Unsichtbare Gefahr: Museum widmet sich Seuchen von Pest bis Corona Von Christina Sticht, dpa

Als die medizinischen Ursachen noch unbekannt waren, wurden
Krankheiten häufig als Strafe Gottes verstanden. Eine Ausstellung in
Hildesheim gibt Einblick in die Geschichte des Kampfes gegen tödliche
Erreger. Sind weitere Pandemien zu befürchten?

Hildesheim (dpa) - Dass ein Virus die Menschen weltweit bedrohen und
Millionen Menschenleben fordern könnte, hatten vor der
Corona-Pandemie die wenigsten auf dem Zettel. Dabei sind
Infektionskrankheiten seit Beginn der Menschheit eine ständige
Gefahr. «Seuchen haben mehr Menschenleben gefordert als alle Kriege
und Naturkatastrophen der Geschichte zusammen», sagt Oliver Gauert,
Kurator einer Ausstellung über Pest, Cholera & Co., die vom 2.
Oktober an im Hildesheimer Roemer- und Pelizaeus-Museum (RPM) zu
sehen ist. Laut Gauert gerieten Seuchen in der westlichen Welt
zunehmend aus dem Fokus, obwohl das Sterben in Entwicklungsländern
weiterging - sei es an Malaria, Aids oder Ebola.

Schon seit 2018 arbeitet der Historiker an dem Mammut-Projekt, das
mit Ausbruch der Pandemie ungeahnte Aktualität gewonnen hat. Unter
coronabedingt erschwerten Bedingungen gelang es ihm, zahlreiche
Unterstützer für die Schau mit dem Titel «Seuchen. Fluch der
Vergangenheit - Bedrohung der Zukunft» zu gewinnen. 85 Leihgeber
steuerten insgesamt 850 Exponate bei, darunter hochkarätige Gemälde.
Die Ausstellung läuft bis zum 1. Mai 2022.

Die Besucherinnen und Besucher können eine Zeitreise vom Alten
Ägypten bis in die Gegenwart unternehmen. 30 Stationen sind auf mehr
als 1800 Quadratmeter Ausstellungsfläche aufgebaut. Schon im Jahr
1500 vor Christus behandelten die Ägypter die Augenkrankheit Trachom
mit antibakteriell wirkender Schminke. Sachmet in Löwengestalt war
die Göttin der Krankheiten und der Heilung.

«Infektionskrankheiten wurden lange als Strafe Gottes oder als
Schicksal verstanden», erläutert der Kurator. Als die Pest im 14.
Jahrhundert heftig in Europa wütete und auch Priester und Mönche
dahinraffte, wollte sich die Kirche nicht mehr damit abfinden. Papst
Clemens VI. beauftragte die Universität Paris mit einem Gutachten, um
die Ursache der verheerenden Krankheit herauszufinden, die ein
Drittel der Bevölkerung auslöschte und ganze Landstriche verödete.
Der frühe Versuch, einer Infektionskrankheit wissenschaftlich auf die
Spur zu kommen, lief allerdings ins Leere. Gauert: «Das Gutachten kam
zu dem Ergebnis, dass die Ursache üble Ausdünstungen aus dem Boden
sind, die durch eine ungünstige Konstellation der Planeten ausgelöst
werden, und dass man durch häufige Gebete dem Ganzen entgehen könne.»


Das Kapitel zur Pest erleben die Besucher in einem Museumstrakt, der
früher zu einer mittelalterlichen Kirche gehörte. Überhaupt legen die

Macher der Seuchen-Schau viel Wert auf Inszenierung. So kann man im
nachgebauten ersten Anatomischen Theater von Padua virtuell eine
Leiche sezieren. Zu sehen sind auch sogenannte Wachsmoulagen, die
krankhaft veränderte Gesichter mit Pusteln oder Pocken darstellen.
Sie waren lange wichtige Lehrobjekte in der Medizin. Auch
Querschnitte menschlicher Körper werden gezeigt. Ein nachgebautes
Lepra-Krankenhaus ist nichts für schwache Nerven.

Parallelen zur Gegenwart lassen sich immer wieder herstellen: So gab
es in den USA schon bei der Spanischen Grippe ein
Superspreading-Event in einer Stadt, während mit strengen
Hygienevorkehrungen in einer anderen Stadt Ausbrüche verhindert
werden konnten.

Nachvollziehen lässt sich der medizinische Fortschritt von der
Entwicklung des ersten Impfstoffes gegen Pocken über den Kampf gegen
Diphtherie bis zur Entdeckung des menschlichen Immunsystems und
Entwicklung von Antibiotika. Auch die Unterschiede zwischen
Bakterien, Viren und Prionen werden erläutert. Zum Abschluss der
Schau begegnen einem unter anderem zwei große Insekten-Modelle. «Die
Asiatische Tigermücke, die Sie dort sehen, ist schon in Europa
heimisch. Sie überträgt das Dengue-Fieber», sagt Gauert. Es sei zu
befürchten, dass sich aufgrund des Klimawandels und des globalen
Verkehrs noch mehr Infektionskrankheiten aus den Tropen in den
gemäßigten Zonen verbreiten.

Die Ausstellungsmacher wollen trotzdem Hoffnung machen, dass
Pandemien in Zukunft zu meistern sind - mit Kreativität und
Forschergeist. Tobias Welte, Leiter der Lungenklinik der
Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), sagt: «Der wissenschaftliche
Fortschritt hat uns ermöglicht, den Schrecken solcher Pandemien zu
verkleinern, auch wenn wir diese Ereignisse wohl noch lange nicht
werden verhindern können.»

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