Die rollende Tierarztpraxis von Alexandra Bartelt Von Jeanette Bederke, dpa

Veterinärmedizinerin Alexandra Bartelt fährt in Nordbrandenburg für
Impfung, Zahnbehandlung oder Röntgenaufnahme direkt zu ihren
tierischen Patienten. Das neue Angebot wird in der ländlichen Region
gern angenommen, gerade von Pferdebesitzern.

Templin/Zehdenick(dpa/bb) - «Johnny» ist auf der Hut. Ein weißes,
kompaktes Auto mit der Aufschrift «Das Tierarztmobil» nähert sich der

Koppel in Templin (Uckermark), die sich der vierjährige Haflinger-Mix
mit einem anderen Pferd teilt. Aus dem Wagen steigt eine Frau mit
Stethoskop, Spritze und Tupfer. «Johnny» geht vorsichtshalber auf
Abstand, lässt sich wenig später jedoch mit Möhrenstückchen anlocke
n
und auch ohne zu zucken impfen. «Er bekommt eine Spritze gegen
Tetanus und Influenza», erklärt Tierärztin Alexandra Bartelt. «Das

machst Du großartig, mein Kleiner», lobt sie das Pony.

Seit Oktober vergangenen Jahres ist sie gemeinsam mit ihrer
tiermedizinischen Assistentin im Tiermobil in Nordbrandenburg
unterwegs - vorerst an drei Tagen die Woche. Werden die Patienten
mehr, will sie von Montag bis Freitag unterwegs sein. «100 Tiere
haben wir schon in der Kartei, vor allem Hunde, Katzen, Ziegen und
Pferde. Unser Angebot spricht sich rum», erzählt sie. Einen
ausrangierten Rettungswagen hat sich die 33-Jährige in eine rollende
Praxis umbauen lassen - mit Röntgen- und Ultraschallgerät sowie
Narkose-Inhalation, um auch kleinere Operationen oder
Zahnbehandlungen bei ihren tierischen Patienten vornehmen zu können.
Eine sechsstellige Summe ging für Umbau und Ausrüstung drauf,
finanziert über einen Bankkredit.

Zuvor hatte Bartelt ihr praktisches Jahr während des
Veterinärmedizinstudiums bei zwei mobilen Tierärzten gemacht und
Gefallen an dieser Arbeit gefunden. «Du hast keine festen
Sprechzeiten in einer Praxis, sondern machst Termine für Hausbesuche
oder wirst zu Notfällen gerufen», beschreibt sie. Da sie
Tierbesitzern die Anfahrtskosten berechnen müsse, sei es umso
wichtiger, Routen genau zu planen und sinnvoll zusammenzustellen. Es
gebe durchaus Tage, da sei sie mit ihrer Assistentin mehr als zwölf
Stunden unterwegs. Gerade in ländlichen Regionen sei dieses
Hausbesuch-Modell ideal, meint die Tierärztin. In Zehdenick
(Oberhavel) aufgewachsen, wollte sie unbedingt in die Heimatregion
zurück und wohnt jetzt in Templin.

«Ältere Herrchen oder Frauchen sind oftmals nicht so mobil oder
überfordert, samt Tier in eine Praxis zu fahren. Andere, die
arbeiten, schaffen es nicht zu regulären Praxis-Öffnungszeiten»,
beschreibt Bartelt. Sie hat auch die Erfahrung gemacht, dass Mensch
und Tier deutlich entspannter seien, wenn sie mit dem Tiermobil
direkt zu ihnen komme. «Sie stehen nicht so unter Stress, freuen
sich, wenn wir kommen.» Das kann Ina Koffke aus Zehdenick bestätigen.
«Wir hatten viel zu tun mit unserem Hund - mal eine Augenkrankheit,
dann ein Magen-Darm-Infekt. Ich war froh, dass er dann in seinem
vertrauten Zuhause behandelt werden konnte», erzählt sie.

Mit ihrem Pferd zu einem Tierarzt zu fahren, sei «ein
Riesen-Aufwand», erzählt Nadine Aschersleben aus Liebenwalde
(Oberhavel). Das Mobil von Bartelt sei eine Erleichterung, sagt die
junge Frau, die sich an diesem Tag nur eine Wurmkur für ihren
Schützling abholt. «Wenn das Tier in seiner gewohnten Umgebung
behandelt wird, ist der Stresspegel wesentlich geringer», sagt auch
Rico Lange, Vorsitzender des Landestierschutzverbandes Brandenburg.
Er findet diese Möglichkeit der Behandlung deshalb «grundsätzlich
gut». Mobil unterwegs zu sein, sei seit der Corona-Pandemie ein
genereller Trend, hat Lange beobachtet. «Angesichts der teuren
Spritpreise könnte das auf Dauer aber möglicherweise zu kostspielig
werden», gibt er zu bedenken.

Nach Angaben der Landestierärztekammer gibt es 262 Kleintierpraxen in
Brandenburg. 18 davon seien mobil unterwegs. Hinzu kämen 181 Klein-
und Nutztierpraxen, 5 davon mobil, sagt Geschäftsführerin Andrea
Schulze. «Dass diese Hausbesuche von Tierärzten stressfreier sind,
würde ich so nicht pauschal bestätigen. Eingefangen werden muss das
Tier ja in jedem Fall für eine Behandlung. Und dass bedeutet immer
Stress», meint sie.

Gut die Hälfte der tierischen Patienten von Bartelt sind Pferde.
«Pferde-Tierärzte sind in der Region ein echter Mangel», sagt die
33-Jährige, die mit Hufpflegern und Dentalpraktikern
zusammenarbeitet. Manchmal muss sie vor Ort entscheiden, dass der
tierische Patient doch in eine Klinik gebracht werden sollte. «Gerade
bei Pferden werden Koliken lebensgefährlich. Und einen offenen Bruch
kann ich für den Transport zwar schienen, aber nicht operieren»,
kennt Bartelt die Grenzen ihres Tierarztmobils.

Kleintiere wie Meerschweinchen oder Hamster kamen der 33-Jährigen,
die privat ein Pferd, drei Hunde und zwei Rennmäuse besitzt, hingegen
noch nicht auf den rollenden Behandlungstisch. «Die sind einfacher zu
transportieren, da fahren die Besitzer lieber direkt zu
Tierarztpraxen», sagt sie. Ihr bisher ungewöhnlichster Patient war
ein Pelikan, der mit fünf weiteren Artgenossen in der Nähe von
Gerswalde (Uckermark) lebt. «Das Tier hatte eine bakterielle
Infektion. Bevor ich es behandelte, habe ich zunächst eine
spezialisierte Vogeltierärztin konsultiert», erinnert sich Bartelt
schmunzelnd zurück. Schon als Kind habe sie entweder Tierärztin oder
Sängerin werden wollen. «Nun singe ich häufig bei der Arbeit.»

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