Nach dem Herzinfarkt zurück in den Job? Nicht immer leicht Von Andrea Barthélémy, dpa

Depressionen und Ängste können Infarktpatienten eine Rückkehr in den

Job erschweren. Doch viele schaffen es - vorausgesetzt sie nutzen
ihre Möglichkeiten.

Dallas/Kopenhagen (dpa) - Ein Herzinfarkt rüttelt das Leben der
Betroffenen komplett durcheinander - und der Weg zurück ins
Arbeitsleben ist nicht immer einfach. Relativ häufig scheitert er
längerfristig an psychosozialen Problemen wie Depressionen und
Ängsten - aber auch aus anderen Gründen.

Nun haben dänische Forscher im Journal der Amerikanischen
Herz-Gesellschaft die bislang größte Studie zum dem Thema
veröffentlicht. Von den 22 394 dänischen Herzinfarkt-Patienten, die
vor der Attacke gearbeitet hatten, waren demnach 91 Prozent ein Jahr
später wieder berufstätig.

Jeder vierte dieser Wiedereinsteiger war allerdings nach einem
weiteren Jahr ausgeschieden und bezog Sozialleistungen. Hochgerechnet
auf die Ausgangszahl sind demnach etwa 70 Prozent der
Herzinfarkt-Patienten nach zwei Jahren noch im Job.

«Die Fähigkeit, nach einem Herzinfarkt weiter zu arbeiten, ist
maßgeblich für Lebensqualität, Selbstwertgefühl, emotionale und
finanzielle Stabilität», betont Hauptautor Laerke Smedegaard von der
Universitätsklinik in Hellerup. Das gelte nicht nur für die Menschen
in Dänemark, sondern fast noch mehr für diejenigen in Ländern mit
weniger entwickelten Sozial- und Wohlfahrtssystemen.

Die höchsten Ausfallraten hatten neben den 60 bis 65-Jährigen dabei
überraschenderweise die 30 bis 39-Jährigen - ausgerechnet diejenigen,
die eigentlich noch ein längeres Arbeitsleben vor sich hätten. Neben
Depressionen waren erneute Herzprobleme und Diabetes starke
Risikofaktoren für ein vorzeitiges Berufsende.

Insgesamt hatten die Forscher Zugriff auf Daten von mehr als 39 000
Dänen im Alter von 30 bis 65 Jahren, die zwischen 1997 und 2012
erstmals einen Herzinfarkt erlitten hatten.

Deutsche Forscher loben die hohe Aussagekraft der umfassenden
dänischen Studie. «Wir haben in Deutschland nichts Vergleichbares,
was an diese Patientenzahlen herankäme», betont Karl-Heinz Ladwig,
Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und
Professor für Psychosomatische Medizin am Klinikum Rechts der Isar in
München. Dennoch deuteten eine Reihe kleinerer Studien und auch
Beitragszahlen zur Deutschen Rentenversicherung darauf hin, dass die
Situation hierzulande ähnlich sei.

Abhängig vom jeweiligen Erhebungsprofil, das sich nicht mit dem der
dänischen Studie deckt, sind in Deutschland zwei Jahre nach einer
kardiologischen Reha etwa 75 bis 85 Prozent der Patienten
berufstätig. Teils allerdings mit Unterbrechungen oder nur Teilzeit.

«Wir haben eine hohe Rate an Post-Infarkt-Depressionen», sagt Ladwig.
Etwa drei Viertel der Patienten seien davon betroffen. Hier sei die
Reha immens wichtig, «um Ängste zu verlieren und Vertrauen in den
Körper zurückzugewinnen».

An diesem Punkt sieht Bernhard Schwaab, Kardiologe und
Reha-Spezialist an der Curschmann-Klinik (Timmendorfer Strand), ein
Kernproblem. Denn: «Nur die Hälfte der Infarktpatienten geht
überhaupt in die Reha.» Hier seien seine Kollegen noch mehr in der
Pflicht, die Patienten im Akutstadium auf dieses Angebot hinzuweisen.
Aber es zeigt sich seiner Meinung nach auch die soziale Schere
zwischen den Betroffenen: Wer Familie hat, mehr Bildung und
Unterstützung durch ein informiertes Umfeld, weiß über
Reha-Möglichkeiten in der Regel eher Bescheid.

Auch geringeres Einkommen - und drohende Einkommensverluste, weil
prekäre Jobs oft schnell gekündigt werden - nennt Schwaab als
Hinderungsgrund für viele Betroffenen, sich drei Wochen Zeit zum
Neustart in der Reha zu nehmen. Besonders auffällig sei dieser
Verzicht bei Frauen. «Die Frauen, die derzeit betroffen sind, leben
oft noch das traditionelle Rollenmodell, halten den Haushalt
zusammen, oder sie sind alleinerziehend.» Die Folge: Ohne Reha haben
sie es noch schwerer, Lebensgewohnheiten zu ändern, mit dem Rauchen
aufzuhören, sich gesünder zu ernähren oder mehr zu bewegen.

Und auch nach der Reha-Zeit sei es wichtig, nicht wieder in den alten
Trott zu verfallen. «Hier ist noch eine Achillesferse», sagt Schwaab.
Zwar gibt es einige Nachsorgeangebote, aber sie sind kaum bekannt.

Dabei stehen die Chancen auf aktive Lebensjahre nach dem Infarkt gar
nicht schlecht, wenn man sein Leben anpasst. «Eigentlich sind das
sehr positive Aussichten», sagt Ladwig. Schon ein halbes Jahr nach
dem Erstinfarkt sinkt das Risiko für einen weiteren Infarkt deutlich
und liegt zwei Jahre später nur noch bei sechs Prozent.

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