Umfrage: Masern-Erkrankungen ein Problem in vielen Ländern
Die Weltgesundheitsorganisation kämpft für die Ausrottung der Masern.
Einige Länder in Europa haben bereits eine Impfpflicht eingeführt.
Deutschland setzt vorerst auf Beratung.
Berlin (dpa) - Neue Krankheitsfälle, sinkende Impfbereitschaft:
Mehrere europäische Länder kämpfen bereits mit einer Impfpflicht
gegen die Ausbreitung der Masern. Das ergab eine Umfrage der
Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Nicht nur in Berlin hat die
gefährliche Kinderkrankheit, die auch Erwachsene treffen kann, wieder
zugenommen. Die meisten Experten in Deutschland lehnen jedoch einen
Impfzwang ab.
Eine IMPFPFLICHT gegen Masern besteht unter anderem in Bulgarien,
Estland, Kroatien, Serbien und Ungarn. In letzterem Land gab es seit
1990 keine Todesfälle wegen Masern mehr. In Kroatien und Serbien gibt
es starke Widerstände gegen den Impfzwang. Serbiens
Gesundheitsminister Zlatibor Loncar warnte vor der längst medizinisch
widerlegten Behauptung, Impfungen könnten zu Autismus führen. «Die
Kampagne ist mächtig, es gibt eine Lobby in Serbien, die die Gesetze
ändern will.»
In vielen anderen Staaten ist die Impfung bislang freiwillig, auch
wenn in einigen über einen Impfzwang diskutiert wird:
DÄNEMARK: Eine Empfehlung gibt es in Dänemark. Knapp 80 Prozent der
zwischen 1986 und 2009 Geborenen bekamen die zweite Masern-Impfung.
DEUTSCHLAND: Bei Kindern in Deutschland haben sich die Impfquoten
seit dem Jahr 2000 erheblich verbessert, wie Untersuchungen zum
Schulbeginn belegen. Mit der Erstimpfung lagen sie 2012 nach Angaben
des Robert Koch-Instituts (RKI) bei 96,7 Prozent, beim zweiten Piks
bei 92,4. Aber erst ab 95 Prozent kann eine Eliminierung der
Krankheit langfristig gelingen. «Insgesamt ist der Impfstatus in der
Bevölkerung weiterhin zu gering», sagte Anette Siedler vom RKI. Die
Bundesregierung setzt trotz des aktuellen Ausbruchs in der
Hauptstadt, bei dem ein Junge starb, vorerst auf Beratung.
ITALIEN: Die Impfquote bei Zweijährigen in dem Land liegt bei etwa 90
Prozent. Jedoch beziehen sich die Daten auf die erste Impfung,
vollständige Angaben zur zweiten gibt es nicht. Die Impfbereitschaft
im Land ist zuletzt gesunken.
FRANKREICH: Nach dem Berliner Todesfall wird die Impfpflicht in
Frankreich intensiver diskutiert. Von 2008 bis 2012 gab es nach
offiziellen Angaben mehr als 23 000 Masern-Fälle, fast 15 000 davon
allein in 2011 mit zehn Todesfällen. 2013 wurden noch 259 Fälle
gemeldet, 2014 waren es 267. Der Anteil der zweifach geimpften
Menschen ist gestiegen, wird aber vom nationalen Gesundheitsinstitut
Inpes als unzureichend angesehen. 2009 lag der Anteil bei den bis zu
15-Jährigen bei 83,9 Prozent (95,5 Prozent mit einer Impfung).
LETTLAND: In Lettland sind Impfungen gegen Masern freiwillig und
empfohlen. Erwägungen für eine Impfpflicht gibt es nach Angaben des
Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten nicht
.
LITAUEN: Noch sind die Impfungen gegen Masern in Litauen
freiwillig. Mit Beginn des kommenden Jahres gibt es auf Beschluss des
Gesundheitsministeriums aber eine Impfpflicht für Mädchen und Jungen,
die in den Kindergarten gehen wollen. Die Impfquote bei Masern, Mumps
und Röteln (MMR) in dem baltischen Staat liegt nach Angaben des
staatlichen Zentrums für übertragbare Krankheiten bei 93 Prozent.
NIEDERLANDE: Gut 95 Prozent der Mädchen und Jungen sind gegen Masern
geimpft. Nach Informationen der Gesundheitsbehörden erkranken
jährlich etwa zehn Kinder an der Virusinfektion. Vor rund einem Jahr
brach eine Masern-Epidemie aus, betroffen waren Kinder
orthodox-protestantischer Eltern, die Impfungen aus Glaubensgründen
ablehnen. Über 2600 Menschen wurden krank, eine 17-Jährige starb.
ÖSTERREICH: Eine Impfpflicht wird dort weitgehend abgelehnt, so auch
von der Ärztekammer des Landes. Nach Auskunft des
Gesundheitsministeriums wäre ein Zwang verfassungswidrig. Die Zahl
der Masern-Fälle ist allerdings in Österreich gestiegen. Allein im
Januar und Februar wurden nach Angaben der Medizinischen Universität
Wien bereits 47 Fälle gezählt. Im gesamten Vorjahr waren es 114. Die
Durchimpfungsrate bei Kleinkindern liegt bei 95 Prozent. Impflücken
gibt es bei den 15- bis 35-Jährigen.
RUMÄNIEN: Eine Diskussion über das generelle Impfen von Kindern ist
in den vergangenen Tagen in Rumänien entbrannt. Kritik an Vakzinen
üben unter anderem viele Priester, aber auch einige Ärzte, die
Naturheilkunde in Kombination mit religiösen Ritualen anwenden. Ihre
Argumente lauten: Masern, Mumps und Röteln seien ungefährlich, und
das Impfen nütze nur der Pharmaindustrie.
SCHWEIZ: Die Schweiz hat sich wie viele Länder verpflichtet, die
Masern zu eliminieren und dafür 2012 eine nationale Strategie
ausgearbeitet. Bis Ende 2015 sollte die Krankheit dort ausgerottet
sein. Eine Impfpflicht besteht aber nicht. Die Bereitschaft zu den
zwei empfohlenen Impfungen sei recht groß, so dass die WHO-Vorgabe -
eine Durchimpfungsrate von 95 Prozent - näher rücke, heißt es beim
Bundesamt für Gesundheit. In der Gruppe der zwei- bis achtjährigen
Kinder haben bislang 86 Prozent beide Impfdosen erhalten. Bei den
16-Jährigen bereits 89 Prozent. Schlechter sieht es aber bei den
Erwachsenen aus.
SPANIEN: Der Masern-Schutz gehört in Spanien zum Standardprogramm von
Impfungen für Kinder, ist aber nicht Pflicht. 2005 waren Masern - bis
auf wenige Ausnahmefälle - aus Spanien fast verschwunden. Es gibt
jedoch vermehrt Eltern, die ihre Kinder nicht impfen lassen. Dadurch
nahm die Zahl der Fälle in jüngster Zeit wieder zu. Vor vier Jahren
waren an einer Schule in Granada mehrere Masern-Fälle aufgetreten.
Daraufhin entschied ein Gericht, dass die 30 Kinder, die nicht
geschützt waren, die Impfung nachholen mussten.
USA: Neue Ausbrüche haben in den USA die Debatte über eine
Impfpflicht aufflammen lassen. In «Disneyland» habe vermutlich jemand
aus Übersee im Dezember die Masern eingeschleppt, so die
US-Gesundheitsbehörde CDC. Insgesamt 118 Fälle gab es allein infolge
dieser Infektion bislang. 2014 gab es laut CDC 644 Fälle - so viele
wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr, als die Krankheit in den USA
eigentlich für ausgerottet erklärt worden war. Die meisten Schulen
schreiben die Impfung vor. Viele Bundesstaaten lassen aber Ausnahmen
aus religiösen oder moralischen Gründen zu. Zehntausende Eltern haben
davon Gebrauch gemacht, auch aus Argwohn gegen die Regierung oder
Pharmaindustrie. Insgesamt sind nach Schätzungen von Ärzten rund ein
Zehntel der Kinder in den USA nicht ausreichend geschützt.
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