Nach ersten Öffnungen - der weitere Fahrplan für die Schulen Von Jörg Ratzsch, dpa
Tausende Schüler sind vergangene Woche für Prüfungen oder
Prüfungsvorbereitungen in die Schulen zurückgekehrt. Am Montag kommt
der nächste Schwung. Die Kultusminister der Länder beraten, wie ein
halbwegs geregelter Schulbetrieb mittelfristig wieder gelingen kann.
Berlin (dpa) - Ganz vorsichtig versuchen auch die Schulen in
Deutschland nach wochenlangem Corona-Stillstand wieder zurück in eine
Art Regelbetrieb zu finden. Doch allen ist klar: Vor den Sommerferien
wird es für die elf Millionen Kinder und Jugendlichen keinen normalen
Schulalltag wie vor der Krise mehr geben. Die für die Bildung
zuständigen Kultusminister der Länder beraten an diesem Montag in
einer Schaltkonferenz über das weitere Vorgehen. Der Präsident des
Lehrerverbandes macht derweil einen Vorschlag, wie der neue
Schulalltag aussehen könnte.
WIE IST DER STAND DER DINGE?
Es gibt einen groben gemeinsamen Fahrplan für die Schulen, aber
naturgemäß verfahren die Bundesländer unterschiedlich, weil Bildung
Ländersache ist. In der vergangenen Woche sind in rund der Hälfte der
Länder die ersten Schüler in die Schulen zurückgekehrt, allerdings
nur Abschlussklassen für Prüfungen oder Prüfungsvorbereitungen. Dem
schließen sich ab diesem Montag weitere Abiturienten, Berufsschüler
und Schüler an, die vor dem mittleren Schulabschluss stehen in so gut
wie allen anderen Bundesländern.
Eine wichtige Wegmarke ist dann noch einmal der Montag in einer
Woche: Ab dem 4. Mai geht es in den meisten Ländern auch für die
ältesten Grundschüler wieder los und für Schüler, die im nächsten
Schuljahr ihren Abschluss machen. Komplett still stand der
Schulbetrieb auch im März nicht: In Hessen und Rheinland-Pfalz fanden
während der Schulschließungen Abi-Prüfungen statt.
WIE WIRD DER SCHULBETRIEB PRAKTISCH ORGANISIERT?
Dafür haben die Bundesländer ähnliche Hygienepläne erstellt.
Vorgeschrieben sind unter anderem markierte Wegführungen und
«Einbahnstraßen» auf den Schulfluren, geteilte Klassen, gestaffelte
Pausen, zeitversetzter Unterricht und ein größerer Abstand zwischen
den Tischen im Klassenraum. Zudem gibt es Einlasskontrollen an
Schulklos, damit nicht zu viele Schüler auf einmal dort sind,
verschärfte Putzvorgaben für Türklinken, Treppengeländer,
Lichtschalter, Tische und Computertastaturen. Das Tragen von «Masken»
bzw. eines einfachen Mund-Nase-Schutzes wird auf den Schulfluren und
in den Pausen empfohlen, ist aber im Unterricht nicht Pflicht. Im
Schulbus und in öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Weg zur Schule
muss die Maske aber aufgesetzt werden.
WORÜBER BERATEN JETZT DIE KULTUSMINISTER DER LÄNDER?
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der
Bundesländer hatten ihnen aufgetragen, bis zum 29. April ein Konzept
vorzulegen, wie es an den Schulen weitergehen kann. Darüber stimmen
sich die Kultusminister jetzt abschließend ab. Nach dpa-Informationen
wollen sie sich am «Hygieneplan Corona für die Schulen in
Rheinland-Pfalz» orientieren. In diesem Punkt ist also nicht viel
Neues zu erwarten. Spannender ist die Frage, ob die Minister einen
Plan vorlegen, wie es für diejenigen Klassenstufen weitergeht, für
die es bisher noch keine Rückkehrperspektive an die Schulen gibt.
BESTEHT DIE GEFAHR, DASS EINIGE SCHÜLER FÜR DEN REST DE
S
SCHULJAHRES ZU HAUSE BLEIBEN MÜSSEN?
Ja, denn wegen der Abstandsregeln sind vollbesetzte Schulen wie vor
Corona-Zeiten in diesem Schuljahr nicht mehr realistisch. Der
Präsident des Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, schlägt deshalb
ein alternatives Vorgehen vor: Statt wie bisher geplant schrittweise
komplette Klassenstufen zurück in die Schulen zu bringen, mit dem
Risiko, dass einige Klassen das Nachsehen haben und nicht zum Zuge
kommen, sollte es seiner Meinung nach ein «Schichtmodell» geben: Die
Klassen werden geteilt und kommen abwechselnd für je eine Woche in
die Schule und erhalten für die jeweils andere Woche Aufgaben für zu
Hause. So könnten trotz Corona-Pandemie alle Schüler noch vor den
Sommerferien wieder in die Schulen zurück.
Eltern könnten so auch Betreuungs- und Arbeitszeiten besser planen,
Raum- und Stundenpläne müssten kaum geändert und Fächer nicht
gestrichen werden, sagt Meidinger. Zudem würde die Gefahr gemindert,
dass «sozial benachteiligte und leistungsschwache Kinder und
Jugendliche sowie Schüler mit besonderem Förderbedarf» durch
dauerhafte Abwesenheit abgehängt würden.
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) kann sich auch
vorstellen, dass es einen «Schichtwechsel» in dreitägigem Rhythmus
gibt und dass dafür auch der Samstag als Unterrichtstag mit
einbezogen wird. Man dürfe «keine Option ausschließen», sagte sie d
em
«Spiegel». Wenn Kinder abwechselnd zur Schule gingen, werde man
womöglich den Samstag brauchen, um alle dreimal pro Woche zu
unterrichten.
GIBT ES IM NÄCHSTEN SCHULJAHR WIEDER EINEN NORMALEN SCHUL
ALLTAG?
Das erscheint im Moment unwahrscheinlich. Die Ausnahmesituation
könnte noch monatelang bis ins nächste Schuljahr hinein anhalten.
Deshalb will der Bund auch noch einmal 500 Millionen Euro
bereitstellen. Das Geld sollen die Schulen in die Erstellung von
Online-Lehrangeboten investieren und bedürftige Schüler sollen daraus
einen 150-Euro-Zuschuss für den Kauf eines Laptops oder Tablets
erhalten. «Dass der Regelbetrieb noch länger nicht wieder stattfinden
kann, ist mittlerweile allen sehr bewusst», sagt Karliczek. Digitales
Lernen werde in den nächsten Monaten immer wichtiger.
SIND SCHULEN EINE VIRENSCHLEUDER?
Im Internet hatten Nutzer unter dem Hashtag «Schulboykott» ihre
Sorgen über die Gesundheit von Schülern und Lehrern und eine
Weiterverbreitung des Virus auch an Familienmitglieder deutlich
gemacht. Laut Robert Koch-Institut sprechen mehrere Faktoren dafür,
«dass Kinder - wie bei anderen respiratorisch übertragbaren
Erkrankungen - relevant zu einer Verbreitung von Covid-19 beitragen».
In einem RKI-Bericht heißt es: «Auf Grund der verschiedenen und engen
außerschulischen Kontakte ist zudem von einem Multiplikatoreffekt mit
Ausbreitung in den Familien und nachfolgend in der Bevölkerung
auszugehen.» Die schrittweise und ans Alter der Kinder angepasste
Öffnung von Betreuungs- und Bildungseinrichtungen sei dennoch
derzeit aus fachlicher Sicht vertretbar, sagte RKI-Vizepräsident Lars
Schaade am Freitag in Berlin.
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