Fast 500 Coronavirus-Infektionen in NRW - keine Großveranstaltungen?
Das Coronavirus hat in NRW in nicht einmal zwei Wochen fast 500
Infektionen ausgelöst. Immer mehr Kommunen halten Schulen und Kitas
geschlossen. Ministerpräsident Laschet reagiert am Sonntag auf einen
Vorschlag Jens Spahns zur Absage von Großveranstaltungen.
Düsseldorf (dpa/lnw) - Knapp zwei Wochen nach der ersten bestätigten
Coronavirus-Infektion in Nordrhein-Westfalen hat das Land am Sonntag
insgesamt fast 500 registrierte Fälle verzeichnet. Das ist ein
starker Anstieg gegenüber dem Vortag. Das Düsseldorfer
Gesundheitsministerium berichtete am Sonntagmittag von 484
bestätigten Infektionen (Stand: 11.30 Uhr) - 107 mehr als am Samstag.
Da das Ministerium seine Zahlen fortlaufend aus den Kommunen erhält,
sind nicht alle Zahlen in der Landesliste auf dem aktuellsten Stand.
So hatte der am stärksten betroffene Kreis Heinsberg nach Angaben
einer Sprecherin am Sonntagnachmittag schon 288 Fälle registriert -
in der Liste des Ministeriums waren es erst 277.
Am Sonntag reagierte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) auf
eine Empfehlung Jens Spahns zur vorläufigen Absage von
Großveranstaltungen. Zum Vorschlag des CDU-Bundesgesundheitsministers
sagte Laschet in der ARD-Sendung «Bericht aus Berlin»: «Das was er
heute gesagt hat, ist ja der Rat der Virologen. Die sagen: Wir müssen
das Tempo verlangsamen, damit wir auf alle Situationen vorbereitet
sind. Und Großveranstaltungen haben natürlich die Neigung, dass da
viel übertragen wird. Deshalb werden wir diesen Rat jetzt auch in den
Ländern, bei uns in Nordrhein-Westfalen und anderswo, umzusetzen.»
Angesichts zunehmender Coronavirus-Infektionen in Deutschland hatte
Spahn am Sonntag empfohlen, Veranstaltungen mit mehr als 1000
Teilnehmern vorerst abzusagen. Zurzeit geschehe dies aus seiner Sicht
immer noch zu zaghaft. Von solchen Absagen betroffen könnten unter
anderem Bundesligaspiele, Messen und große Konzerte sein.
Der Heinsberger Landrat Stephan Pusch (CDU) zog währenddessen
ungewöhnliche Register, um seine Bürger aufzumuntern. In seiner
jüngsten Video-Botschaft lud er den deutschen Rockmusiker Udo
Lindenberg ein.
«Was wäre das für ein starkes Signal, wenn so ein Mutmacher wie Udo
Lindenberg uns mal besuchen würde», schwärmte der 51-Jährige. Die
Idee sei ihm am Morgen unter der Dusche gekommen. Dort habe er
mehrere Lindenberg-Songs gehört wie: «Mein Ding» oder «Durch die
schweren Zeiten». Das bringe Motivation gerade in Zeiten, in denen
Heinsberg wegen der vielen Infektionsfälle gerade «ein bisschen
ausgegrenzt werde».
Heinsberg werde aber keinesfalls zum Sperrgebiet, bekräftigte Pusch.
«Der Landrat des Kreises Heinsberg denkt nicht über Absperrungen
nach. Ich schließe das nach wie vor kategorisch aus.»
Immerhin hatte die Angst vor möglichen Ansteckungen 550 Leute aus dem
Kreis Heinsberg dazu bewogen, dem Bundesliga-Topspiel Borussia
Mönchengladbach gegen Borussia Dortmund am Samstagabend fernzubleiben
und sich ihre Tickets erstatten zu lassen. Borussia Mönchengladbach
hatte im Vorfeld allen Kartenkäufern aus dem Kreisgebiet ein
entsprechendes Angebot gemacht. Für das nächste Heimspiel am Mittwoch
gegen den 1. FC Köln (18.30 Uhr/Sky) gelte das nicht mehr, sagte ein
Vereinssprecher der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
In zahlreichen Kommunen in NRW bleiben in der kommenden Woche Schulen
geschlossen, weil Schüler oder Lehrer positiv auf das Virus getestet
wurden. In Köln und Düsseldorf sind auch Feuerwehrleute betroffen.
Beide Städte betonten aber, die Funktionsfähigkeit ihrer Feuer- und
Rettungswachen sei nicht beeinträchtigt, obwohl mehrere Betroffenen
in häuslicher Quarantäne bleiben müssten.
Mit Quarantäne endeten auch die Klassenfahrten von mehr als 200
Schülern und ihren Betreuern aus drei Schulen in Münster und einer in
Gelsenkirchen. Nach der Rückkehr von einer Klassenfahrt in dem als
Coronavirus-Risikogebiet geltenden Südtirol mussten sie am
Freitagabend direkt in die häusliche Quarantäne. Erste Diagnosen
hatten nach Angaben beider Städte insgesamt zunächst elf
Verdachtsfälle ergeben - die sechs aus Münster bestätigten sich aber
nicht. In Gelsenkirchen standen weitere Untersuchungen an.
Das fast 18 Millionen Einwohner zählende NRW ist bundesweit mit
Abstand am stärksten vom Coronavirus betroffen. Für ganz Deutschland
hatte das Robert Koch-Institut am Sonntagnachmittag rund 900
offiziell bestätigte Infektionen registriert.
Keine neue Entwicklung vermeldeten die Universitätskliniken Aachen,
Essen und Düsseldorf zum Gesundheitszustand von Patienten, die dort
in den vergangenen Tagen in kritischer Verfassung eingeliefert worden
waren. Der Zustand des ersten Covid-19-Patienten sei «nach wie vor
ernst», berichtete ein Sprecher der Uniklinik Düsseldorf der dpa. Die
Klinik behandelt auch die Ehefrau des 47-Jährigen aus Gangelt, der es
den Angaben zufolge schon besser geht, sowie zwei weitere Infizierte
aus dem Kreis Heinsberg mit schwerer und mittelschwerer Symptomatik.
Die Uniklinik Aachen bestätigte, aktuell würden dort drei Patienten
mit Coronavirus-Infektionen behandelt, wollte aber keine Auskunft
über deren Gesundheitszustand geben. Auch in der Uniklinik Essen, die
vor einigen Tagen eine 89-Jährige mit Vorerkrankungen und
Coronavirus-Infektion auf ihre Intensivstation aufgenommen hatte, gab
es keinen neuen Sachstand.
Nicht einmal das riesige Hermannsdenkmal in Detmold wird vom
Coronavirus verschont. Wie das «Westfalen-Blatt» berichtete, soll die
beliebte Lasershow rund um die insgesamt fast 54 Meter hohe
Kolossalstatue in diesem Frühjahr aus Sicherheitsgründen ausfallen
und stattdessen im Herbst nachgeholt werden.
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