Teurer Klinik-Service: Muttermilch-Banken sind rar geworden Von Christiane Raatz, dpa
Muttermilch gilt als gesündeste Nahrung für Neugeborene. Doch für
Frauen, die nicht stillen können, wird es schwierig.
Muttermilch-Sammelstellen sollen helfen.
Dresden (dpa) - Abfüllen, untersuchen, einfrieren: Jeder Handgriff
von Elke Unger sitzt. Seit knapp 35 Jahren arbeitet die Schwester in
der Milchküche der Dresdner Uniklinik. Hier, im Keller des Dresdner
Uniklinikums, wird die Nahrung für alle Babys im Haus aufbereitet,
die nicht gestillt werden können. Entweder füllen die Schwestern die
abgepumpte Milch der Mutter für die Babys ab oder bereiten künstliche
Nahrung vor - rund 500 Portionen verlassen die Milchküche pro Tag.
Zudem gibt es an der Uniklinik eine Einrichtung, über die nur wenige
Kliniken in Deutschland verfügen: eine Sammelstelle für Frauenmilch.
Frauen, die jeden Tag mindestens 200 Milliliter Muttermilch übrig
haben, können die nahrhafte Flüssigkeit an der Uniklinik abgeben.
Zwischen 30 und 40 Frauen spenden pro Jahr, bis zu 600 Liter kommen
an der Uniklinik so zusammen. Muttermilch gilt als gesündeste Nahrung
für Neugeborene. Die Spendermilch kann helfen, Frühgeborene und Babys
zu ernähren, deren Mütter nicht stillen könnten.
«Leider hat die Spendenbereitschaft in den vergangenen Jahren
nachgelassen», berichtet Unger und führt die veränderten
Stillgewohnheiten an. Wurden Kinder früher nur alle vier Stunden an
die Brust gelegt, werde heute nach Bedarf und immer öfter gestillt.
«Da bleibt kaum etwas zum Abpumpen», so Unger. Dennoch sind die
Kühlschränke im Lager derzeit gut gefüllt. Bis zu einem halben Jahr
hält sich die schockgefrostete Milch.
Jede Spende wird mikrobiologisch auf Keime und Krankheiten
untersucht. «Um kein Infektionsrisiko einzugehen», erklärt die
Oberärztin der Kinder- und Jugendmedizin, Andrea Näke. Die
Untersuchungen machen die Milch teuer: Rund 50 Euro kostet der Liter,
wenn er an Eltern von außerhalb oder andere Kliniken abgegeben wird.
Für Neugeborene, die an der Uniklinik behandelt werden, ist die
Frauenmilch kostenlos. Der Bedarf wäre höher, wenn die Milch
preiswerter wäre, vermutet Näke. «Ein Liter Frauenmilch ist sehr
wertvoll.»
Während in den USA das Geschäft mit der Muttermilch schon länger
boomt, ist in Deutschland in diesem Jahr die erste private
Muttermilchbörse an den Start gegangen. Dort können Frauen von
anderen Müttern Milch für ihr Baby ordern, die Preise variieren
zwischen zwei und sechs Euro für 100 Milliliter. «Ich halte das für
grob fahrlässig, Muttermilch im Internet zu verkaufen», kritisiert
Näke. In der Milch könnten Keime enthalten sein.
Nach Angaben der European Milk Bank Association (EMBA) verfügen 13
der rund 200 Kinderkliniken in Deutschland über eine Sammelstelle,
die meisten davon im Osten. In der ehemaligen DDR waren die
Frauenmilchbanken weit verbreitet, rund 60 gab es laut EMBA noch im
Jahr 1989. Heute kann neben Dresden auch in Leipzig, Chemnitz,
Görlitz, Frankfurt/Oder, Eisenach oder Cottbus gespendet werden.
Dessau, Halle und Zwickau haben ihre Sammelstellen mittlerweile
abgeschafft. «Mit den Hygienestandards ist das auf Dauer zu aufwendig
geworden», so eine Sprecherin des Zwickauer Heinrich-Braun-Klinikums.
Dennoch hat sich das Jenaer Uniklinikum vor drei Jahren entschieden,
eine Frauenmilchbank einzurichten. «Wir haben wissenschaftliche
Daten, die zeigen, dass Muttermilch die derzeit optimale Ernährung
für Frühgeborene ist», erklärt Hans Proquitté, Leiter der
Neonatologie an der Jenaer Kinderklinik. Mit der Wende seien die
meisten der in Ostdeutschland verbreiteten Sammelstellen allerdings
geschlossen worden. «Erst langsam wächst wieder das Interesse.» Da
die Zahl der Frühchen steige, werde auch der Bedarf an gespendeter
Muttermilch wachsen, ist der Experte überzeugt.
Aus Sicht des Deutschen Hebammenverbandes sind die Frauenmilchbanken
von großer Bedeutung. Die wertvolle Nahrung könne Krankheitsrisiken
wie Darmerkrankungen minimieren und habe einen positiven Einfluss auf
die neurologische Entwicklung der Babys, erläutert Stillexpertin
Aleyd von Gartzen. «Deswegen wünschen wir uns, dass es wieder mehr
solcher Banken gibt.»
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