(KORR-Bericht - Zum Welt-Down-Syndrom-Tag - 21. März) Trisomie-Bluttest: Von vielen kritisiert, von Tausenden angewandt Von Kathrin Streckenbach, dpa (Foto - aktuell geplant)

Über den Trisomie-Bluttest der Firma Lifecodexx wird seit seiner
Markteinführung heftig diskutiert: Ist er Entscheidungshilfe für
Schwangere - oder eine Methode zur Diskriminierung von Menschen mit
Behinderung?

Konstanz (dpa) - «Selektion», «Diskriminierung von Behinderten»,

«illegal»: Der umstrittene Trisomie-Bluttest der Konstanzer Firma
Lifecodexx ist seit Markteinführung 2012 heftig kritisiert worden.
Inzwischen habe sich der Test aber etabliert, sagt die Medizinische
Direktorin von Lifecodexx, Wera Hofmann. Der Behindertenbeauftragte
von Baden-Württemberg, Gerd Weimer, hält dagegen: «Das Designer-Baby

zeichnet sich am Horizont ab», sagt er. «Das muss
gesellschaftspolitisch begriffen und diskutiert werden.»

Der sogenannte «PraenaTest» kann mit Hilfe einer Blutprobe der
Mutter die Trisomien 21, 18 und 13 beim ungeborenen Kind ausschließen
oder bestätigen. Seit seiner Einführung im August 2012 wurde er
bereits bei mehreren tausend Schwangerschaften eingesetzt. «Wir gehen
scharf auf die 10 000 zu», sagt Marketingleiterin Elke Decker. Etwa
die Hälfte der Blutproben stammt aus Deutschland. Aber auch weltweit
wird der Test angewandt: Proben werden aus der Schweiz, aus Ungarn,
Bulgarien, der Türkei oder auch Dubai geschickt.

Durchgeführt wird der Test bei Frauen ab der vollendeten neunten
Schwangerschaftswoche, die ein erhöhtes Risiko für die Trisomien beim
ungeborenen Kind aufweisen. In der Regel müssen die Patienten die
Kosten von 825 Euro selbst zahlen. Entschließt sich eine Frau dazu,
den Test zu machen, schickt die Arztpraxis Blutproben an Lifecodexx.
Darin enthalten: Schnipsel des Erbguts von Mutter und Kind.

Aus der Blutprobe gewinnt das Labor in mehreren Schritten das
Erbgut, aus dem die kindliche DNA bestimmt wird - vorausgesetzt, ihr
Anteil daran liegt bei mindestens vier Prozent. «Wir schauen dann, ob
die Menge an kindlichem Erbmaterial für ein bestimmtes Chromosom
erhöht ist, um eine entsprechende Trisomie beim Ungeborenen zu
bestimmen», sagt Hofmann. Beim Down-Syndrom ist beispielsweise das
21. Chromosom dreifach vorhanden. Charakteristisch dafür sind
körperliche Auffälligkeiten und eine verminderte Intelligenz. Auf
diese Trisomie 21 macht auch der Welt-Down-Syndrom-Tag am 21. März
aufmerksam.

Neben dem «PraenaTest» stehen in Deutschland zurzeit noch zwei
weitere nicht-invasive Tests zur Verfügung: Der «Panorama-Test» der
Firmen Natera und Amedes, der seit Sommer 2013 auf dem Markt ist,
sowie der «Harmony-Test» der US-Firma Ariosa, der seit Herbst 2013
erhältlich ist. Beide werden in den USA ausgewertet.

Lifecodexx sei Vorreiter bei den in Deutschland zugelassenen,
nicht-invasiven Tests gewesen, sagt Heinz-Alfred Hagemann vom
Berufsverband niedergelassener Pränatalmediziner (BVNP). Zudem
orientiere sich die Firma «sehr stringent am Gendiagnostikgesetz» und
habe in Deutschland eine Nachbeobachtungsstudie initiiert. Diese
prüft laut Lifecodexx im praktischen Einsatz nach der Entbindung, ob
das Ergebnis korrekt war. Die Genauigkeit liege bei 99 Prozent.

Kritiker sehen in den Tests nach wie vor eine Diskriminierung von
Menschen mit Behinderung: Er verstoße «gegen das in der Konvention
der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen
normierte Recht auf Leben und muss bundeseinheitlich verboten
werden», sagt Gerd Weimer. «Wir brauchen zum Thema Pränataldiagnostik

so schnell wie möglich eine breite gesellschaftliche Diskussion.»

In den USA gebe es Firmen, die bis zu 80 Parameter im Blut testen
könnten. «Das geht los bei Gendefekten bis hin zu chronischen
Krankheiten wie Rheuma oder Asthma», sagte Weimer. Wenn das einmal in
Deutschland angewandt werde, habe er Sorge, dass der Druck für die
Menschen zu groß werde, die ein krankes Kind ohne vorherigen Test auf
die Welt brächten. «Das halte ich für eine furchtbare Entwicklung.»


Bei Lifecodexx weist man die Kritik zurück: «Wir empfinden das als
Vorwand», sagt Hofmann. Die nicht-invasiven Bluttests seien im
Gegensatz zu herkömmlichen invasiven Tests, etwa durch Punktion des
Mutterkuchens, risikofrei. «Unsere Gesellschaft hat sich entschieden,
diese Tests zuzulassen. Jetzt den schnelleren Zugang zu kritisieren,
ist fadenscheinig.» 98 Prozent aller bisher durchgeführten Analysen
seien unauffällig. «Wenn diese Frauen alle invasiv untersucht würden,

bestünde für sie das unnötige Risiko einer Fehlgeburt.»

Doch ein unauffälliges Testergebnis bedeutet nicht automatisch:
Mein Kind ist gesund. «Bei etwa vier Prozent aller Neugeborenen liegt
eine erblich bedingte Erkrankung vor», sagt Hofmann. «Andere
Erkrankungen entstehen beispielsweise durch Komplikationen vor,
während und unmittelbar nach der Geburt.»

Die Tests beinhalteten nur eine begrenzte Menge an Informationen,
sagt auch Hagemann. «Sie können nur etwas zu den genetischen
Dispositionen aussagen», sagt der Mediziner. «Aber nichts über eine
Bewertung des ganzen Kindes und seiner Lebensqualität.»

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