Pflanzenzucht für Kiffer - Growshops machen Geschäfte im Grenzbereich Von Göran Gehlen und Swen Pförtner
Grow- und Headshops handeln mit Zubehör für Cannabis-Konsumenten. Ihr
Geschäft ist in der Regel legal. Doch ein spezieller
Cannabis-Wirkstoff sorgt für Ärger mit Behörden.
Kassel/Wiesbaden (dpa/lhe) - Ein Kunde spricht über seine
Marihuana-Zuchtpläne, ein merkwürdiger Kerl fragt nach seltsamen
Samen oder die Polizei steht mit einem Drogentütchen vor der Tür -
Dennis Seifert hat in seinem Job schon viel Verrücktes erlebt. Der
28-Jährige hat einen ungewöhnlichen Arbeitsplatz: Er berät im
Kasseler Grow-Shop «Grow-Kit» Kunden, manchmal steht er auch im
Headshop «Jelly Joker» nebenan am Tresen.
Headshops verkaufen Rauchzubehör wie die bei Cannabis-Konsumenten
beliebte Wasserpfeife «Bong», Growshops Zubehör zur Pflanzenzucht in
den eigenen vier Wänden. Nach Angaben des Landeskriminalamts (LKA)
gibt es 39 Headshops in Hessen, 15 vertreiben auch Geräte zur Zucht.
Bundesweite Zahlen fehlen. «Es dürften aber mehrere Hundert Shops
sein», sagt Georg Wurth, Sprecher des Deutschen Hanfverbands.
Die Läden arbeiten in der Regel legal. «Das Angebot und der Verkauf
dieser Waren werden vom Gesetzgeber nicht sanktioniert und sind
gesellschaftlich weitgehend toleriert», erklärt LKA-Sprecher
Christoph Schulte. Für welchen Zweck die Kunden die Waren erwerben,
stehe nicht in der Verantwortung der Verkäufer. Die Anbieter seien in
der Regel bemüht, nicht gegen geltende Gesetze zu verstoßen.
Im Alltag bedeutet das, die Rechtslage zu kennen und seine Worte mit
Bedacht zu wählen. Will der Kunde wissen, was man mit einem
Verdampfer macht, erklärt Seifert, «dass das zum Verrauchen von
Tabakwaren ist, nicht, dass man da Gras reinmacht». Auch bei der
Arbeit im Growshop muss er aufpassen: Hier gehen vor allem Dünger,
LED-Beleuchtung und Pflanzenzelte über die Ladentheke. Damit kann man
einen Bonsai oder Hopfen züchten - aber auch Cannabis. Dazu darf
Seifert seine Kunden nicht beraten: «Die Erzeugung von
Betäubungsmitteln ist verboten.»
Der 28-Jährige weiß, dass nicht jeder Käufer legale Sachen mit den
Produkten anstellt. So komme es vor, dass die Polizei mit Tütchen, in
denen Drogen sind, vor der Tür stehe - weil darauf des Logo des Shops
abgebildet ist. «Das ist der Klassiker», sagt er. «Jelly Joker»
verkaufe diese Tütchen - aber ohne Inhalt. Bisher habe es aber noch
nie Probleme mit der Polizei gegeben.
Trotzdem sind Ermittler nicht glücklich über die Läden: «Kann man d
en
Headshop-Betreibern noch unterstellen, ihr Angebot zumindest
teilweise auf Verbraucher von legalen Genussmitteln auszurichten,
steht das Warensortiment der Growshops bewusst für den illegalen
Anbau von Cannabis, insbesondere in Indoor-Plantagen zur Verfügung»,
heißt es vom LKA.
Trotzdem hat sich das Verhältnis zwischen Behörden und Shops
entspannt: «Um nicht in den Fokus der Ermittlungsbehörden zu geraten,
haben sich viele Shops von dem Angebot neuer psychischer Substanzen,
im Volksmund immer noch irrtümlich "Legal Highs" genannt, gelöst»,
sagt LKA-Sprecher Schulte. «Die Shops arbeiten relativ unbehelligt»,
erklärt der Hanfverband. Ob die Läden in den Fokus von Ermittlern
gerieten, hänge oft von der Einstellung örtlicher Staatsanwälte ab.
Dass es seit einigen Monaten verstärkt Ärger gibt, liegt am
wachsenden Handel mit Cannabidiol (CBD). «Hierbei handelt es sich
schlicht um Blüten, die aus zugelassenen EU-Industriehanfsorten
gewonnen werden», erklärt das LKA. Sie seien optisch von
Marihuanablüten, also Blüten mit einem hohen und berauschenden Gehalt
des Wirkstoffes THC, nicht zu unterscheiden. Problematisch für die
Behörden sei die relativ einfache Möglichkeit CBD in THC umzuwandeln.
Laut Hanfverband erlaubt das Betäubungsmittelgesetz den Verkauf von
CBD - sofern es «ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen
Zwecken dient, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen».
«Bei den Ausnahmen im Gesetz für den Nutzhanf haben sich die Behörden
vorgestellt, dass es um die industrielle Verarbeitung geht», sagt
Verbandssprecher Wurth. Man habe nicht gedacht, dass Leute es rauchen
würden. Denn CBD berausche nicht, sondern habe eine entspannende,
krampflösende Wirkung.
So entstand eine juristische Grauzone. Die Kernfrage: Ist der Verkauf
von CBD-Cannabis an Endkunden ein gewerblicher Zweck? «Daran scheiden
sich die Geister», erklärt der Hanfverband. «Die Staatsanwaltschaft
Trier hat im März 2019 ein Ermittlungsverfahren wegen der Veräußerung
von CBD-haltigen Produkten gegen einen örtlichen Headshop-Betreiber
eingeleitet, der weitere Geschäfte in verschiedenen deutschen Städten
betreibt», erklärt das LKA. Einige weitere Staatsanwaltschaften
hätten nachgezogen und Ermittlungsverfahren gegen Anbieter eröffnet.
Cannabidiol gibt es im «Jelly Joker» nicht. Dennis Seifert hält die
Aufregung darum für übertrieben. Ohne Rausch werde es keine große
Nachfrage geben. Angesichts des schnellen Wuchses und der
Vielseitigkeit als Essen oder Rohstoff solle Hanf auf jeden Fall als
Nutzpflanze verwendet werden. «Das hat nur Vorteile», sagt er.
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