«Legalisierte Schwarzarbeit»: Kontrolle häuslicher Pflege schwierig Von Lena Müssigmann, dpa

Die Schwarzarbeit in Deutschland geht Schätzungen zufolge weiter
zurück. Kaum kontrollierbar sind Arbeiten in Privathaushalten.
Besonders in der Betreuung von Senioren vermuten Experten einen
großen Anteil an Schwarzarbeit.

Tübingen/Linz (dpa) - Wer eine kostengünstige Betreuerin für die
pflegebedürftige Mutter, den dementen Vater sucht, kann über
Kleinanzeigen fündig werden, oder bekommt eine Empfehlung über
Mundpropaganda im Dorf. So schildert die Sprecherin des Verbandes für
häusliche Betreuung und Pflege, Juliane Bohl, die Situation. Die
Pflegerinnen kämen größtenteils aus Osteuropa, die Betroffenen
wollten vor allem Geld sparen. «Wir gehen davon aus, dass 90 Prozent
der Betreuung in häuslicher Gemeinschaft in Illegalität stattfindet.»


Damit ist die 24-Stunden-Betreuung älterer Menschen - als Bestandteil
der sogenannten haushaltsnahen Dienstleistungen - eines der
Hauptfelder für Schwarzarbeit. Größer ist die Schattenwirtschaft nur

noch im Baugewerbe und im Handwerk, wie Friedrich Schneider von der
Universität Linz berichtet.

Doch anders als beim Bau sind Kontrollen im Pflegebereich schwierig.
Zwar darf der Zoll jederzeit eine Firma betreten, um nach dem Rechten
zu sehen. Doch im Privathaushalt braucht es einen richterlichen
Durchsuchungsbeschluss, um ein Anstellungsverhältnis zu prüfen, wie
der Sprecher der Generalzolldirektion, Klaus Salzsieder, erklärt.
«Solche Beschlüsse kriegen wir, aber dafür braucht es einen heftigen

Anfangsverdacht.»

Studienautor Schneider spricht von «legalisierter Schwarzarbeit» im
Pflegebereich. Wenn sich eine Betreuerin aus dem Ausland als
selbstständige Unternehmerin präsentiert, werde von den privaten
Auftraggebern oft nicht kontrolliert, ob sie ihr Geld in der Heimat
versteuert. Angehörige der Betreuten müssten sich dafür in
ausländisches Recht einlesen - je nachdem, wo die Pflegekraft
herkommt, sagt Bohl vom Verband für häusliche Betreuung und
Pflege. «Das ist zu kompliziert für Frau Müller, die eine Betreuung

für ihren Vater braucht.» 

Der finanzielle Druck bei Betroffenen scheint groß zu sein. «Wir
bekommen durchaus Anrufe von pflegenden Familienangehörigen, die fü
r
70 Euro am Tag eine Betreuungskraft für die demenzkranke Mutter
suchen», sagt Andreas Worch, Geschäftsführer einer
Vermittlungsagentur für freiberufliche Pflegekräfte in Berlin. Das
könne er nicht anbieten, selbst osteuropäische Dienstleister seien
inzwischen schon teurer. Die Anwerbung von Pflegekräften, die sich
mit so geringer Bezahlung zufrieden geben, verschiebe sich bereits
nach Weißrussland.

«Die Mitarbeiter unserer Sozialstationen kommen öfters in Haushalte,
in denen vorher nicht fachgerecht gepflegt wurde», berichtet
Caritas-Präsident Peter Neher. Wer keine ausgebildete Pflegefachkraft
sei, mache Fehler und verursache Folgekosten. Ein offener Rücken bei
einem Patienten, der nicht richtig gelagert wurde, müsse im
Krankenhaus behandelt werden.

Der Caritasverband Paderborn hat eine pragmatische Lösung gefunden:
Eine Caritas-Pflegefachkraft besucht legal angestellte Hilfskräfte in
Privathaushalten von Zeit zu Zeit und schult sie. So würden Fehler in
der Pflege vermieden und die Zahl der legalen Arbeitsverhältnisse in
der Betreuung erhöht. Neher betont: «Wir haben auch eine
Verantwortung gegenüber den Hilfskräften.»

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