Warnstreik am Uniklinikum Frankfurt - Beschäftigte fordern Entlastung Von Lea Marie Kläsener, dpa
Für bessere Arbeitsbedingungen an der Frankfurter Uniklinik sind
Pflegerinnen, Assistenten und Physiotherapeutinnen in einen
zweitägigen Warnstreik getreten. Sie beklagen Überlastung. Es handelt
sich laut Krankenhausgesellschaft um ein hessenweites Problem.
Frankfurt/Main (dpa/lhe) - An diesem Morgen arbeitet Marco Mim nicht
als Intensivpfleger an der Frankfurter Uniklinik, er demonstriert.
«Ich streike für Entlastung, für Anerkennung, für eine bessere
Versorgung der Patienten», sagt er. Mim hat lange auf diesen Tag
gewartet. «Corona hat unsere Lage verschärft», erzählt er. Sein
Wunsch: Die Arbeit so zu machen, wie er es in der Ausbildung gelernt
hat. Dafür stimme die Basis im Moment nicht: Es fehle Personal.
Die Gewerkschaft Verdi hat seit Donnerstagmorgen rund 4000
nicht-ärztliche Beschäftigte zu einem zweitägigen Warnstreik an der
Uniklinik aufgerufen. Verdi fordert Entlastung für die Angestellten -
unter anderem eine Begrenzung dafür, wie viele Patienten eine
Pflegekraft auf einer Station pro Schicht versorgen muss. Außerdem
geht es um bessere Ausbildungsbedingungen und Ausgleich für Arbeit in
Überlastungssituationen. Der Warnstreik soll bis Ende der Spätschicht
an diesem Freitag andauern.
Am Donnerstag ziehen laut Verdi rund 300 Demonstranten von der
Uniklinik zum Gewerkschaftshaus in Frankfurt. Sie skandieren: «Mehr
von uns ist besser für alle» und «Mehr Personal ist keine Frage, das
ist eine Kampfansage». Weiter hinten läuft Rieke Kolbeck. Die
Anästhesietechnische Assistentin hat vor zehn Monaten ihre Ausbildung
beendet und kämpft an diesem Tag für «mehr Gehör». Der Druck in i
hrem
Beruf werde «am realsten, wenn schlimme Dinge passieren, aber wir
kaum Zeit haben, sie zu verarbeiten». Diese Belastung nehme sie mit
nach Hause.
Der Arbeitskampf führe zu «erheblichen Einschränkungen der
medizinischen Versorgungsleistung», berichtet die Uniklinik. «Einige
Stationen wurden vollständig geschlossen, in vielen weiteren wurde
die betriebene Bettenzahl reduziert.» Verschiebbare Operationen und
Eingriffe seien weitgehend abgesagt worden. Verdi und die Klinik
hatten sich auf eine Notdienstvereinbarung verständigt.
Zuvor war die zweite Runde bei den Tarifverhandlungen über einen
Entlastungstarifvertrag ergebnislos geblieben. Der dritte
Verhandlungstag ist für Montag angesetzt.
Die Beschäftigten in den hessischen Krankenhäusern seien «seit Jahren
maximal belastet», erklärt die Hessische Krankenhausgesellschaft.
«Die Mitarbeiter sind dauerbelastet, ausgepowert und zum großen Teil
auch desillusioniert», sagt der Geschäftsführende Direktor Steffen
Gramminger. Es sei verständlich, dass sie unzufrieden seien und sich
Gehör verschafften. Inwiefern aber ein Entlastungstarifvertrag
weiterhelfen könne, scheine zumindest zweifelhaft - denn zur
Umsetzung wäre mehr Personal nötig, was nicht vorhanden sei.
Geändert werden müssten die Rahmenbedingungen, sagte Gramminger und
forderte: «Weg mit der Bürokratie, mehr Qualifikationsmix und
Aufwertung der Pflege am Bett.» Das Gesundheitssystem müsse
effizienter werden, so dass das rare Fachpersonal dort eingesetzt
werden könne, wo es am meisten gebraucht werde. Die Digitalisierung
könne dazu ebenfalls beitragen.
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund in Hessen erklärte ihre
Unterstützung für die Anliegen der Demonstrierenden und forderte, für
alle Berufsgruppen an der Uniklinik müssten Voraussetzungen
geschaffen werden, die eine verantwortungsvolle Patientenversorgung
ermöglichten.
Die Uniklinik Frankfurt ist eine von nur zwei Universitätskliniken in
Hessen. Das Uniklinikum Gießen-Marburg wurde privatisiert und gehört
zur Rhön-Klinikum AG. Auch dort sind Beschäftigte in den vergangenen
Wochen in den Warnstreik getreten. Hintergrund ist nach Angaben von
Verdi das drohende Auslaufen wichtiger Sicherheiten für die
Beschäftigten, weil die UKGM-Betreiberin eine Vereinbarung mit dem
Land zur Zukunft des Krankenhauses gekündigt hatte. Die Mitarbeiter
fürchten der Gewerkschaft zufolge unter anderem Kündigungen sowie das
Ende von Übernahmegarantien für Auszubildende. Derzeit laufen die
Verhandlungen zwischen Land und Rhön-Klinikum über eine neue
Vereinbarung.
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