Krematorien in der Corona-Krise: In Würde den letzten Abschied nehmen Von Thomas Strünkelnberg, dpa

Ein letzter Abschied in Ruhe und Frieden, so sollte es auch in der
Pandemie sein. Wer die Bilder aus dem Krematorium im Corona-Hotspot
Meißen gesehen hat, wo sich Särge stapelten, wird das kaum vergessen.
In niedersächsischen Krematorien hat man eine klare Meinung dazu.

Celle (dpa/lni) - Achtsam muss man sein, findet Thies Heinrich. Mit
den Angehörigen, den Mitarbeitern - und mit den Verstorbenen. Der
Betriebsleiter des Krematoriums Die Feuerbestattungen Celle
beobachtet, wie eine Maschine einen Sarg anhebt. Das Ofenportal
öffnet sich, Hitze aus der fast 800 Grad heißen Ofenkammer schlägt in

den Raum. Langsam schiebt Kremationstechniker Benjamin Nuhn,
ausgerüstet mit FFP2-Maske und Einmalhandschuhen, den Sarg in den
Ofen. Das Portal schließt sich, das ist der endgültige Abschied -
aber einer mit Würde.

Das ist nicht überall so. In der Pandemie stieg die Zahl der
Corona-Toten - der Verstorbenen, wie man im Krematorium sagt -, die
eingeäschert werden sollten. Das hatte mancherorts schlimme Folgen:
Das kommunale Krematorium im sächsischen Corona-Hotspot Meißen kam
mit der Einäscherung der Verstorbenen nicht mehr hinterher, stapelte
Holzsärge eilig in Andachtsräumen übereinander. Angeliefert wurden
die Toten teils nicht mehr mit dem Leichenwagen, sondern im
Lastwagen. Dieser Umgang mit den Verstorbenen stößt in Celle, und
nicht nur dort, auf Unverständnis.

Für die Überlastung hat Svend-Jörk Sobolewski, Vorsitzender der
Arbeitsgemeinschaft deutscher Krematorien, kein Verständnis, für den
Umgang mit den Verstorbenen in Meißen erst recht nicht. Er betont:
«Sachsen spiegelt nicht den Zustand deutscher Krematorien wider.»
Denn in vielen gebe es freie Kapazitäten, viele könnten einspringen.
Sobolewski ist Geschäftsführer des Unternehmens Die Feuerbestattungen
mit Krematorien in Celle, Hildesheim, Stade, Cuxhaven, Quedlinburg
und Schwerin. Nach seiner Einschätzung ist es eines der größten
Unternehmen dieser Art in Niedersachsen.

In Deutschland gebe es 162 Krematorien. Wenn pro Tag 1000 Menschen an
oder mit Covid-19 sterben, sei das zwar schlimm. Aber für jedes
Krematorium bedeute das gerade einmal sechs Verstorbene, rechnet
Sobolewski vor: «Das kann für die Branche nicht das Aus bedeuten.»
Zumal die Pandemie nicht neu sei. Es sei Zeit genug gewesen, sich
vorzubereiten und beispielsweise freie Kapazitäten zu suchen. Der
Fachmann bietet Meißen Hilfe an: «Es kann nicht sein, dass so
gearbeitet wird. Wir haben einen Auftrag, wir müssen etwas für die
Menschen tun.»

Doch auch in Celle steigt die Zahl der Menschen, die an oder mit dem
Coronavirus sterben und dort eingeäschert werden. Seit November ist
das spürbar. Im Dezember seien es 23 Verstorbene gewesen, im Januar
bislang 12, sagt Heinrich. Im Gesamtjahr 2020 waren es 48. Sobolewski
erklärt, an den sechs Standorten des Unternehmens seien im
vergangenen Jahr 30 154 Verstorbene eingeäschert worden, 711 seien
mit dem Corona-Virus infiziert gewesen. Das entspreche einem Anteil
von 2,36 Prozent. Feuerbestattungen haben inzwischen bundesweit einen
Anteil von 75 Prozent an allen Bestattungen.

Es sei durchaus denkbar, dass die Zahlen weiter steigen, sagt
Heinrich. Es gibt einige Stellschrauben: Die Mitarbeiter könnten bei
Bedarf ins Mehrschichtsystem wechseln, an Wochenenden arbeiten oder
Kapazitäten anderer Krematorien nutzen. In Celle stapelten sich die
Särge nicht, sagt der 31-Jährige. «Wir versuchen, gar nicht erst
einen Stau entstehen zu lassen.» Auch Hektik gebe es dort nicht,
alles gehe gelassen zu.

Was geschieht eigentlich in einem Krematorium? Bei einem natürlichen
Tod kommt ein Arzt für eine zweite Leichenschau. Ist das Coronavirus
im Spiel, wird der Sarg gekennzeichnet. Der Verstorbene wird in einen
Leichensack eingeschlagen, der Sarg desinfiziert und vor der
Einäscherung in einem speziellen Kühlraum - oder Klimaraum, wie es im
Jargon heißt - aufbewahrt. Schieben Mitarbeiter einen Sarg in diesen
Klimaraum, tragen sie nicht nur eine Maske, sondern einen kompletten
Schutzanzug und Handschuhe. Die Einäscherung selber dauert etwa
zweieinhalb Stunden.

Was passiert, wenn auch im Raum Celle die Zahl der Infektionen mit
dem Coronavirus und schließlich auch die Zahl der Toten steigen
sollte? «Wir haben eine gewisse Sorge, ohne in Panik zu verfallen»,
sagt Heinrich. Zwar sei er kein Virologe, aber: «Es ist denkbar.»

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