1. Mai in Berlin: Corona-Regeln konnten nicht durchgesetzt werden

Den linken Demozug am 1. Mai verhindert die Berliner Polizei mit
schnellen Abriegelungen. Sonst ist sie bei der Umsetzung der
Corona-Verbote wenig erfolgreich. Auch in Hamburg gibt es wenig
Abstand.

Berlin (dpa) - Der Berliner Polizei ist es am 1. Mai in Kreuzberg
nicht gelungen, die Corona-Regeln durchzusetzen und große
Ansammlungen von Schaulustigen zu verhindern. Das räumten
Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Polizeipräsidentin Barbara
Slowik am Samstag ein.

Geisel sprach von «kopflosem Aktionismus» von mehreren tausend
Schaulustigen. «Hier konnte der Infektionsschutz wegen der schieren
Masse von Menschen nicht in der Form durchgesetzt werden, wie ich es
mir gewünscht hätte.» In den Tagen vor dem 1. Mai hatte der
Innensenator mehrfach betont, dass große Menschenmengen
zusammenkommen, «dürfen wir nicht zulassen». Slowik sagte im
RBB-Inforadio: «Natürlich sind mehrere hundert bis mehrere tausend
Menschen auf den Straßen unvernünftig gewesen. Das muss man sagen.»

In der Oranienstraße und umliegenden Straßen waren trotz des Verbots
von Ansammlungen einige tausend Menschen unterwegs. Zunächst
demonstrierten zwischen 18.00 und 20.00 Uhr bis zu tausend junge
Menschen aus der linken Szene immer wieder an wechselnden Orten. Dass
sich ein großer Demonstrationszug bildete, verhinderte die Polizei
mit Absperrungen.

Weitere tausende Schaulustige sowie feierfreudige junge Männer und
Frauen standen in Gruppen auf den autofreien Straßen zusammen. Spätis
und Bars verkauften Getränke. Die meisten Menschen hielten Flaschen
in den Händen. Junge Mädchen lagen sich in den Armen, Männer zogen in

Gruppen durch die Straßen. Von Abstandhalten war nichts mehr zu
sehen.

Die Polizei forderte die Menge hin und wieder über Lautsprecher auf,
die Straßen zu verlassen. Das wurde mit aggressiven Beschimpfungen
erwidert. Ernsthafte Versuche, die vielen Gruppen aufzulösen und die
Menschen zu zerstreuen, unternahm die Polizei kaum. Das wäre ohne den
Einsatz von Gewalt auch nicht möglich gewesen.

Auch im Hamburger Schanzenviertel ging es trotz Corona-Pandemie hoch
her. Mit Einsatz eines Wasserwerfers löste die Polizei dort am späten
Freitagabend eine nicht genehmigte Versammlung linker Demonstranten
auf. Zuvor seien die Beamten mit Gegenständen beworfen worden, sagte
eine Polizeisprecherin.

Polizisten rückten schließlich vor und räumten das Schulterblatt vor

dem linksautonomen Zentrum Rote Flora. Schon zuvor hatten sich auf
der Reeperbahn rund 350 linke Demonstranten trotz des coronabedingten
Versammlungsverbots eingefunden. Auch diese Versammlung wurde von der
Polizei aufgelöst.

Ursprünglich hatten Linksextremisten in Hamburg für Freitagabend zu
einer «revolutionären 1. Mai-Demo» aufgerufen. Der Aufzug, der von
der Reeperbahn ins Schanzenviertel führen sollte, war allerdings
untersagt worden.

In Leipzig gab es am Freitag mehrere Kundgebungen, sie verliefen laut
Polizei friedlich. Mehrere Hundert Menschen liefen nach Angaben von
Beobachtern vom Südplatz zum Connewitzer Kreuz. Das Ordnungsamt hatte
dem Aufzug spontan zugestimmt, so eine Polizeisprecherin.
Ursprünglich waren nur stationäre Kundgebungen mit höchstens 25
Teilnehmern zugelassen worden. Laut Polizei waren «deutlich mehr
Menschen» dem Aufruf gefolgt.

Weil die Zahl der Demonstranten deutlich höher war als zugelassen,
kündigte die Stadt Leipzig an, die Situation rechtlich zu bewerten.
Insgesamt seien die Auflagen der Versammlungsbehörde im Süden
Leipzigs aber «weitestgehend eingehalten» worden.