Bussis als Lebenselixier - Tipps und Traditionen zum Tag des Kusses Von Ulrike von Leszczynski, dpa
Ein Kuss ist nur ein Kuss? Weit gefehlt. Für Forscher sind
leidenschaftliche Küsse bedeutsamer als Sex. Und die Kulturgeschichte
des Knutschens ist reich an Überraschungen.
Berlin (dpa) - Heute schon ein Küsschen bekommen? Dann ist ja gut.
Denn wer wenig küsst, bekommt nicht nur schneller Falten, sondern ist
auch sonst oft schlechter drauf. Und für die Liebe sind Küsse ohnehin
unentbehrlich - für manche Forscher sogar wichtiger als Sex. «Wenn
ein Paar aufhört zu küssen, sind sie innerlich schon dabei, sich zu
trennen», sagt der Berliner Psychologe und Buchautor Wolfgang Krüger.
Nicht zu unterschätzen zum Tag des Kusses am 6. Juli ist neben aller
Romantik die Chemie. Die Lust aufs Küssen ist auch ein Spiel der
Hormone.
Wahrscheinlich küsst die Menschheit schon seit Urzeiten. Der Anfang
in der Evolutionsgeschichte klingt allerdings eher unromantisch.
Küssen diente vor allem der Weitergabe zerkleinerter Nahrung an
Kinder, die noch nicht selbst kauen konnten. Mit Schneiden und Kochen
fiel diese Funktion weg. «Doch das Küssen als eine sehr intime Form
der Begegnung blieb erhalten», sagt Kussforscher Krüger. Die erste
schriftliche Erwähnung des Küssens finde sich in den indischen Veden,
einer Sammlung religiöser Texte, 3500 Jahre alt, ergänzt er. «Deshalb
wird das Küssen als bewusste, sozial-kulturelle Handlung auf diesen
Zeitraum datiert.»
Die Faszination hat Menschen durch alle Zeiten begleitet. In der
Bibel hebt das «Hohelied» Salomons mit einer leidenschaftlichen
Aufforderung zum Knutschen an, der römische Dichter Ovid beschreibt
Küssen in seiner «Ars amatoria» (Liebeskunst). Bildhauer wie Auguste
Rodin, Maler wie Gustav Klimt, Schriftsteller, Dichter und
Filmregisseure haben sich immer wieder neu um das Thema verdient
gemacht. Und für den Kuss hat fast jede Sprache ein eigenes Wort
gefunden, vom Albanischen «puthje» bis zum Vietnamesischen «danh to
».
Ist die Freude am Küssen den Menschen vorbehalten? «Es gibt Affen und
sogar Fische, die sich küssen», berichtet Krüger. Wissenschaftler
seien sich allerdings unsicher, ob das ein Liebesritual ist oder der
gegenseitigen Fütterung dient.
58 Stunden, 35 Minuten und 58 Sekunden soll nach einem Eintrag im
Guinness-Buch der Rekorde einer der längsten Küsse der Welt gedauert
haben - ausgetauscht von einem thailändischen Paar. Lässt sich Küssen
generell vermessen? Erst in den vergangenen Jahrzehnten spürten
Wissenschaftler den chemischen Grundlagen im Körper nach. Ein
Ergebnis: Die Lust aufs Küssen entsteht durch das Zusammenspiel einer
Vielzahl von Hormonen - und hat neben dem Wohlfühleffekt offenbar
auch Vorteile für die Gesundheit.
Ein paar Beispiele? Die Pulsfrequenz steigt und der Stoffwechsel
verbessert sich. Vielküsser könnten dadurch weniger anfällig für
Bluthochdruck und Depressionen sein, hieß es schon vor 15 Jahren in
einer Untersuchung zum deutschen Jahr der Chemie. Der ausgetauschte
Speichel soll gut für das Immunsystem und die Zähne sein, weil
antimikrobielle Enzyme Karies und Parodontose vorbeugen. Um tiefe
Falten brauchen sich eifrige Küsser auch weniger Sorgen zu machen.
Sie trainieren alle 34 Gesichtsmuskeln auf einmal und straffen so
ihre Haut. Und ein leidenschaftlicher Kuss gibt aus
wissenschaftlicher Sicht den gleichen Kick wie 25 Gramm Schokolade -
mit einem Vorteil: Er macht nicht dick.
Nach Umfragen verteilen die Deutschen im Durchschnitt täglich zwei
bis drei Bussis. Mit 70 Jahren haben sie damit hochgerechnet 76 Tage
lang geküsst. Nicht nur leidenschaftlich. Wangenküsschen als
Begrüßungsritual setzten sich bei jungen Leuten in Deutschland immer
weiter durch, berichtet Krüger. «Wir sind aufgeschlossener gegenüber
mehr Körperkontakt. Zärtlichkeiten spielen heute eine größere und
selbstverständlichere Rolle.»
US-Wissenschaftler haben weltweit Traditionen untersucht und
festgestellt, dass der romantische Kuss nur in rund der Hälfte der
Kulturen (46 Prozent) üblich ist. Es gibt Bruderküsse wie in
Osteuropa. Und es gibt Politikerküsse. Und wann ist ein Kuss ein
guter Kuss in Sachen Liebe? «Küssen setzt zum einen Spürsinn voraus
»,
sagt Krüger. «Man muss spüren, was dem anderen gefällt, seine
sinnlichen Botschaften aufnehmen, quasi mit ihm reden.» Küsse seien
Gespräche der Lippen und der Zunge. «Es ist der sinnlichste und
intimste körperliche Austausch, den wir kennen», ergänzt er. «Sex
kann distanziert sein, aber intensive Küsse sind immer eine sehr
intime Form der Annäherung.»
Vom sehr zarten Kuss bis zum leidenschaftlichen, fast gierigen gebe
es unzählige Melodien. Das Volumen der Lippen spiele dabei keine
Rolle, betont Krüger. «Wenn jemand allerdings sehr verkniffen ist und
quasi schmallippig durchs Leben geht, ist er immer ein schlechter
Küsser.» Dass Menschen beim Küssen gern die Augen schließen, hält
er
für eine nachvollziehbare Entscheidung. Küssen spreche alle fünf
Sinne gleichzeitig an - das Sehen, Hören, Riechen, Tasten und
Schmecken. Werde ein Sinn ausgeblendet, gebe es mehr Wahrnehmung bei
den übrigen.
US-Forscher fanden heraus, dass Menschen, die sich morgens mit einem
Schmatz von ihren Liebsten verabschieden, beruflich erfolgreicher
sind und weniger Unfälle bauen. Das liege aber nicht nur am Kuss
allein, mutmaßt der Psychologe. Sondern am positiven Start in den
Tag. Und noch etwas: Wer gern und oft küsst, ist laut Forschung
glücklicher und lebt fünf Jahre länger.
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