Kampf den Rückenschäden - Autobranche setzt auf neue Montagemaschinen Von Wolf von Dewitz, dpa

Anheben, rüberhieven, abstellen - Bewegungen von Bandarbeitern in der
Autobranche sind bisweilen monoton und anstrengend. Das kann mächtig
auf den Rücken gehen. Die Autobranche hat das Problem erkannt. Ihr
Motto: Lasst mal die Maschinen machen.

Stuttgart (dpa) - Schluss mit den Verrenkungen. Ob es die
Auto-Mittelkonsolen sind, die umständlich ins Innere der
Mercedes-Karosserie hineingehievt werden müssen, oder Tanks, die von
unten anzubringen sind - all solche Arbeitsbewegungen könnten künftig
der Vergangenheit angehören in Autowerken. Die Zauberwörter hierfür
heißen C-Gehänge oder Ergoskids - das sind Vorrichtungen, mit denen
schwere Bauteile automatisch geschwenkt oder gehoben werden. Der
Autobauer Daimler hat solche Vorrichtungen an einigen Standorten
bereits eingeführt, nach der Verabschiedung einer Konzernstrategie am
Dienstag könnten sie alsbald umfassender genutzt werden.

Hintergrund des Ganzen: Die Mitarbeiter sollen bloß keine
Rückenschäden bekommen oder Knieprobleme durch ständiges Hochheben.
Ergonomische Verbesserungen sollen den Gesundheitsschutz im Betrieb
stärken. Dies ist aus Sicht von Daimler quasi ein Gegenmittel zum
demografischen Wandel. «Wir sehen eine Alterswelle auf uns zurollen»,
sagt Daimler-Personalvorstand Wilfried Porth. «Wir wissen, dass das
Durchschnittsalter im Konzern steigen wird und damit auch das
Durchschnittsalter am Band.» Heute seien kaum über 60 Jahre alte
Mitarbeiter am Band, dies werde sich in den nächsten Jahren aber
ändern. «Deswegen müssen wir uns frühzeitig vorbereiten», sagt Po
rth.

Die gelenkschonenden Systeme sind im Daimler-Reich bisher keineswegs
flächendeckend installiert - in Werken wie beispielsweise
Sindelfingen ist man recht weit, in anderen Standorten eher nicht.
Verbesserungen seien dringend notwendig, sagt
Daimler-Gesamtbetriebsratchef Michael Brecht. Es gebe noch immer
«sehr viele Mitarbeiter, die gesundheitlich angeschlagen sind». Und
weiter: «Wir sind auf einem guten Weg, aber es ist noch viel zu tun.»


Es geht keineswegs nur um Rückenschmerzen, sondern auch um psychische
Belastungen. Der Leiter der Montage in Sindelfingen,
Emmerich Schiller, präsentierte ein Wägelchen, das von selbst an
Regalen mit Bauteilen vorbeifährt. Bis vor eineinhalb Jahren mussten
Mitarbeiter den Wagen noch anschieben und anhand eines Papiers die
einzelnen Schrauben, Platten und anderen Autoteile einsammeln. Die
Fehlerrate war relativ hoch. Nun müssen die Mitarbeiter nicht mehr
schieben, zudem sagt ihnen ein Display genau, was sie wo einsammeln
müssen. «Die Fehlerrate hat sich dramatisch reduziert», sagt
Schiller. Auch der Stressfaktor sei deutlich gesunken.

Klar ist: Die automatisierten Wägelchen kosten deutlich mehr Geld als

ihre simplen Vorgängermodelle. Nach Ansicht von Montage-Chef Schiller
ist aber ebenfalls klar: «Das rechnet sich.» Schließlich sinke durch

solche rücken- und nervenschonende Technik die Zahl der
Krankmeldungen und Frühverrentungen.

Die Dringlichkeit ergonomischer Verbesserungen hat letztlich die
ganze Branche erkannt. Porsche beispielsweise hat in seinem Leipziger
Werk bereits seit 2009 Montagemaschinen, mit denen die Karosserie um
bis zu 90 Prozent gedreht wird. In Stuttgart-Zuffenhausen lasse sich
die Arbeit an den unfertigen Autos «in nahezu jedem Schritt auf die
Körpergröße der einzelnen Mitarbeiter einstellen», so ein Sprec
her.
Auch bei BMW sieht man sich gut dabei. Ein Sprecher versichert: «Hohe

ergonomische Standards und Hilfsmittel wie [...] Roll-Hocker oder
Schwenkmontagen machen die Arbeit für die Mitarbeiter so einfach und
gesund wie möglich.»

Ergonomisch bessere Werksprozesse? Daumen rauf, signalisiert hierzu
auch die Gewerkschaft IG Metall. Daimlers Ergonomie-Offensive habe
sicherlich Vorbildcharakter, sagt Baden-Württembergs IG-Metall-Chef
Roman Zitzelsberger. Zugleich gibt er aber zu bedenken: «Der
Leistungsdruck hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen.» Es
sei eine generelle Trendumkehr in der Branche notwendig, um diesem
immensen Druck und den damit verbundenen negativen Auswirkungen
einen Riegel vorzuschieben.

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