Der Corona-Fall Möser und die Folgen: «Wir wissen noch viel zu wenig» Von Sebastian Stiekel, dpa

Mitte November wurde bei dem Wolfsburger Eishockey-Profi Janik Möser
eine Herzmuskelentzündung festgestellt. Sie war die Folge einer
Corona-Infektion. Mittlerweile spielt er wieder, und mittlerweile
haben die Clubs der DEL auch vorgesorgt. Doch das Kernproblem bleibt.

Wolfsburg (dpa) - Was die Folgen der Corona-Pandemie angeht, hat die
Eishockey-Mannschaft der Grizzlys Wolfsburg beinahe jede Erfahrung
durch. Ihr Verteidiger Janik Möser ist der bislang bekannteste
deutsche Sportler, bei dem eine Covid-19-Erkrankung auch zu
Herzproblemen führte. Nachdem Anfang Februar zwei andere Spieler
positiv getestet wurden, musste das gesamte Team in Quarantäne.

Am Montagabend begann mit dem 4:3 gegen Tabellenführer Bremerhaven
ein straffes Nachholprogramm mit fünf DEL-Spielen in nur zehn Tagen.
Und einer derjenigen, der sich nach drei Monaten Pause über jede
Minute auf dem Eis freut, ist der wieder gesundgeschriebene Möser.
«Das ist ein unglaubliches Gefühl», sagte der 25-Jährige dem NDR.

Allein: Ein Kernproblem des Leistungssports in der Corona-Zeit ist
mit seiner Genesung noch nicht behoben. Mösers Herzmuskelentzündung
hat dem Sport zwar ein warnendes Beispiel beschert, aber längst noch
keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse. «Wir wissen noch
viel zu wenig darüber, welche Langzeitfolgen das Virus für jemanden
hat, der positiv getestet wurde», sagte der Wolfsburger
Mannschaftsarzt Axel Gänsslen der Deutschen Presse-Agentur.

Der Mediziner hat als Reaktion auf den Fall Möser einen Leitfaden
entwickelt, wie man Spieler nach einer Corona-Infektion wieder in den
Trainings- und Spielbetrieb integrieren soll. Dieses «Return to
Play»-Programm gibt vereinfacht gesagt vor, wie lange ein positiv
getesteter Spieler pausieren sollte und welche Nachuntersuchungen
sein müssen, um möglichst keine Folgeerkrankung zu übersehen.

«Das Feedback aus den Vereinen ist positiv, weil alle erst einmal
froh sind, dass wir überhaupt etwas in der Hand haben», sagte
Gänsslen. Für die Clubs aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ist
dieser Leitfaden mittlerweile verbindlich. Mediziner aus dem Handball
und dem Basketball waren an seiner Ausarbeitung zumindest beteiligt.
«Wir haben uns mit den Grizzlys ausgetauscht. Es ist für alle
Neuland», bestätigte der Braunschweiger Basketball-Trainer Pete
Strobl, nachdem sein Bundesliga-Team bereits zum zweiten Mal in
dieser Saison komplett in die häusliche Isolation musste.

Doch Vorsorge allein reicht nicht. Als nächsten Schritt hält Gänsslen

für wichtig: «Eine Datenbank, in der Fälle von positiv getesteten
Leistungssportlern gesammelt werden.» Es gebe in den verschiedenen
Sportarten zwar Stützpunkte, «an denen viele Daten zusammenkommen.
Aber wir sind weit davon entfernt, generelle Aussagen machen zu
können. Was uns fehlt, ist eine einheitliche Dokumentation.»

Die Universität Tübingen hat bereits während der ersten Corona-Welle

mit ihrer Studie «Covid 19 und Sport» begonnen, bei der positiv
getestete Leistungssportler und negativ getestete Leistungssportler
verglichen werden, um die Langzeitfolgen einer Infektion zu
untersuchen. Gänsslen nahm Kontakt zu den Betreibern der Studie auf
und fragte, «ob sich Spieler aus der DEL daran beteiligen können. Sie
haben ein Interesse daran, das ist in der Liga bekannt.»

Solange gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse fehlen, muss jede
Sportart den möglichen Langzeitfolgen aber auf ihre Weise vorbeugen.
Und das ist auch eine Frage des Geldes. Bei den Bundesliga-Fußballern
des VfL Wolfsburg gab es kurz vor und kurz nach Weihnachten insgesamt
fünf Corona-Fälle mit völlig unterschiedlichen Verläufen. Der
Franzose Maxence Lacroix etwa hat seit seiner Quarantäne nur ein
Spiel verpasst. Sein Landsmann Jerome Roussillon dagegen zeigte so
starke Symptome, dass er erst sieben Wochen nach seinem positiven
Test zum ersten Mal wieder zum Spieltagskader gehörte.

Der Unterschied zwischen Fußball und Eishockey ist: «Es gibt auch im
Eishockey Vereine mit einem großen medizinischen Netzwerk. Ein Verein
aus der Fußball-Bundesliga hat trotzdem ganz andere Bedingungen»,
sagte Gänsslen. «Die sind im medizinischen Bereich teilweise mit
Geräten ausgestattet, die sich im Eishockey kein Club leisten kann.»

Auch deshalb war man beim VfL Wolfsburg lange der Meinung: Eine
einheitliche Vorgabe wie das «Return to Play»-Programm der DEL macht
wenig Sinn. «Wir checken alle Spieler sehr genau», sagte Trainer
Oliver Glasner. «Wir machen kardiologische und internistische
Untersuchungen, die Blutwerte werden weiterverfolgt.» Das ist
möglich, weil Fußball-Clubs teilweise Spezialisten in ihren
Ärzteteams haben, für deren Untersuchungen manche Basketballer oder
Eishockey-Profis erst Termine in einer anderen Stadt machen müssten.

Nach dem Fall des Wolfsburger Abwehrspielers Marin Pongracic, der
erst das Pfeiffersche Drüsenfieber, dann eine Corona-Infektion und
zwei Monate später bei einem Spiel in Berlin auf einmal Atemprobleme
bekam, betonte aber auch Glasner: «Für Spieler nach einer
Covid-19-Erkrankung haben wir uns mittlerweile eine Vorgehensweise
zurechtgelegt - und das nach einer Abstimmung mit Ärzten des DFB.»

Ohne komplette Trainingswoche «mit allen Belastungsspitzen» (Glasner)
kehrt beim VfL kein Coronafall mehr in ein Bundesliga-Stadion zurück.
Das ist auch die Grundidee des Eishockey-Programms. «Asymptomatische
Infektionen spielen nach meiner Einschätzung nicht so eine große
Rolle. Aber ein Lungen-Covid darf man nicht unterschätzen», sagte der
Virologe Hendrik Streeck in einem dpa-Interview.

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