Ausgeknockt nach einem Drink: Verbrechen mit K.-o.-Tropfen Von Anika von Greve-Dierfeld, dpa

Keine Erinnerung, Willenlosigkeit bis hin zur Lähmung, Enthemmung
oder auch Bewusstlosigkeit: K.-o.-Tropfen im Drink sind
brandgefährlich und die Dunkelziffer der Opfer ist hoch. Wie kann man
sich davor schützen? Es gibt verschiedene Ideen.

Karlsruhe (dpa) - Die Fälle ähneln sich: In Hamburg vergewaltigt ein
60-Jähriger eine 19-Jährige und gibt vor Gericht zu, dass
K.-o.-Tropfen im Spiel waren. Frauen werden in Düsseldorf in Hotels
gelockt und vergewaltigt - vermutlich wurden K.-o.-Tropfen genutzt.
In München kämpft eine Frau momentan um einen Prozess gegen einen
ihrer mutmaßlichen Vergewaltiger - ihrer Überzeugung nach hat sie
K.-o.-Tropfen bekommen. In Freiburg läuft derzeit ein Prozess wegen
der Gruppenvergewaltigung einer 18-Jährigen - laut Anklage wurden
auch ihr K.-o.-Tropfen verabreicht. Jedes Mal waren sie in Getränken
versteckt.

Die Taten sind verstörend, die Dunkelziffer laut der
Opferschutzorganisation Weißer Ring, die auch die 36-Jährige in
München in ihrem Kampf um eine Anklage unterstützt, beträchtlich.
«Die Substanzen lassen sich nur sehr kurzfristig nachweisen. Wir
gehen deshalb schon davon aus, dass die Dunkelziffer relativ hoch
ist», sagt ein Sprecher. Nach Angaben des Bundeskriminalamts ist die
in polizeilichen Statistiken registrierte Fallzahl zwar gering und
bewege sich seit einigen Jahren relativ stabil im unteren
dreistelligen Bereich. «Das Dunkelfeld dürfte weitaus größer sein.
»

Das Tückische an den Tropfen ist nicht nur, dass sie wenige Stunden
nach Einnahme nicht mehr nachzuweisen sind. Sondern auch, dass sie
geruchs- und geschmacksneutral sind. Einmal im Getränk, merken die
Opfer zunächst nichts davon, bis die Wirkung einsetzt. «Mir wurde
schwindelig und schlecht», berichtet eine 18 Jahre alte Betroffene.
Sie verließ daraufhin den Club, in dem sie zuvor mit ihrer Clique
gefeiert hatte, mit dem «Freund des Freundes einer Freundin», um nach
Hause zu fahren. Er habe sich im Auto an ihr vergangen, die junge
Frau sei durch die Tropfen widerstandsunfähig und wie gelähmt
gewesen.

«Jeder kennt jemanden, der irgendwie schon mal mit K.-o.-Tropfen in
Kontakt war», erzählt Unternehmerin Kim Eisenmann. Nachdem die 30
Jahre alte Karlsruherin einen solchen Fall im Bekanntenkreis erlebte,
entwickelte sie gemeinsam mit ihrem Freund ein spezielles Armband.
Wird der Tropfen eines Getränkes auf einen der darauf liegenden
Testpunkte gegeben, verfärbt sich der Bereich. Eisenmanns Worten
zufolge können Drinks so auf die bekanntesten K.-o.-Tropfen getestet
werden.

Wie sicher dies ist - auf dem Markt gibt es auch andere Schnelltests
- ist umstritten. Nicht alle Substanzen werden abgedeckt. Dennoch:
Seit Eisenmann das Armband im Online-Shop einer Drogeriemarktkette
vermarktet, sei die Nachfrage enorm und das Band zwischenzeitlich
ausverkauft gewesen. Im Laufe des Augusts soll das Band daher auch in
Filialen zu kaufen sein, sagt ein Sprecher des Unternehmens dm.

Eine Einschätzung zum realen Ausmaß von Schädigungen durch
K.-o.-Tropfen sei schwierig, erklärt eine Sprecherin des
baden-württembergischen Gesundheitsministeriums: Weil sie schnell
abgebaut würden und eine mögliche Tat sich dann nicht mehr nachweisen
lasse. «Allein die erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit»
erforderten aber strengere Regelungen - egal ob jemand die Substanz
absichtlich in Form etwa von Liquid Ecstasy oder unbeabsichtigt als
K.-o.-Tropfen zu sich nehme.

So regte Minister Manne Lucha (Grüne) im Juni auf der
Gesundheitsministerkonferenz in Leipzig an, den Umgang mit
Substanzen, die für K.-o.-Tropfen verwendet werden, einzudämmen.
Möglich sei dafür etwa, das Arznei- oder Betäubungsmittelgesetz zu
ändern. Der Ball liegt nun beim Bundesgesundheitsministerium.

Auch werde diskutiert, diese Substanzen mit Bitterstoffen zu
versetzen. Der Nutzen sei aber fraglich, da in vielen ohnehin bitter
schmeckenden Cocktails auch der Bitterstoff nicht unbedingt
herausgeschmeckt werden könnte. Das Innenministerium in
Baden-Württemberg geht nach Worten eines Sprechers davon aus, dass
auch die Innenministerkonferenz das Thema auf die Tagesordnung nehmen
wird.

Die gute Nachricht ist, dass laut Weißem Ring die Berichterstattung
zu den Gefahren von K.-o.-Tropfen nicht zuletzt auch wegen
spektakulärer Fälle wie zuletzt dem in Freiburg zugenommen hat. Das
habe zu einem relevanten Anstieg der Zahl Hilfesuchender geführt, die
sich bei dem Opferschutzbund gemeldet hätten, sagt der Sprecher.
Prävention sei allerdings eine Daueraufgabe: «Den Enkeltrick gibt es
inzwischen zum Beispiel seit mehr als 20 Jahren und er funktioniert
immer noch», sagt er. «Wir müssen auch bei K.-o.-Tropfen dran
bleiben.»

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