus für Frustrationserlebnisse
deutlich erschwert», sagte der Endokrinologe Jens Aberle im Gespräch
mit der Nachrichtenagentur dpa. Einer Studie zufolge sei die
Suizidrate bei Patienten mit einem Magenband oder Magenbypass zehnmal
so hoch wie bei nicht operierten Menschen mit ähnlichem Gewicht.
Psychische Probleme nach einem solchen Eingriff seien aber nicht die
Regel.
«Die Patienten haben einen deutlich kleineren Magen, können
weniger essen», sagte der Leiter des Adipositas-Zentrums am
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) bei der Jahrestagung der
Nordwestdeutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Hamburg. «Und
wenn sie dann irgendein Problem bewältigen wollen und das nicht mehr
können, dann kann das zu einer psychiatrischen Eskalation führen.»
Was in Deutschland häufig schon Pflicht ist, sollte grundsätzlich
zur Voraussetzung bei Magenoperationen gemacht werden, fordert
Aberle: «Alle Patienten sollten vor der OP von einem Experten gesehen
und die Qualifikation zur Operation aus psychologischer Sicht
beurteilt werden». Ungefähr 20 Prozent der Patienten werde in diesem
Gespräch empfohlen, sich nach dem Eingriff psychotherapeutisch
begleiten zu lassen. Bei einigen Menschen werde ein Operation auch
komplett abgelehnt, weil sie zu instabil seien.
«Es gibt viele Patienten, die stabil genug sind und die sich durch
die Gewichtsreduktion so viel besser fühlen, dass das die ganze
seelische Situation überflügelt», sagte der Experte. Es müssten die
Patienten herausgefiltert werden, bei denen das nicht der Fall sei.
Aus medizinischer Sicht sei ein Eingriff bei stark übergewichtigen
Patienten aber sehr sinnvoll. «Die Lebenserwartung steigt. Jemand,
der sich mit 30 operieren lässt, kann zehn Jahre länger leben.»
Betroffenen rät Aberle zu einer Selbsthilfegruppe. «Das Erlebnis,
nicht mehr viel essen zu können, das kann ein Betroffener viel besser
vermitteln», sagte er. Viele Patienten unterschätzten die psychischen
Folgen, die eine Magen-Operation mit sich bringen könne: «Die haben
im Sinn, dass sie 50 Kilo abnehmen wollen. Die Problematik, dass sie
weniger essen können, sehen sie nicht so richtig auf sich zukommen».
Eine Magen-Operation zur Gewichtsreduktion wird nur bei extrem
Übergewichtigen angestrebt. Ziel eines Magenbandes ist ein kleinerer
Vormagen. Dafür wird mit einem verstellbaren Silikonband ein Teil des
Magens umschlungen. Auch beim Magenbypass wird ein Vormagen geformt.
Der Magenausgang wird verlegt und direkt an den Dünndarm
angeschlossen. Die Nahrung passiert nicht mehr den Zwölffingerdarm,
sondern kommt direkt in den Dünndarm.
Mit beiden Methoden wird erreicht, dass der Magen nur noch einen
Teil des ursprünglichen Volumens fasst. Die Patienten können
zwangsläufig weniger essen - nehmen sie dennoch mehr zu sich, ist das
unangenehm bis zum Erbrechen. Für viele übergewichtige Menschen aber
dienen Fressattacken dem Frustabbau, für den daher nach einer OP ein
anderer Weg gesucht werden muss.
# dpa-Notizblock
## Orte
- [Tagung](Handelskammer, Adolphsplatz 1, Hamburg)
- [UKE](Martinistraße 52, Hamburg)
Online-Wechsel: In drei Minuten in die TK
Online wechseln: Sie möchten auf dem schnellsten Weg und in einem Schritt der Techniker Krankenkasse beitreten? Dann nutzen Sie den Online-Beitrittsantrag der TK. Arbeitnehmer, Studenten und Selbstständige, erhalten direkt online eine vorläufige Versicherungsbescheinigung. Die TK kündigt Ihre alte Krankenkasse.