Frische Luft? Wie die Raumluft möglichst Corona-frei wird Von Jennifer Weese, dpa
Die Virenkonzentration ist in Innenräumen am höchsten - das birgt ein
hohes Infektionsrisiko. Doch Experten wissen, wie man das
Ansteckungsrisiko drinnen so gering wie möglich hält.
Mainz (dpa) - Büro, Restaurant, Schule oder Uni: In geschlossenen
Räumen gibt es oft wenig Luftaustausch. Wer sich eine längere Zeit
mit vielen anderen Leuten drinnen aufhält, hat eine erhöhte Gefahr,
sich etwa mit dem Coronavirus zu infizieren. Wie dieses verbreiten
sich auch viele andere Erreger über die Luft.
Auch der große Corona-Ausbruch im Tönnies-Werk in Rheda-Wiedenbrück
könnte auf Luftübertragungen zurückgehen. Um die Luft dort auf
niedrige Temperaturen zu bringen, werde diese aus dem Raum gezogen,
gekühlt und zurückgebracht, sagte der Hygiene-Experte Martin Exner
von der Uni Bonn. Er schlug Hochleistungsfilter und UV-Strahlen vor,
die verhindern sollen, dass Viren künftig über solch ein System
verteilt werden.
Spätestens nach diesen Erkenntnissen stellt sich die Frage: Wie
können Innenräume wirklich Corona-frei gemacht werden und es auch
bleiben?
HOCHLEISTUNGSFILTER: Die von Exner empfohlenen Hochleistungsfilter,
auch Hepa-Filter genannt, werden schon seit vielen Jahren
beispielsweise in Operationssälen von Krankenhäusern eingesetzt. Sie
bestehen aus synthetischen Fasern, die in mehreren Lagen übereinander
geschichtet werden, erklärte Krankenhaushygieniker Michael Pietsch
von der Universität Mainz. Partikel werden ihm zufolge von dem Filter
durch verschiedene physikalische Effekte auf den Fasern abgeschieden
und verbleiben dort. Auch Coronaviren könnten so herausgefiltert
werden.
DESINFEKTION DURCH VERNEBELUNG: Einige Unternehmen und Veranstalter
desinfizieren Räume durch die Vernebelung von Desinfektionsmittel.
Dabei kommen verschiedene Mittel zum Einsatz, die teilweise nicht
ganz ungefährlich sind. Seit über 100 Jahren werde etwa die
Raumdesinfektion mittels Formaldehyd-Verbreitung eingesetzt, erklärte
Krankenhaushygieniker Pietsch. Der Aufwand dafür sei allerdings sehr
hoch, außerdem könne Formaldehyd Krebs auslösen, wodurch ein Raum
nicht sofort betreten werden dürfe.
Alternativ wird auch Wasserstoffperoxid eingesetzt. Ein Vorteil sei
der rückstandslose Zerfall in Wasser und Sauerstoff, so Pietsch.
Allerdings muss auch bei dieser Methode ein längerer Zeitraum
abgewartet werden, da Wasserstoffperoxid beim Einatmen
gesundheitsschädlich sein kann.
Für Allergiker verträglich und natürlich abbaubar soll das Mittel
sein, welches das Berliner Ensemble zur Raumdesinfektion ausprobiert.
Das nach Angaben des Theaters ungefährliche Desinfektionsmittel
Amoair werde über ein Verneblungsgerät oder ein vorhandenes
Lüftungssystem in der Luft verteilt. Ein erster Probedurchlauf habe
gezeigt, dass etwa 99 Prozent der im Raum befindlichen Bakterien und
Viren durch den Nebel zerstört werden konnten.
UV-BESTRAHLUNG: Bakterien und Viren können durch UV-Strahlen
abgetötet werden. Zur Raumdesinfektion eignet sich die Methode aber
wohl kaum: Damit die Strahlen überhaupt wirken, sollte der Abstand
zwischen Strahlungsquelle und Gegenstand 10 bis 30 Zentimeter
betragen, so der Mainzer Hygiene-Experte Pietsch. «Eine
Raumluftdesinfektion wäre nur möglich, wenn die Luft bewegt wird und
dadurch Keime immer wieder an der Strahlungsquelle vorbeigeführt
werden.» In der Lebensmittelindustrie kann das Verfahren dennoch
sinnvoll eingesetzt werden, etwa zur Desinfektion von
Verpackungsfolien.
KLIMAANLAGEN: Gängiger als aufwendige Desinfektionsverfahren sind
wohl Klimaanlagen. Sie sorgen für eine Frischluftzufuhr von außen und
kühlen oder wärmen diese: Die alte Luft wird abgesaugt und dann
entweder nach außen abgegeben oder gemeinsam mit Frischluft wieder in
den Innenraum gebracht. «In jedem Fall kommt es zu einer Verminderung
auch der Keimkonzentration in der Innenraumluft», sagte Pietsch.
Der Bundesindustrieverband Technische Gebäudeausrüstung (BTGA)
empfiehlt für gekühlte Räume mit Umluftbetrieb, die es etwa in
Schlachtbetrieben gebe, Klimaanlagen mit hochwertigen Filtern. Bei
Anlagen in Büros, Hotels, Shopping-Malls oder Kongresscentern biete
ein hoher Außenluftanteil den besten Infektionsschutz. «Wir empfehlen
gerade in Situationen, wie wir sie derzeit erleben, den Umluftanteil
bei Klima- und Lüftungsanlagen so gering wie möglich zu halten», rä
t
BTGA-Präsident Hermann Sperber. Nach Angaben des Verbandes kann eine
Übertragung von Coronaviren über Lüftungs- oder Klimaanlagen nahezu
ausgeschlossen werden, wenn die Anlagen, fachgerecht betrieben und
regelmäßig gewartet werden.
LÜFTEN: Aber auch ohne große technischen Gerätschaften kann das
Infektionsrisiko in Innenräumen gesenkt werden: Stoßlüften mit weit
geöffneten Fenstern sorgt am schnellsten für einen Luftaustausch.
«Meist sind Innenräume wärmer als die Außenluft, so dass es einen
Luftzug von innen nach außen gibt. Dadurch kann eine eventuelle
Viruskonzentration im Innenraum vermindert werden», erklärte
Hygiene-Experte Pietsch. Zudem verringert sich damit auch die Gefahr
einer Ansteckung über Aerosole. Hundertprozentig ausschließen lässt
sich eine Infektion so aber nicht.
MASKEN UND ABSTAND: Auch wenn es alle schon unendliche Male gehört
haben: Das Tragen von Masken und das Einhalten der Abstandsregel sind
auch weiterhin wichtige Maßnahmen zum Schutz vor einer
Corona-Infektion. Auch das Tragen eines einfachen Mund-Nasen-Schutzes
kann einen Luftstrom deutlich minimieren.
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