Der Fluss ruft: Chemnitzer will Rhein in 25 Tagen entlangschwimmen Von Andreas Hummel, dpa
Den deutschen Teil der Elbe ist Joseph Heß entlanggeschwommen, hat
die Straße von Gibraltar durchquert und es von Sardinien nach Korsika
geschafft. Nun knöpft er sich den Rhein vor - auch im Dienst der
Wissenschaft.
Tujetsch (dpa) - Mehr als 1200 Kilometer in 25 Tagen: Der Chemnitzer
Langstreckenschwimmer Joseph Heß ist fest entschlossen, den Rhein in
so kurzer Zeit zu bezwingen wie kein anderer vor ihm. Er suche «ein
bisschen Abenteuer» als Ausgleich zu seinem Bürojob und wolle
zugleich der Wissenschaft einen Dienst leisten, sagt der promovierte
Wirtschaftsingenieur. Das Projekt «Swim4Science» wird von
Wissenschaftlern und Studenten mehrerer Hochschulen in Leipzig,
Chemnitz, Mittweida und Furtwangen begleitet.
Zuletzt hat Heß nahezu täglich trainiert, am Stausee Rabenstein bei
Chemnitz, an der Elbe bei Dresden, am Chiemsee. Nun läuft der
Countdown: Am Samstag (11. Juni) will Heß in den Schweizer Alpen nahe
der Quelle des Rheins ins Wasser steigen, Anfang Juli soll die
Mündung bei Rotterdam erreicht sein. Acht bis zehn Stunden will er
dafür täglich im Fluss sein.
Dabei muss der 34-Jährige nicht nur eine immense körperliche
Belastung meistern. «Die Strömung ist eine große Gefahr», sagt er.
Hinzu kommen der rege Schiffverkehr und Verunreinigungen des Wassers.
Wo der Rhein in den Alpen als wilder Gebirgsfluss dahinschießt, will
Heß nicht kraulen, sondern sich mit den Füßen voran dahintragen
lassen. Begleitet wird er von einem Team, das ihm von einem Kanu aus
Essen reicht.
Der Chemnitzer wäre nicht der Erste, der den Rhein der Länge nach
durchschwimmt. 1969 hatte Klaus Pechstein den Fluss auf diese Weise
bezwungen, 30 Tage brauchte er. 2014 stieg der Schweizer
Extremsportler Ernst Bromeis in den Rhein und benötigte
einschließlich Ruhezeiten 44 Tage. Im selben Jahr startete der
Chemieprofessor Andreas Fath im Tomasee in der Schweiz einen
Schwimm-Marathon und erreichte nach 28 Tagen die Nordsee. Unterwegs
sammelte er Wasserproben.
Der 57-jährige Fath, der an der Hochschule Furtwangen im Schwarzwald
lehrt, ist im April in die Donau gestiegen. Mehr als 2000 Kilometer
hat er seither absolviert und krault derzeit durch Rumänien. Am 17.
Juni will er die Schwarzmeerküste erreichen. Auch dieses Mal sammelt
er Proben, um den Zustand der Donau zu dokumentieren.
Ein Fluss sei Spiegel der Menschen, die an ihm leben, sagt der
Forscher. «Ich erkenne am Fluss, welche Pestizide sie auf ihre Felder
ausbringen, ob sie Kläranlagen haben, welche Medikamente sie nehmen»,
erklärt er. «Wir sehen auch, dass die Plastikvermüllung der Ufer
stark zunimmt, je weiter östlich wir kommen.» Bei Belgrad habe er
einen Abschnitt auslassen müssen, weil dort massiv ungeklärte
Abwässer in die Donau geleitet werden. «Ich wollte nicht in den
Fäkalien von mehr als einer Million Menschen schwimmen.»
Für Fath ist der Schwimm-Marathon ein Mittel, um auf die
Verschmutzung des Flusses aufmerksam zu machen. Diesem Vorbild
folgend stellt auch Rheinschwimmer Heß sein Abenteuer in den Dienst
der Wissenschaft. Für Fath wird er im Rhein Daten zu Schadstoffen
sammeln. Über den Vergleich mit dessen 2014er-Werten soll erfasst
werden, wie sich der Zustand des Flusses entwickelt hat.
Sportpsychologen der Universität Leipzig nehmen Erholungs- und
Belastungszustände im Verlauf des Vorhabens in den Blick. Dazu habe
Heß ein spezielles Training absolviert, erklärt Professorin
Anne-Marie Elbe. Dort sei geübt worden, wie in Situationen großer
Belastung die Aufmerksamkeit auf Dinge gelenkt werden kann, die einem
Kraft geben. Und Studenten der Hochschule Mittweida drehen einen
Dokumentarfilm über das Projekt. Dabei erproben sie klimaschonende
Filmproduktion, wie Professorin Rika Fleck erläutert.
Heß kann auf frühere Erfahrungen bauen: 2017 ist er den deutschen
Teil der Elbe entlanggeschwommen, rund 620 Kilometer in 12 Tagen.
Auch die Straße von Gibraltar zwischen Europa und Afrika hat er
schwimmend durchquert und die Strecke von Sardinien nach Korsika
zurückgelegt. «Es ist ein einsamer Sport», sagt er, «weil man nicht
s
hört und nichts sieht».
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