Wissenschaftler rücken den Schimmel ins rechte Licht Von Felix Mescoli, dpa
Schimmel zerstört ein Viertel der weltweiten Lebensmittelernte. Im
Kampf gegen giftige Schimmelpilze nutzen Karlsruher Forscher jetzt
Licht. Bis zum Einsatz in der Praxis ist es aber noch ein langer Weg.
Karlsruhe (dpa) - Das Licht ging Markus Schmidt-Heydt im wahrsten
Sinne des Wortes rein zufällig auf: Wegen Bauarbeiten musste der
Biologe am Karlsruher Max Rubner-Institut für Ernährung eines Tages
mit seinen Schimmelpilzkulturen umziehen. Im Gegensatz zur bisherigen
eher spärlich ausgeleuchteten Arbeitsstätte fand er sich mit seinen
zahlreichen Petrischalen voller Pilzfäden plötzlich in einem
besonders hellen Labor wieder. Die überraschende Folge: Einige seiner
Pilze stellten das Wachstum ein.
Bis dahin hatte der Wissenschaftler die parasitären Gewächse,
denen Jahr für Jahr ein Viertel der weltweiten Nahrungsmittelernte
zum Opfer fällt, mit Wärme zu bekämpfen versucht. Nun änderte er
seine Strategie und stellte seine Forschungsobjekte ins Licht.
«Für jeden Pilz gibt es eine Lichtart, die ihn hemmt», fand
Schmidt-Heydt heraus, indem er farbige Filter, wie sie auch auf
Theater- und Konzertbühnen für bunte Lichteffekte sorgen, unter die
Lampen hängte. Fusarien etwa, die Getreide und Mais auf den Feldern
befallen und deren Gifte ganze Ernten verderben können, mögen kein
Rotlicht. Penicillien, die bei der Erzeugung von Camembert-Käse und
Antibiotika zum Einsatz kommen, aber als Grünschimmel eingelagerte
Lebensmittel ruinieren, können Blaulicht nicht vertragen.
Für den promovierten Biologen eine wichtige Erkenntnis. Denn die
unsichtbaren Pilzgifte, die Mykotoxine, gehören zu den giftigsten
natürlichen Substanzen überhaupt. Ein Viertel der weltweiten Ernte
wird jährlich durch Schimmel vernichtet, bevor die Nahrungsmittel
überhaupt den Verbraucher erreichen. Damit sind Schimmelpilze noch
immer eines der großen ungelösten Probleme der Landwirtschaft,
erläutert Schmidt-Heydt. Wie viele Lebensmittel darüber hinaus noch
in Haushalten verschimmeln, weiß niemand.
Der 39-jährige Forscher will deshalb den schädlichen Pilzen den
Garaus machen, indem er sie ins rechte Licht rückt. Nicht ganz
einfach. Denn was man von ihnen als grünen Pelz auf altem Brot oder
als Pfifferling im Wald sieht, ist nur der Fruchtkörper. Der
eigentliche Pilz bildet ein feines, unsichtbares Geflecht aus
fadenförmigen Zellen unter der Oberfläche, das über ein
Quadratkilometer groß sein und ein hohes Alter erreichen kann.
Weil man das Ausmaß nicht erkennen kann, sollte man vom Schimmel
befallene Lebensmittel immer ganz wegwerfen, rät der Forscher.
Erhitzen durch toasten oder aufkochen sei sinnlos. «Der Pilz stirbt
dabei zwar ab, aber das Gift zerfällt teilweise erst bei 300 Grad.»
Um dem Schimmel etwas entgegensetzen zu können, haben
Schmidt-Heydt und seine Kollegen eine Licht-Box konstruiert. In den
Kammern der Apparatur können sie Proben unterschiedlichen Lichtarten
und Frequenzen aussetzen. «Mit schwachem Blaulicht kann man die Pilze
in der Toxinbildung hemmen, mit starkem kann man sie im Wachstum
hemmen. Und mit sehr starkem Blaulicht kann man sie abtöten»,
erläutert der Forscher.
«Die Toxinbildung durch Lichtinduktion zu verhüten, ist eine
vielversprechende Strategie», bestätigt auch Ebrahim Razzazi-Fazeli,
Professor für Bioanalytik an der Veterinärmedizinischen Universität
Wien. Bis zur praktischen Umsetzung sei es allerdings noch ein langer
Weg. Doch Schmidt-Heydt denkt schon an ganz simple mechanische
Lösungen: «Möglich wäre es, Lagerhäuser in der Dritten Welt durch
spezielle Buntglasscheiben, die für das richtige Licht sorgen,
schimmelsicher zu machen.»
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