Kein Geschäft mit dem Sex: Prostituierte in der Krise Von Magdalena Tröndle, dpa
In der Corona-Krise ist auch in Hamburg Sexarbeit verboten.
Prostituierte, die ein Gewerbe angemeldet haben, dürfen auf
staatliche Hilfen hoffen. Viele illegal Anschaffende sind akut von
Armut und Obdachlosigkeit bedroht.
Hamburg (dpa/lno) - Hamburgs Bordelle sind geschlossen, die
Reeperbahn ist wie leergefegt. Die Corona-Krise bringt viele
Prostituierte in der Hansestadt in existenzielle Not. Mit einer
Allgemeinverfügung hat der Staat alle Formen der Prostitution bis
Ende April untersagt. «Ich hätte es niemals erwartet, mit dieser
Arbeit jemals arbeitslos zu sein», sagt Josefa Nereus, selbstständige
Sexarbeiterin in Hamburg. Die 34-Jährige darf zurzeit keine Gäste in
ihrem Studio empfangen, wo sie an normalen Tagen Sex ab 190 Euro pro
Stunde verkauft.
«Viele Stammkunden rufen aber trotzdem an - und wollen Gutscheine
kaufen, die sie dann nach der Krise einlösen können», erzählt Nereu
s.
Weil sie ihre Kunden nicht mehr treffen kann, bietet die
Prostituierte jetzt vereinzelt Sessions über Skype und Telefon an.
Dabei bleibe sie aber bekleidet, es gehe eher um Rollenspiele und
Dirty Talk. «Cam-Sex kommt für mich nicht in Frage. Ich möchte nicht
nackt irgendwo im Internet kursieren», sagt Nereus.
Wie viele Selbstständige hat die Prostituierte Soforthilfe beantragt.
Selbstständig arbeitende Prostituierte haben laut Hamburger
Sozialbehörde den gleichen Anspruch auf Zahlungen wie alle anderen
Freischaffenden. Ihre freie Zeit nutzt Nereus und investiert mehr
Zeit in ihren Youtube-Kanal, auf dem sie Aufklärungsarbeit betreibt.
Nereus geht offen mit ihrem Beruf um, ist gut vernetzt.
Ganz anders und härter trifft es die Sexarbeiterinnen, die in der
Fachberatungsstelle für Prostitution «Sperrgebiet St. Pauli» bei
Sozialarbeiterin Anna Waxweiler Hilfe suchen. Hier geben die
29-Jährige und ihr Team auch Lebensmittel, Kleidung, Hygieneartikel
aus, wenn es nötig ist. Außerdem stehen den Hilfesuchenden Internet,
ein Telefon und ein Briefkasten zur Verfügung.
«Viele der Prostituierten sind mit der Krise obdachlos geworden»,
sagt Waxweiler. «Auch vor der Krise waren viele der Prostituierten
wohnungslos, hatten aber ein Obdach in ihren Arbeitsstätten. Durch
die Schließung der Prostitutionsstätten haben viele ihre
Übernachtungsmöglichkeit verloren», erklärt Waxweiler. Aus der Not
heraus würden manche Frauen trotz des Verbotes weiterarbeiten - an
verborgenen Orten, mit ihren Stammkunden.
Viele der Prostituierten seien nicht als Gewerbetreibende registriert
und auch nirgends angestellt. Manche treibe die Drogensucht zum
Anschaffen auf die Straße. Einige hätten keinen Aufenthaltstitel. «Es
ist sehr schwer für diese Frauen, in dieser besonderen Krisenzeit
finanzielle Unterstützung geltend zu machen», erklärt Waxweiler.
Außerdem sei es für viele Frauen grundsätzlich nicht leicht, sich
beim Jobcenter als Sexarbeiterin vorzustellen. «Ich wünsche mir, dass
die Armutsprostituierten in dieser Krise auf besondere Weise
mitgesehen und beachtet werden», sagt Waxweiler. Dazu brauche es
Aufmerksamkeit und Sensibilität.
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