Astrazeneca-Impfungen starten wieder - Impfungen in Praxen gefordert Von Basil Wegener und Sascha Meyer, dpa

Der Astrazeneca-Impfstopp blockierte in den Ländern den reibungslosen
Fortgang der Impfkampagne - ausgerechnet während täglich steigender
Corona-Zahlen. Nun wächst der Druck, die Impfungen zu beschleunigen.

Berlin (dpa) - Der erneute Start der Corona-Impfungen mit dem Vakzin
von Astrazeneca in Deutschland lässt Forderungen nach einer
Ausweitung der Impfkampagne auf die Hausärzte lauter werden. Die
Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder wollen mit
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Freitag in einer
Telefonkonferenz darüber beraten. Zuvor stellen sich
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), der SPD-Gesundheitspolitiker
Karl Lauterbach und der Vizepräsident des Robert Koch-Instituts
(RKI), Lars Schaade, den Fragen der Öffentlichkeit. Ab diesen Freitag
starten in den Bundesländern die Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin
wieder, so dass in der Folge allmählich überall auch wieder neue
Impftermine vergeben werden können.

Dem war am Donnerstag ein Votum der Europäischen Arzneimittelbehörde
(EMA) vorangegangen. Die EMA erneuerte darin ihre Haltung, dass der
Nutzen des Impfstoffs die Risiken übersteigt. Daraufhin kündigte
Spahn noch am Abend an, dass in die Informationen zu dem Impfstoff
ein Warnhinweis aufgenommen werde. Er sei für eine rasche Fortsetzung
der Impfungen. Spahn hatte nach dem Auftreten mehrerer Fälle von
Blutgerinnseln in Venen, die Impfungen mit dem Präparat am Montag
vorübergehend gestoppt. Kritiker hatten bemängelt, Spahn untergrabe
damit das Vertrauen in die Impfungen.

VORGEHEN DER LÄNDER:

Zum Beispiel Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen nehmen die
Impfungen mit Astrazeneca an diesem Freitag wieder auf, wie ihre
Landesregierungen mitteilten. Im Südwesten sollen verfügbare Termine
zunächst weiter Menschen über 80 sowie den über 65-Jährigen aus
besonders gefährdeten Berufsgruppen angeboten werden. In
Nordrhein-Westfalen soll Astrazeneca Berufsgruppen wie etwa
Lehrerinnen und Lehrern an Grund- und Förderschulen zur Verfügung
gestellt werden. Im Saarland sollen Impfungen in einem Modellprojekt
der Hausarztpraxen sowie in Krankenhäusern fortgesetzt werden. In
Hamburg soll das Astrazeneca-Mittel etwa in Schwerpunktpraxen
Menschen mit besonderen Erkrankungen verabreicht werden.

KRITIK AN DEN LÄNDERN:

Dass etwa Lehrkräfte wie in NRW vorrangig geimpft werden, ruft seit
Tagen Kritik hervor. Zunächst müssten Menschen mit einem erhöhten
Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf geimpft werden,
hatten etwa die Beauftragten von Bund und Ländern für die Belange der
Menschen mit Behinderung gefordert. Der Vorsitzende der Ständigen
Impfkommission, Thomas Mertens, hatte den Länder vorgeworfen, etwa
Erzieher, Lehrkräfte oder Polizisten zu impfen. Die Schwächsten und
Gefährdetsten für schwere Covid-19-Verläufe dürften nicht
benachteiligt würden. In NRW tobt zugleich ein Streit darüber, ob
Kitas und Schulen wegen steigender Corona-Infektionszahlen wieder
geschlossen werden sollen.

FORDERUNGEN NACH IMPFUNGEN IN PRAXEN:

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte der
Deutschen Presse-Agenur in München: «Die Einbindung der Ärzteschaft
in die Regelversorgung wäre ein starkes Signal.» Er hoffe sehr, dass
sich Merkel und die Ministerpräsidenten darauf einigen könnten. Der
Deutsche Städte- und Gemeindebund forderte Bund und Länder auf,
frühzeitig mit den Corona-Impfungen in den Praxen zu beginnen.
Bestimmte Kontingente sollten bald über die Apotheken an die
Hausärzte gehen, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg dem
Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Freitag). Der Vorstand der
Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der dpa, rund
400 000 schwerstkranke und pflegebedürftige Menschen daheim hätten
keine Chance, eines der über 400 Impfzentren aufzusuchen. «Ohne
Einbindung der Arztpraxen kann das nicht gelingen.»

EMPFEHLUNG DER LÄNDER:

Bereits am 10. März hatten sich die Landesgesundheitsminister auf
eine Empfehlung für das Spitzentreffen von Bund und Ländern geeinigt.
Spätestens in der Woche vom 19. April sollen demnach die Impfungen in
den bis zu 70 000 Haus- und Facharztpraxen flächendeckend beginnen.
Die Länder wollen ferner, «dass für die Startphase im April
bundesweit eine Grundmenge von 2,25 Millionen Impfdosen pro Woche für
die Impfzentren zur Verfügung steht». Bis zu diesem Freitag wollen
die Länder dem Bund mitteilen, «wie ihr Anteil auf die verschiedenen
Hersteller im April pro Woche aufgeteilt werden soll».

ZWEIFEL AN SCHNELLEM IMPFSTART IN DEN PRAXEN:

In der Woche vor dem Impf-Stopp von Astrazeneca haben die Länder
knapp 1,8 Millionen Impfdosen gespritzt, also weniger als sie für
sich künftig reserviert sehen wollen. Spahn hatte vor einer Woche
gesagt, wenn 50 000 Praxen mitmachten und sich auf die geringe Menge
von je 20 Impfungen pro Woche beschränkten, bräuchten sie schon eine
Million Dosen. Da die Länder aber auf 2,25 Millionen Dosen für die
Praxen bestanden hätten, sei es eine einfache Rechnung, dass zunächst
mehr Impfstoff da sein müsse. Die Liefermengen sollen allerdings auch
deutlich steigen. Im zweiten Quartal sollen 46,6 Millionen Dosen von
Biontech/Pfizer und Moderna und 16,9 Millionen Astrazeneca-Dosen
geliefert werden. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela
Schwesig (SPD) forderte Klarheit über die im April zu erwartenden
Impfstoff-Lieferungen. «Wir müssen insbesondere mit den
Prioritätsgruppen 1 und 2 schnell vorankommen», mahnte Schwesig.

WEITERE FORDERUNGEN:

Der CDU-Gesundheitspolitiker Erwin Rüddel (CDU) sagte der «Passauer
Neuen Presse» (Freitag): «In den Arztpraxen darf die Priorisierung
keine Rolle spielen. Menschen, die prioritär geimpft werden sollen,
können über die Impfzentren einen Termin erhalten.» Der Virologe
Alexander Kekulé forderte in der «Neuen Osnabrücker Zeitung», die
Impfunterbrechung aufzuholen, indem alle Älteren zunächst nur einmal
geimpft werden. Der AfD-Gesundheitspolitiker Detlev Spangenberg
forderte, «dass die Bürger in ihrer Entscheidung, ob und womit sie
sich impfen lassen wollen, frei bleiben».

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