Zwischen Sorge und Überdruss - Gastronomie ringt mit Krisenfolgen Von Matthias Arnold, dpa
Im Gastgewerbe ist die Lage weiter angespannt: Viele Betriebe
fürchten um ihre Existenz, und die Branche warnt vor einer zweiten
Pandemie-Welle. Doch das Verhalten vieler Kneipiers und ihrer Kunden
trägt derzeit wenig dazu bei, diese zu verhindern.
Berlin (dpa) - Braucht es mehr Kontrollen oder sogar ein
Alkoholverbot in Kneipen? Manche Gastronomen und auch ihre Gäste sind
es inzwischen leid, sich an die strengen Auflagen in der Corona-Krise
zu halten. Vielerorts stehen die Tische wieder eng beieinander.
Masken sieht man seltener und Kunden tragen falsche Namen und
Adressen in die Kontaktlisten der Wirte ein - sofern diese überhaupt
noch verteilt werden.
Dieses Verhalten hat vor allem in Berlin dazu geführt, dass der
dortige Landesverband des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga zu
mehr Kontrollen des Ordnungsamts in den Betrieben aufgerufen hat -
«mit Augenmaß», wie Geschäftsführer Thomas Lengfelder stets beton
t,
also ohne gleich Bußgelder zu verhängen. Gesundheitssenatorin Dilek
Kalayci (SPD) brachte jüngst sogar ein Alkoholverbot für Kneipen ins
Gespräch.
In anderen Städten gibt es dem Dehoga-Bundesverband zufolge ähnliche
Diskussionen. «Deshalb geht erneut der dringende Appell an alle
Unternehmer, Mitarbeiter und Gäste, die Schutzmaßnahmen umzusetzen»,
sagte Hauptgeschäftsführerin Ingrid Hartges am Dienstag der Deutschen
Presse-Agentur. «Eine zweite Welle gilt es mit allen Kräften zu
verhindern. Am Ende zählt, dass wir uns an das halten, was die
Politik auf Basis der Expertise der Wissenschaft jeweils beschließt.»
Für die Akzeptanz sei es wichtig, dass die Regelungen «klar,
nachvollziehbar und verhältnismäßig sind.»
Schließlich ringt die Branche nach wie vor mit dem Folgen der ersten
Hochphase der Corona-Pandemie. Zwar haben inzwischen rund 93 Prozent
der Betriebe wieder geöffnet, wie aus einer aktuellen Branchenumfrage
des Verbands hervorgeht, die dieser am Dienstag veröffentlicht hat.
Rund 60 Prozent der befragten Betreiber von Gaststätten und Hotels in
Deutschland fürchten demnach dennoch um ihr wirtschaftliches
Überleben.
Noch im Juli verzeichnete die Branche Umsatzeinbußen von mehr als 43
Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt gingen die Erlöse seit
Anfang März demnach um mehr als 60 Prozent zurück. «Denn die Krise
ist noch längst nicht vorbei», teilte Dehoga-Präsident Guido Zöllic
k
mit. «Die Angst vor dem Winter ist groß.» Noch immer fehlten
Touristen aus dem Ausland und Geschäftsreisende. Messen, Kongresse
und Tagungen sind nach wie vor abgesagt. Sämtliche damit verbundene
Hotel- und Gastronomieumsätze fielen aus.
Als besonders dramatisch gilt die Lage für Diskotheken und Clubs, die
vielerorts weiter geschlossen haben. Sie verzeichnen der Umfrage
zufolge mit die größten Umsatzrückgänge.
Auch Schauspielerin Jessica Schwarz warnte deshalb am Dienstag vor
einer zweiten Welle. Die 43-Jährige betreibt zusammen mit ihrer
Schwester ein Hotel in Hessen. «Wir müssen abwarten, wie wir durch
den Herbst und Winter kommen. Ein weiterer Lockdown wäre auch für
alle Angestellten sehr schwierig.»
Immerhin: Aufgrund von Kurzarbeit mussten nur wenige Betriebe der
Umfrage zufolge bislang Beschäftigte entlassen. 80 Prozent der
Befragten gaben an, sie beantragt zu haben. «Mittlerweile konnten
67,0 Prozent der Betriebe einen Teil ihrer Mitarbeiter wieder aus der
Kurzarbeit holen», heißt es in der Untersuchung.
Angesichts der warmen Temperaturen dürften auch die Gäste ein
Interesse daran haben, dass die Gastronomie weiterhin öffnen darf.
Ein Großteil der Betriebe gab an, dass die Maßnahmen und Regeln bei
ihren Kunden auf Verständnis stoßen. Doch scheinen viele Wirte selbst
die Sinnhaftigkeit anzuzweifeln. Mehr Kontrollen durch das
Ordnungsamt könnten der Disziplin aus Sicht des Dehoga Berlin wieder
auf die Sprünge helfen. Von einem Alkoholverbot allerdings hält
Geschäftsführer Lengfelder wenig. «Wir alle sind mündige Bürger u
nd
müssen selbst entscheiden können», sagte er. Auch ein solches Verbot
müsse zudem kontrolliert werden.
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